Sing nicht, Vogel!
Dialäkt: Schwäbisch |
"Sing nicht, Vogel!" isch a schwäbisches Theaterstick en oim Akt iber da oberschwäbischa Pfarrer ond Dichter Michael von Jung vom Alfred Weitnauer. D‘ Auffierong dauret – je nochdem, wie schnell d’Schauspieler schwätzet ond wie oft des Publikum lacha muaß - so oi bis anderthalb Stond. Wann des Stick zom erste Mol ufgführt worde isch, muass erscht no ermittlet werda.
Hischtorischer Hentergrond
[ändere | Quälltäxt bearbeite]Was mr zuvor wissa sott ond was’s Publikum en dr Regel us em Programmheft erfährt: Dr Michael Jung wird 1781 en Saulgau gebora. Sei Vadder isch en ganz oifacher Schneider, ond deswega muass au dr Sohn zunächst emol den Beruf lerne. Weil en aber des Handwerk net glicklich macht, studiert’r no Theologie ond wird 1811 Pfarrer em oberschwäbischa Städtle Kirchdorf. A baar Johr später grassiert em Land a Typhus-Epidemie, ond dr Michael Jung brengt’s fertig, durch omsichtige ond richtige Maßnahma viele vo seine Schäfla vo dere Krankheit zo hoile. 1814 verleiht em deshalb dr Kenig da keniglich-wirdebergischa Zivil-Verdienschtorda, was mit dr Erhebong en da Adelstand vorbonda isch. Dr Pfarrer isch saumäßig stolz uf sein Orda; er trägt en zeitlebens: An de Werkdäg uf seim schwarze Frack, wo er selbscht gschneidret hot, ond an de Sonndig uf em Messgwand. Er fühlt sich zom Dichter berufe ond ersetzt dia landesübliche Leichapredigta durch selbstverfasste Moritata, wo’ner am offena Grab zom beschta gibt ond sich selbscht mit dr Gidarr begleitet. Dr Kircheleidong gfellt so ebbes nadierlich iebrhaupt net. Er wird emmer wieder aufgfordret, des ärgerliche Liedersenga zo onderlassa, aber er sengt trotzdem weiter. Net emol a Geldstrof zeigt Wirkong. Er zahlt se ond macht weiter wie bisher.
En Wirklichkeit isch dr Michael von Jung von‘ra Strofversetzong et verschont bliebe. Dr Alfred Weitnauer aber hot en seim Stick fürs Publikum en versehnlichere Schluss parat.
D’Persone vo dr Handlong
[ändere | Quälltäxt bearbeite]- Dr Pfarrer Michael von Jung
- D‘Ursl, sei Haushältere
- Dr Domkapitular Stolzenberg, a geistlicher Kommissar (de oinzig Roll em Stick, wo hochdeitsch schwätze muaß)
- D’Müllere vo Bergheim
- A Kirchdorfer Birgersfrau
- A baar Sonndagsschüeler
Ort ond Zeit vo dr Handlong
[ändere | Quälltäxt bearbeite]Kirchdorf bei Memmenge an dr Iller, so om 1840 rom
Handlong
[ändere | Quälltäxt bearbeite]S‘erschte Datei: Vor dr Kirch
[ändere | Quälltäxt bearbeite]A elterer Herr em a Gwand vom a Geistlicha wardet uf jemand. Vo dr Kirch her hört ma d’Orgl da Milidärmarsch en D-Dur vom Schubert spiela. Der geistliche Mo traut seine Ohre net. En Milidärmarsch uf dr Kircheorgl während dr Mess? Oglaublich! Er frogt e Frau, was des zo bedeite häb, ond kriegt zor Antwort, dass des jeda Sonndich so sei. Am Schluss vo dr Mess dät dr Pfarrer emmer durch de Mittlgang gange ond’s Weihwasser mit’m Weihwedl em Vierviertltakt ausdoile, damit dui Sach meh Schwong häb. Dr Geistliche schittelt da Kopf, goht zom Pfarrhaus ond klopft energisch an d’Tür.
S’zwoide Datei: Em Pfarrhaus
[ändere | Quälltäxt bearbeite]D’Pfarrhaushältere Ursl losst da Domkapitular rei ond sait glei „Du“ zo’nem. Er verbittet sich des ond kriegt zor Antwort, mit em Herrgott sei se schließlich au per „Du“ ond er, dr Domkapitular, sei schließlich nix Bessers.
Als dr Pfarrer vo seira Mess en d’Stub kommt, will er em Domkapitular noch dr Begrießong zerscht Moscht, no en Schnupfdabak ond schließlich a Zigarr obiete, aber der lehnt älles ab ond fällt glei mit dr Tier ens Haus, worom er komme isch: Er nemmt e Biechle aus seira Tasch ond frogt de Pfarrer, ob’r des kenne dät. Der ko’s nadierlich et verleigna, weil er selbscht dr Vorfasser isch. Dr Domkapitular beostandet, dass’r des Biachle ohne kirchliche Druckerlaubnis rausgebe hot. D’Ulmer Metzgerzunft häb sich do drieber beschwert, weil er en oim vo seine Lieder en Raubmörder en Zammahang mit dr ehrewerte Organisation vo de Ulmer Metzger brocht häb. D’Ärzteschaft vom Illerkreis häb schriftlich proteschtiert gege a Gedicht ieber en Mediziner, wo en dr Iller versoffe isch, ond’s bischeffliche Ordinariat häb schwerwiegende Bedenka gege an Haufa vo Stella, dia zom Toil ganz näh an Gottesläschteronga noreiche dätet. Älle Vorwirf werdet mit ausfürliche Zitat ondermauret. Dr Michael Jung begegnet jedem Vorwurf mit’re ganz bauraschlaua Antwort. Emmer wieder emol betont’r, ma miasst des Ganze gsonga höra, no dät’s viel schener klenga, aber emmer, wenn’r zo seire Gitarr greife ond mit em Senga ofanga will, wird’r vom Domkapitular ufgfordret, des jo bleiba zo lau.
Uf oimol betritt ganz oagmeldet d’Millere vo Berkheim d’Stub ond bschtellt a Grablied für d’Beerdigung vom Miller, wo grad em Sterbe leit. Mendeschtens zwanzg Strophe sott’s han ond zor Melodie „Das Wandern ist des Müllers Lust“ gsonga werda. Während dr Domkapitular a moralischa Vernichdongsred uf de Pfarrer neibrassla lässt, schreibt der bereits an seira nächschde Moritat.
Noch langem Hin ond Her wird dr Domkapitular strenger: Dr Pfarrer soll sich schriftlich verpflichta, vo jeglichem Liedersenga am offena Grab Abschdand zo nemma, doch der duat, wia wenn’r’s et ghört hätt. Als em dr Domkapitular au no vorwirft, seine Vers hättet mit’re echta Dichtkunscht ieberhaupt nix zo dua, goht dr Michael Jung ans Büacherregal ond bestoht druf, a Gedicht vorzlesa, en dem onder anderem folgende Vers vorkommet:
- Horch! Der Sarg versinkt mit dumpfigem Geschwanke.
- Wimmernd schnurrt das Totenseil empor!
- Schlummre ruhig in der Grabeshöhle,
- Schlummre ruhig bis auf Wiedersehn!
- Bis auf diesen leichenvollen Hügeln
- Die allmächtige Posaune klingt,
- Und nach aufgerissnen Todesriegeln
- Gottes Sturmwind diese Leichen in Bewegung schwingt.
Em Domkapitular sieht mr o, dass em schlecht worde isch. Er fordret da Pfarrer uf, ihn mit solche miserabl greimte Banalideda zo verschona. Als’r vom Michael Jung erfährt, dass des Gedicht gar et vo ehm isch, sondern vo ma gewissa Friedrich Schiller, bricht fascht d’Welt fir da Domkapitular zamma. Dr Michael Jung aber behauptet, es dät viele gscheite Leit geba, die ehn für da zwoida Schiller halta dätet. Schließlich häb dr Schiller genau wie er en wirdebergischa Staatsorda verlieha griagd ond sei g’adlet worde.
Als d’Ursl dabei isch, s’Middagessa nozorichta, lenkt dr Michael Jung s’Gschbräch uf d‘Giftmischerei ond betont, dui sei grad ganz en Mode ond am wenigschda dät mr’s Gift merka, wenn’s en de Leberwürscht vrschteckt sei. Wie’s Middagessa uftrage wird – s’geit nadierlich Sauerkraut mit Leberwürscht – ond d’Ursl em Domkapitular a ganz beschtimmte Wurscht uf da Deller legt, kriegt der’s mit dr Angscht zo dua, nemmt schnell sein Huat ond haut ab. Uf dui Frog vom Jung, wie’s jetzt mit dera schriftlicha Erklärong weiterganga soll, sait dr Domkapitular bloß, dass ehm jetzt älles egal isch, er häb jetzt Wichtigeres vor.
Em Pfarrer sei Tischgebet „Komm, Herr Jesu, sei unser Gast, und segne, was du uns bescheret hast. Lass Speis und Trank uns wohl bekommen, beschütz und segne alle Frommen!“ wird vo dr Ursl ergänzt mit „Das Domkapitel ausgenommen!“. Jetzt legt se dui Leberwurscht vom Domkapitular seim Deller uf ihrn oigena Deller ond verschpeist se mit guedem Appetit.
Verfilmong
[ändere | Quälltäxt bearbeite]Zom 70. Geburtsdag vom Willy Reichert em Johr 1966 hot’s Deitsche Fernsehe des Stick „Sing nicht, Vogel“ ondrem Titel „Der Vogel lässt das Singen nicht“ als Produktion vom SDR rausbrocht. Dr Willy Reichert hot natierlich da Michael von Jung gspielt. Sei Haushältere isch vo dr Margret Carl, dr Domkapitular vom Dieter Borsche ond d' Müllere vo Bergheim vo dr Ilse Künkele dargstellt worda.
Lidradur ond Quella
[ändere | Quälltäxt bearbeite]- Alfred Weitnauer: „Sing nicht, Vogel!“, Allgäuer Zeitungsverlag GmbH Kempten, ISBN 3-88006-009-6
- Alfred Weitnauer: „Michael von Jung“, Verlag für Heimatpflege Kempten (1963)