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Text:Johann Peter Hebel/J. P. Hebels sämmtliche Werke: Band 1/Der Morgenstern

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Hans Thoma hätt 1871 si Bild Heuernte für de Fabrikbsitzer Krafft vu St. Blasie in Alähnig ans Gedicht vom Hebel gmohlet.[anm 1]

[50] Der Morgen-Stern.
(Mit einer Melodie.)

Woher so früeih, wo ane scho,
Her Morge-Stern enanderno,
in diner glitzrige Himmels-Tracht,
in diner guldige Locke Pracht,
mit dinen Auge chlor und blau
und sufer g’wäschen im Morge-Thau?

Hesch gmeint, de seisch elleinig do?
Nei, weger nei, mer meihe scho!
Mer meihe scho ne halbi Stund;
früeih ufsto isch de Gliedere gsund,
es macht e frische frohe Mueth,
und d’Suppe schmeckt eim no so guet.

’s git Lüt, sie dose frili no,
si chönne schier nit use cho.
 [51] Der Mähder und der Morge-Stern
stöhn zitli uf, und wache gern,
und was me früeih um Vieri thuet,
das chunnt eim z’Nacht um Nüni guet.

Und d’Vögeli sin au scho do,
si stimmen ihri Pfifli scho,
und uffem Baum und hinterm Hag
seit eis im andre guete Tag!
Und’s Turtel-Tübli ruukt und lacht,
und’s Betzit-Glöckli isch au verwacht.

„Se helfis Gott, und gebis Gott
„e guete Tag, und bhütis Gott!
„Mer beten um e christlig Herz,
„es chunnt eim wohl in Freud und Schmerz;
„wer christli lebt, het frohe Mueth:
„der lieb Gott stoht für alles guet.“

Weisch, Jobbeli, was der Morge-Stern
am Himmel suecht? Me seits nit gern!
Er wandlet imme Sternli no,
er cha schier gar nit vonnem so;
Doch meint si Muetter, ’s müeß nit sy,
und thut en wie ne Hüenli i.

[52] Drum stoht er uf vor Tag, und goht
si’m Sternli no dur’s Morgeroth; *)[1]
Er suecht, und ’s wird em windeweh,
er möcht em gern e Schmützli ge,
er möcht em sagen: I bi der hold
es wär em über Geld und Gold.

Doch wenn er schier gar binem wär,
verwacht si Muetter handumchehr,
und wenn sie rüeft enanderno,
sen isch mi Bürstli niene do.
Druf flicht sie ihre Chranz ins Hoor,
und lueget hinter de Berge vor.

Und wenn der Stern si Muetter sieht,
se wird er todesbleich und flieht,
er rueft si’m Sternli: Bhüetdi Gott!
es isch, as wenn er sterbe wott.
Jez, Morge-Stern, hesch hohi Zit,
di Muetterli isch nümme wit.

Dört chunnt si scho, was hani gseit, **)[2]
in ihrer stille Herlichkeit!
[53] Sie zündet ihre Strahlen a,
der Chilch-Thurm wärmt sie au scho dra,
und wo sie fallen in Berg und Thal,
se rüehrt si ’s Leben überal.

Der Storch probiert si Schnabel scho,
„de chaschs perfekt, wie gester no!“
und d’Chemi rauchen au alsgmach;
hörsch ’s Mühli-Rad am Erle-Bach,
und wie im dunkle Bueche-Wald
mit schwere Streiche d’Holz-Ax fallt?

Was wandlet dört im Morge-Strahl
mit Tuech und Chorb dur’s Matte-Thal?
’s sin d’Meidli jung, und flink und froh,
sie bringe weger d’Suppe scho,
und ’s Anne Meili vornen a,
es lacht mi scho vo witem a.

Wenn ich der Sunn ihr Büebli wär,
und ’s Anne Meili chäm ung’fähr
im Morgeroth, ihm giengi no,
i müeßt vom Himmel abe cho,
und wenn au d’Muetter balge wott,
i chönnts nit lo, verzeih mers Gott!


  1. *) [52] Ausgabe I.
    si’m Sternli no im Morgenroth;
  2. **) Dört chunnt sie scho, i hais io gseit,
  1. Hans H. Hofstätter: Hans Thoma. Lebensbilder. Gemäldeausstellung zum 150. Geburtstag, Hans Könster, Königstein im Taunus 1989, ISBN 3-7845-7870-X, S. 172