Dr Gregor vo Tours

Us der alemannische Wikipedia, der freie Dialäkt-Enzyklopedy
Emmanuel Frémiet: Saint Grégoire de Tours, Skulptur für s Panthéon z Bariis (um 1875); sit 1934 in dr Kathedraale vo Arras.

Dr Gregor vo Tours (franzöösisch Grégoire de Tours; * 30. Novämber 538 bi Clermont-Ferrand; † vermuetlig 17. Novämber 594 z Tours) isch Bischof vo Tours gsi, e Gschichtsschriiber und Hagiograaf. Sini berüemte Zää Büecher Gschichte ghööre zu de wichdigste Kwelle für d Übergangszit vo dr Spootantike zum Früemiddelalter.

Wärk[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Zää Büecher Gschichte („Gschicht vo de Franke“)[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Inhalt[ändere | Quälltäxt bearbeite]

E Site us ere Handschrift vo de Historiae. Bariis, Bibliothèque Nationale, Lat. 17655, fol. 13v (spoots 7. Joorhundert)

S Hauptwärk vom Gregor si die Zää Büecher Gschichte (Decem libri historiarum), wo men e in dr Forschig gwöönlig nume Historiae („Historie“) oder, was aber nid richdig isch, Historia Francorum („Gschicht vo de Franke“) säit.[1] En Originaal vom Gregor existiert nüme, aber s Wärk isch in mee as 50 middelalterlige Handschrifte überliiferet. Die eltiste stamme us em 7. Joorhundert, si aber unvollständig und häi e Hufe Feeler. D Handschrifte, wo mä sich cha druf verloo, stamme us em 11. Joorhundert.

Es handlet sich um e christligi Universaalgschicht in dr Dradizioon vo dr Spootantike. D s Absicht vom Gregor isch s gsi, d Gschicht vo dr Gsamtchille us ere eschatologische Sicht daarzstelle, vo dr Schöpfig bis zu de fränkische Köönig vom 6. Joorhundert. S erste Buech beschribt d Zit bis zum Dood vom häilige Martin vo Tours (397), s zwäit d Zit vo de erste Merowinger bis zum Dood vom Köönig Chlodwig I., wo dr Gregor as „nöije Konstantin“ bezäichnet und so e Brugg vo dr fränkische zur (gallo-)röömische Gschicht baut. Mit em vierte Buech chunnt dr Gregor zu sinere äigene Zit; es ändet mit em Mord am Köönig Sigibert I. Die rästlige säggs Büecher behandle die witeri Zitgschicht bis zum Summer 591. Am Schluss isch im Gregor si Autobiografii mit eme Verzäichnis vo sine Wärk.

Die erste vier Büecher het dr Gregor um oder churz noch 575 verfasst, si si aber woorschinlig spööter nonemol überaarbäitet worde. Die rästlige säggs Büecher si denn spööter choo. Dr Alexander Callander Murray dänkt aber, d Historie sige noch 585 entstande.[2]

Dr Gregor verbindet in sinere Daarstellig – genau wie si griechisch Zitgnoss Euagrios Scholastikos – chirchligi und wältligi Gschichtsschriibig. Er gseet d Franke in dr Noochfolg vo de Römer, beschribt aber d Zueständ in iirem regnum wie si gsi si - zum Däil katastrofaal (Gregor, Historien IV 50) wie die brutaale Methoode vom Chlodwig und sine Noochkomme. Si Urdäil über d Merowinger hängt aber eender vo iirer Rolle ab as d Instrumänt, wo dr göttlig Wille usfüere. Er läit groosse Wärt uf s Verheltnis vom Köönig zur Chille, bsundrigs zu de Bischöf, wo im Köönig sölle Rootschleeg gee und iin aaläite. Er verurdäilt herti Methoode nid, wenn si effektiiv si und d Herrschaft as grächt cha bewärtet wärde. Was d Generazioone noch em Chlodwig aagoot, verurdäilt dr Gregor allerdings, dass si sich immer sündhafter verhalte häige und bezäichnet öbbe dr Chilperich I. as dr „Nero und Herodes“ vo sinere Zit.

Im Wärk het s nid nume Informazioone über d Franke, wie öbbe über iire aagääblig Ursprung (lueg Origo gentis), sondern isch bräit aagläit. Wäge sim zentraale Thema säit men em aber äinewääg vilmol Gschicht vo de Franke (Historia Francorum), dr Gregor het aber e Gschicht mit eme universaale Charakter welle schriibe, wie s au die nöijeri Forschig bedoont. Dr Gregor het d Bezäichnig Franke fast gar nid brucht. Er goot sogar uf Eräigniss im färne Oriänt ii, an dr Ostgränze vom gschrumpfte Imperium Romanum, wie d Blünderig vo Antiochia dur d Perser im Joor 540 oder dr Usbruch vom ene nöije Perserchrieg 572 (Gregor, Historien IV 40).[3] Dr oströömisch Kaiser gilt im immer no as Ooberherr und wird as dominus noster bezäichnet, und bsundrigs über Eräigniss am Hoof vom Justin II. und Tiberius Constantinus isch dr Gregor guet informiert gsi.[4]

Im Gregor sini Kwelle[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Zu de Kwelle vom Gregor häi näbe dr latiinische Bible (Vulgata) under anderem dr Orosius, dr Avitus vo Vienne und dr Sidonius Apollinaris ghöört. Dr Gregor het au Kwelle brucht, wo hüte verloore si, wie d Annaale vo Angers[5] und d Gschichtswärk vom Sulpicius Alexander und vom Renatus Profuturus Frigeridus.[6] Vilmol zitiert er sini Kwelle oder zitiert Dokumänt. S Wärk isch unersetzlich au wäge dr Mängi vo Stoff, wo din isch, und isch für alli Brobleem d Hauptkwelle für s spootantike Gallie und die früeji Merowingerzit.

Wirkig und Bewärtig[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Im Middelalter isch s Gschichtswärk vil glääse worde. In de Joorhundert druf häi s umbekannti Autoore witergfüert, wo as Fredegar und Psöido-Fredegar bekannt si. Dr erst Druck isch 1511/12 z Bariis erschiine.

In dr modärne Forschig isch im Gregor si Glaubwürdigkäit umstritte. Bsunders kritisch isch si in dr jüngere Zit vom Ian N. Wood beurdäilt worde. Dr Wood anerkennt zwar, ass dr Gregor noch fast eme Joorhundert s erste Mitgliid vo dr gallo-röömische Aristokratii gsi isch, wo e Gschichtswärk verfasst het,[7] und lobt au im Gregor si Kunst as Gschichteverzeler. Er mäint aber, ass dr Gregor si Wärk so verfasst häig, wie s sinere Sichtwiis dient häig, und so mänggi Eräigniss us siner äigene Zit verschwiige häig.

Witeri Wärk[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Die andere Wärk vom Gregor ghööre hauptsächlig in s Gebiet vo dr Hagiografii; und im Middelpunkt stöön Gschichde vo Wunder. Hüte intressiert sich fast niemer me für sä, aber im Middelalter si si bekannter gsi as d Historiae.

Kwelle[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Dr Ardikel «Gregor von Tours» uf dr dütsche Wikipedia

Liddratuur[ändere | Quälltäxt bearbeite]

  • Max Bonnet: Le latin de Grégoire de Tours. Hachette, Paris 1890 (zugleich: Dissertation, Universität Paris 1889–1890). Nachdruck: Olms, Hildesheim 1968. [Grundlegende Untersuchung der Sprache Gregors]
  • Adriaan H. B. Breukelaar: Historiography and Episcopal Authority in Sixth-Century Gaul. The Histories of Gregory of Tours interpreted in their historical context (= Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte. Band 57). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttinge 1994, ISBN 3-525-55165-7 (zugleich: Dissertation, Universität Amsterdam 1991).
  • Albrecht Diem: Gregory’s Chess Board: Monastic Conflict and Competition in Early Medieval Gaul. In: Philippe Depreux, François Bougard, Régine Le Jan (Uusegääber): Compétition et sacré au haut Moyen Âge: entre médiation et exclusion. Brepols, Turnhout 2015, S. 165–191.
  • Peter Classen: Gregor. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 20 f.
  • Walter A. Goffart: The Narrators of Barbarian History (A.D. 550–800). Jordanes, Gregory of Tours, Bede, and Paul the Deacon. Princeton University Press, Princeton (NJ) 1988, ISBN 0-691-05514-9.
  • András Handl: Heiligt der Zweck alle Mittel? Legitimation von Gewalt bei Gregor von Tours. In: Römische Quartalschrift für Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 116, 2021, S. 163–179.
  • Martin Heinzelmann: Gregor von Tours (538–594). „Zehn Bücher Geschichte“. Historiographie und Gesellschaftskonzept im 6. Jahrhundert. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1994, ISBN 3-534-08348-2. [Standardwerk zu den Historien]
  • Martin Heinzelmann: Die Franken und die fränkische Geschichte in der Perspektive der Historiographie Gregors von Tours. In: Anton Scharer, Georg Scheibelreiter (Uusegääber): Historiographie im frühen Mittelalter (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Band 32). Oldenbourg, Münche u. a. 1994, ISBN 3-486-64832-2, S. 326–344.
  • Martin Heinzelmann: Bischofsherrschaft in Gallien. Zur Kontinuität römischer Führungsschichten vom 4. bis 7. Jahrhundert. Soziale, prosopographische und Bildungsgeschichtliche Aspekte (= Francia]. Beiheft 5). Artemis-Verlag, Zürich/München 1976 (online).
  • Kathleen Mitchell, Ian Wood (Uusegääber): The World of Gregory of Tours (= Cultures, Beliefs, and Traditions. Band 8). Brill, Leiden u. a. 2002, ISBN 90-04-11034-8.
  • Alexander Callander Murray (Uusegääber): A Companion to Gregory of Tours. Brill, Leiden 2016.
  • Alexander Callander Murray: Chronology and the Composition of the Histories of Gregory of Tours. In: Journal of Late Antiquity. Band 1, 2008, S. 157–196.
  • Antonio Serra: L’ingenium artis di Gregorio di Tours. Preliminari d’indagine. In: Invigilata Lucernis. Band 32, 2010, S. 157–175.
  • Ian Wood: Gregory of Tours. Headstart History, Bangor 1994, ISBN 1-873041-71-3.

Weblingg[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Wikisource Gregorius Turonensis im dütschsprochige Wikisource
Wikisource Gregor von Tours im dütschsprochige Wikisource

 Commons: Gregory of Tours – Sammlig vo Multimediadateie

Fuessnoote[ändere | Quälltäxt bearbeite]

  1. Heinzelmann, Gregor von Tours; Goffart, Narrators.
  2. Alexander Callander Murray: The Composition of the Histories of Gregory of Tours and its Bearing on the Political Narrative. In: Alexander Callander Murray (Uusegääber): A Companion to Gregory of Tours. Leiden 2016, hier S. 91f.
  3. Averil Cameron: The Byzantine Sources of Gregory of Tours. In: Journal of Theological Studies 26 (1975), S. 421ff.
  4. Vgl. Simon Loseby: Gregory of Tours, Italy, and the Empire. In: Alexander Callander Murray (Uusegääber): A Companion to Gregory of Tours. Leiden 2016, S. 462ff.
  5. Historiae II 18f. David Frye: Aegidius, Childeric, Odovacer and Paul. In: Nottingham Medieval Studies 36 (1992), S. 1ff.
  6. Die het er brucht zum d Früegschicht vo de Franke daarzstelle.
  7. Vgl. Ian N. Wood: The Merovingian Kingdoms. Harlow u. a. 1994, S. 30f.