Text:Johann Peter Hebel/J. P. Hebels sämmtliche Werke: Band 1/Der Käfer

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[105] Der Käfer.

Der Chäfer fliegt der Jilge zue,
es sizt e schönen Engel dört!
er wirthet gwis mit Bluemesaft,
und ’s chostet nit vil, hani g’hört.

Der Engel seit: „Was wär der lieb?“ –
„Ne Schöpli Alte hätti gern!“ –
Der Engel seit: „Sell cha nit sy,
sie hen en alle trunke fern.“

„So schenk e Schöpli Neuen i!“ –
„Do hesch eis!“ het der Engel gseit.
Der Chäfer trinkt, und ’s schmeckt em wohl,
er frogt: „Was isch mi Schuldigkeit?“

[106] Der Engel seit: „He ’s chostet nüt:
„Doch richtsch mer gern e Gfallen us,
„weisch was, se nimm das Bluememehl,
„und tragmers dört ins Nochbers Hus!“ *)[1]

„Er het zwor selber, was er bruucht,
„Doch freut’s en, und er schickt mer au
„mengmol e Hämpfeli Bluememehl
„mengmol e Tröpfli Morgethau.“

Der Chäfer seit: „Jo frili, io!
„Vergelts Gott, wenn de z’friede bisch.“
Druf treit er’s Mehl ins Nochbers Hus,
wo wieder so en Engel isch.

Er seit: „I chumm vom Nochber her,
„Gott grüeß di, und er schickt der do
„au Bluememehl!“ Der Engel seit:
„De hättsch nit chönne iuster cho.“

[107] Er ladet ab; der Engel schenkt
e Schöpli guete Neuen i.
Er seit: „Do trink eis, wenn de magsch!“ *)[2]
Der Chäfer seit: „Sell cha scho sy!“

Druf fliegt er zue si’m Schätzli heim,
’s wohnt in der nöchste Haselhurst.
Es balgt und seit: „Wo blibsch so lang?“
Er seit: „Was chani für mi Durst?“

Jez luegt er’s a, und nimmts in Arm, **)[3]
er chüßts, und isch bim Schätzli froh.
Druf leit er si ins Todtebett,
Und seit zuem Schätzli: „Chumm bal no!“

Gell Sepli, ’s dunkt di ordeli!
De hesch au so ne lustig Bluet.
Je, so ne Lebe, liebe Fründ,
es isch wohl für e Thierli guet.


  1. *) [106] Ausgabe I.
    „und tragmers gschwind ins Nochbers Hus!“
  2. *) [107] Ausgabe I.
    Er seit: „Chumm, trink eis, wenn de magsch!“
  3. **) Jez stoht er uf, er nimmts in Arm,