Jugendsprooch

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Jugendsproch heißt mer e Spiilart vun ere Sproch, wu haüptsächlig unter Jugendlige gschwätzt wird. In de Forschig wird d Jugendsprooch als en bsundre Sprechstil oder Kommunikationsart[1], als Register oder sältener als Soziolekt un «Varietät» bezeichnet.

E Jugendsprooch als klar abgränzbari Varietät git es aber eigetli nit. Einewäg isch de Begriff Jugendsprooch in de Sproochwüsseschaft inzwüsche fescht etabliert.

Zueornig ùn Abgränzig vo de Jugendsprooch[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Di meischte Jugendsproochforscher gange hüt devo uss, dass es e Jugendsprooch nit git, scho gar nit als Abgränzig zur „Erwaggenesprooch“[2]. Einewäg goot mer devo uss, dass bstimmti Sprooch- ùn Kommunikationsmùschter für Jugendlichi typisch sin.

In de Soziolinguischtik isch defür s Konzept vùm Age grading verbreitet, wo aanimmt, dass für jedi Läbensphas e bstimmti Art z schwätze typisch cha sy. Wichtig isch d Ùnterscheidig zwüsche Sproochmùschter, wo für e bstimmti Altersgrùppe typisch sin, aber au in andri Altersgrùppe ùffdrätte (alters-präferentiell), ùn sonigi, wo alters-exklusiv sin, also nùmme in derre Altersgrùppe vorchömme. Di meischte Merchmool vo de Jugendsprooch beträffe alters-präferentielli Merchmool. Alters-exlusivi Merchmool werde vo Jugendsproochforscher meischt als änder oberflächlichi Phänomen aagsänne. Meischt sin Merchmool, wo d Jugendsprooch kennzeichne, also nit unbedingt ùnter Jugendliche entstande oder werde nùmme vo Jugendliche bruucht, aber Jugendliche bruuche si hüüfiger wie andri.

E Schwierigkeit isch, im Einzelfall feschtzstelle, ob e sproochlichs Merchmool alters-abhängig isch, ùn so jugendtypisch isch, oder ob es sich um en Sproochwandel handlet, wo zwar in de ganze Sproochgmeinschaft verbreitet isch, aber ùnter jüngre Lüt wyter fortgschritte isch. De Yyflùss vo de Jugendsprooch ùff de Sproochwandel wird vo Erwaggsene aber wohl starch überschätzt. En Yyflùss ùff d Sproochstruktur hen schynts vorallem Grammatikalisierigsprozäss (= en Prozäss, wo e eigeständigs Wort sich zumene morphologische Partikel entwigglet; lueg wyter ùnte für Byspil) ùn einzelni Wörter wie zum Byspil cool.

E wyteri Schwierigkeit bim Abgränze vo de Jugendsprooch isch, dass s Alter, wo mit „Jugend“ gmeint isch, sälber nit gnau cha abgränzt werde, ùn „die Jugendliche“ gnau wie „die Erwaggsene“ kei homogeni, eiheitlichi Grùppe sin.

Es git au Sproochwüsseschaftler, wo s ganzi Konzept vùnere Jugendsprooch für e Fiktion halte bzw. für öbis, wo nùmme uss em voryygnommene Standpùnkt vo dänne, wo ihre eigne Sproochbruuch als Norm aaluege, erschynt. Luut de Anna-Malin Karlsson zum Byspil ùnterscheide sich Jugendlichi mit ihrem Sproochbruuch nit vo andre soziale Grùppe, wo au bstimmti Sproochforme bevorzuge oder vo andre sproochliche Register (= Sproochmùschter, wo je nooch Situation bruucht werde). Si bezeichnet d Jugendsprooch wäge däm änder als e Genre, en sproochliche Stil, wo bstimmti kommunikativi Ùffgabe erfüllt[3]. Dass Jugendlichi überhaupt vo Sproochwüsseschaftler als e eigni Grùppe erforscht werde, het luut ihr vorallem de Grùnd, dass d Forscher sälber nümmi zue derre Altersgrùppe ghöre. Hätte Jugendlichi di sproochwüsseschaftlichi Ussbildig zùme sich sälber z erforsche, dät d Jugendsprooch scho lang als Fiktion gälte, so wie s Konzept vùnere „Frauesprooch“ vo Linguischtinne als Fiktion ùffgee worde isch[4].

Merchmool vo dr Jugendsproch[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Allgemeingültigi Merchmool vo Jugendsprooche cha mer praktisch nit feschtstelle, wyl sich de Sproochbruuch vo Jugendlichi nit scharf vo däm vo andre Mänsche abgränzt, die Jugendliche kei homogeni Grùppe sin ùn au wyl sich d Jugendsprooch viil z schnäll wandle duet. Allgmein goot mer devo uss, dass in de Jugend stigmatisierti, innovativi ùn nit-standardlichi Variante am hüüfigschte bruucht werde[5]. Im mittlere Alter nimmt de Bruuch vo stigmatisierte Variante deno ab, ùn cha deno im fortgschrittene Alter wiider aastyyge. E paar Tendenze git es aber:

  • Tabu-Wörter werde hüüfiger bruucht, bsùnders Vulgarisme[6]:
  • E werde Intensivierigspartikel hüüfiger bruucht[7]. Byspil defür im alemannische Sproochruum sin Partikel wie "huere-", "hölle-" oder "uu-".
  • Bstimmti Diskursmarker werde yygsetzt, wie d Zitatmarke so im Dütsche („und ich so zu ihr“) oder like im nordamerikanische Änglisch („and she’s like ‚Um...Well, that’s cool’“)[8].
  • Im dütsche Sproochruum werde viili Anglizisme übernoo, was aber für di dütschi Sproochgmeinschaft insgsamt gilt. Des betrifft ùnter de Jugendliche bsùnders Themeberaich wie d Mode oder d Musik, wo vo de änglische Jugendkultuur prägt sin.
  • Es werde Wörter ùmdütet, was aber au nit nùmme für d Jugendsprooch gilt; z. B. Biene für e hübschs Maidli.
  • S git aber aü eigeni Dialäkt-Wortschepfunge. Noch em Ehmann isch e Synonym fir "schönes Mädchen" gsii
    • z Berlin: Knackarsch, Geile Göre, Semmeltörtchen, Sweety, Mamsell, heiße Schrippe usw.
    • in dr bayrische Alpe: Deandl, Kälbchen, Weiberl, Bärin, Pupperl, Katz, Mizzi usw.
    • z Bärn: Gäbigs Ziegeli, Flämmli, Bibi, Zigerschütti, Chrabi, Fuder(e), Spätzli

Ùff de Stilebene findet sich usserdäm e Phänomen, wo mit em französische Begriff Bricolage oder ùff Dütsch Stilbastelei bezeichnet wird. Bi de Bricolage werde verschiidni Sprecharte uss verschiidne Situatione mitenand verchnüpft ùn verändret. Zum Byspil werde Konversationsmùschter ussem Ùnterricht, Comics, Fernsehserie usw. in di eigne Gsprööch yybaut.

Näbe de Bricolage isch e hüüfigs Phänomen, dass Jugendlichi Sproochvarietäte wie Främdsprooche, ächti oder stereotypischi Dialäkt vo regionale oder soziale Grùppe uss ihrem Ùmfäld übernämme. Des Phänomen isch in dr Sproochwüsseschaft als „Crossing“ bekannt. Die Jugendliche weggsle also imene Gsprööch chùrz zur Sprechwyys vùnere andre soziale, ethnische oder regionale Grùppe. Des cha au e kommunikativi Fùnktion ha. So cha öber zum Byspil einzelni Sätz oder Wörter uss ere Sprooch, oder en ächti oder stereotypische Akzänt vo Främdsproochige (z. B. Migrante) yysetze, zùme sich spiilerisch als öberen vo derre Grùppe z präsentiere bzw. als öberen mit stereotypische Merchmool vo derre Grùppe. Des „Crossing“ isch e chùrzfrischtige Weggsel, ùn di stilistischi Wirkig bstoot ebe grad uss em Brùch mit de Art, wiemmer normalerwys schwätzt.

Ursache ùn Funktion vo dr Jugendsprooch[ändere | Quälltäxt bearbeite]

De Haupterklärigsgrùnd für en eigne Sproochbruuch ùnter Jugendliche isch zur Identitätsbildig[9]. Viil Merchmool vo de Jugendsprooch, wie d "Bricolage" oder s "Crossing" hen stilistischi ùn kommunikativi Bedütige, wo yygsetzt werde, zùme ganz bstimmti Nuance usszdrùgge. Andri markiere d Zueghörigkeit zur Grùppe, wie in viilene Studie zur Sprooch vo Jugendliche im Ruhrgebiet[10] oder afro-amerikanische Jugendliche[11] feschtgstellt worde isch. D Jugendsprooch wird so als Abgränzigsmerchmool gäge usse, ùn zur Sterchig vùm inere Zämmehalt yygsetzt. Über d Sprooch wird so di soziali Identität gägenüber Erwaggsene, aber au gägenüber andre Grùppe vo Jugendliche kennzeichnet. Glychzytig wird gägenüber Mitgliider vo de eigne Grùppe Nööchi ussdrùggt.

Noch em Hermann Ehmann ka aü dr Dialäkt d Funktion vu nere Jugendsproch ibernämme, wänn sich diä Jugendlige drmit gege d vu dr Erwagsene un dr Schuel ufzwunge Sprochnorm wänn wehre. Des ka bsunders üsserhalb vu dr Ballungsraim dr Fall sii. In dr 70er un 80er Johr isch des - im Zämmehang mit dr "Dialäktwälle" - bsunders uffellig gsii. Dä Dialäkt ka sich aber stark vum eigentlige Ortsdiäläkt unterscheide (Mischung üs hochditscher Jugendsproch un Dialäkt).

Yystellige zur Jugendsprooch[ändere | Quälltäxt bearbeite]

In de Forschig wird viilmool ùntersuecht, wie d Ussdrùggswyys vo Jugendliche vo ene sälber, ùn vo Erwaggseni beurdeilt werde. Vo Erwaggsene wird de Sproochbruuch vo Jugendliche meischt negativ ùn mit Vorurdeil beurdeilt, ùn als ruuch, vulgär oder verarmt bschriibe. In de 60er Joor het mer sonigi Meinige au vo Sproochwüsseschaftler ghört. So het de Heinz Küpper 1961 d Jugendsprooch als „Jargon einer bestimmtem Sondergruppe“ bezeichnet, wo de „größeren und wertvolleren Teil der Jugend erniedrigt und beleidigt.[12]. Äänlichs schryybt de Helmut Lamprecht 1965: „Die Witzigkeit des Jargons ist nur äußerlich, in Wahrheit spiegelt er sprachliche Verwilderung und emotione Verrohung wider.[13]. Ab de 80er Joor aber hen Sproochwüsseschaftler aagfange, d Sprooch vo de Jugendliche objektiv ùn wüsseschaftlich z ùntersueche, ùn hüt wird d Jugendsprooch vo Linguischte als gnau eso komplex wie andri Sproochspiilarte bhandlet.

Usserhalb vo de Sproochwüsseschaft wird d Sprooch aber einewäg negativ beurdeilt ùn stigmatisiert, ùn viilmool als Verarmig oder sogar Bedrohig vo de Sprooch aagluegt. De William Labov, eine vo de wichtigschte Soziolinguischte vo hüt, schryybt in sym Werch über de Sproochwandel dezue:

„Some older citizens welcome the new music and dances, the new electronic devices and computers. But no one has ever been heard to say, "It's wonderful the way young people talk today. It's so much better than the way we talked when I was a kid."[14]

William Labov

In ere Studie vo de Susanne Wachau vo 1989 sin Beurdeilige vo de Jugendsprooch dur Erwaggseni ùn Jugendlichi sälber erhoobe worde. Vo de Erwaggsene isch d Jugendsprooch zum Byspil als „Fäkalien- bzw. Gossensprache“ bezeichnet worde, ùn en Lehrer het gmeint: „Die Sprache ist brutal und abgeflacht...Ich finde es nicht nur bedauerlich, daß Jugendsprache gesprochen wird, sondern auch schlimm.[15]“. Im Gägezug hen Jugendlichi d Sprooch vo de Erwaggsene als Umständlich, indirekt, schleimig, langweilig, hässlich aber au als gewählter bschryybe[16]. Glychzytig hen si sälber erkannt, dass si sich dur d Sprooch vo de Erwaggsene abgränze wenn. De Peter Schlobinski, d Gaby Kohl ùn d Irmgard Ludewigt meine insgsamt sogar, dass Jugendlichi ihri Sprooch differenzierter beurdeile dien wie d Erwaggseni.

Jugendsproche in dr Gschicht[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Jugendsproche vu verschiidene Schichte in dr Gschicht sin numme zum fasse, wänn si iberliiferet oder bsproche wore sin. Do dra hän d friähjere Autore normalerwiis ke Inträssi gha. Do bildet numme d Stüdäntesproch ("Burschensprache") e Üsnahm, wu sitter em 17. Johrhundert sich het kenne entwickle - vorhär isch an dr Uni sowiso latiinisch glehrt un z. T. gschwätzt wore. Allerdings isch s Latiinisch aü e Quälle vu dr Jugendsproch gsii, so bim Wort Pfifficus (Ändung -icus).
Sitter em 20. Johrhundert isch aü d Pennälersproch (Schiälersproch) erforscht wore, wu stark vu dr Stüdäntesproch beiiflusst gsii isch.

Litratür / Fuessnote[ändere | Quälltäxt bearbeite]

  • Jannis Androutsopoulos & Arno Scholz (Hrsg.). (2001). Jugendsprache, langue des jeunes, youth language - Linguistische und soziolinguistische Perspektiven. Peter Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften. ISBN 3-631-34031-1.
  • Peter Schlobinski, Gaby Kohl & Irmgard Ludewigt. (1993). Jugendsprache - Fiktion und Wirklichkeit. Westdeutscher Verlag. ISBN 3-531-12268-1.
  • Hermann Ehmann: Jugendsprache und Dialekt. Regionalismen im Sprachgebrauch von Jugendlichen. Opladen 1992
  1. Schlobinski 1996, zitiert vo de Eva Neuland in Androutopoulos 2001, pp. 71
  2. Karlsson in Androutopoulos 2001. pp. 261
  3. Karlsson in Androutopoulos 2001
  4. Karlsson in Androutopoulos 2001. pp. 278
  5. Androutsopoulos 1998, pp. 6
  6. Androutsopoulos 1998, pp. 9. Er zitiert debi Studie vo Cheschire 1982, Radtke 1990, Andersson/Trudgill 1990 ùn Stenström 1995
  7. Androutsopoulos 1998, pp. 9
  8. Androutsopoulos 1998, pp. 15
  9. Karlsson in Androutopoulos 2001, pp. 265
  10. Eckert 1989 in Androutsopoulos 1998, pp. 22
  11. Rickford 1991 in Androutsopoulos 1998, pp. 22
  12. Schlobinski et al. (1993). pp. 9
  13. Schlobinski et al. (1993). pp. 9
  14. Principles of Linguistic Change: Social Factors, Blackwell: 1994
  15. in Schlobinski et al. (1993). pp. 64
  16. Schlobinski et al. (1993). pp. 62