Wilhelm Bilharz „Der Basler Todtentanz“

Us der alemannische Wikipedia, der freie Dialäkt-Enzyklopedy

Der Basler Todtentanz

[1]

Der Basler Todtentanz
Gedicht
in
allemannischer Mundart
von Wilhelm Bilharz
-------
Zürich.
Im Selbstverlage des Verfassers.
1872.

[2]

[3]

Vorwort

Das vorliegende Gedicht ist, mit mehreren andern Volksschriften des Verfassers, in dem für jeden Süddeutschen und Schweizer sehr leicht verständlichen allemannischen Dialecte geschrieben, wie er am Oberrhein, von Basel abwärts und vorzugsweise in der Umgegend von Freiburg im Breisgau gesprochen wird. Er unterscheidet sich vom Hebel’schen nur in wenigen Wörtern und Wortformen, z. B. ruf statt ufe, ra statt abe, rus statt use, ⁊c.

Hebels Gedichte haben diesen poetischen süddeutschen Dialect so bekannt und beliebt gemacht, daß er selbst den gebildeten Ständen Norddeutschlands schon längst nimmer fremd ist; der Verfasser hat manchen Freund an der Elbe und Spree, der Hebel so gut versteht, als irgend ein Allemanne.

Die Bilder des Basler Todtentanzes sind bekanntlich sehr zahlreich; es mußte eine passende Auswahl getroffen werden, welche die vier Stände — Adel, Geistlichkeit, Bürger- und Bauernstand— am Vollkommensten darzustellen schien.

[4]

Die freundliche Aufnahme dieses Gedichtes von Seite der urtheilsfähigen Leser möge dem Verfasser beweisen, daß er den humoristischen Grundton der geistreichen Bilder getroffen hat, und ihn zugleich aufmuntern zur weiteren Bethätigung seiner Kräfte in der eingeschlagenen volksthümlichen Richtung.

Zürich, den 6. Februar 1872.

Der Verfasser.

[5]
‘S git gschiidte Lüt und dumme Lüt,
Wie’s grade und wie’s chumme git;
Doch’s Seppli’s Hans Jörg isch e Ma,
So triffsch mer, traui, kein meh a!

I ha scho mengi Predigt ghört,
Es het mi keine no so blehrt,
Wie ‘s Simme Seppli’s Hanse Wort:
I denk nur dra in Einem fort.

‘S isch doch kurios, wie’s Menge cha,
Und isch doch nur e gringe Ma!
Und Andere sin no so glehrt,
Und schwätzen Alles nur verchehrt!

Drum chunnt ‘s au nit uf d’ Studie a:
Do drin, im Herze, mueß me ‘s ha!
Isch ‘s Muul und ‘s Herz am rechte Fleck,
Se fließt der d’ Red wie Bäredreck

[6]
Und Zuckerkandel, vo der Brust,
Und di az’hören ische Lust;
Und was de saisch, me weiß es no,
Worum? Es isch von Herze cho!

Zwor der Jörg isch au e glehrte Ma:
Er het mit Herren Umgang gha,
Und lang e Herrelebe gfüehrt,
Und us Balbirer hochstudirt.

Doch sait er, no si ‘s Vaters Tod:
„‘S best Brot isch doch no ‘s Buurebrot;
Me het doch au no z’bisse dra!
So Herrebrötli mueß me ha

‘S Tags zwenzig für e Buuresohn;
I bruuch für ‘s Brot allei mi Lohn.
Und das Scharwänzlen und das Gschwätz
Im Gschäft, das macht mi zletzt no letz!

Isch ‘s au emol e schöne Tag,
Daß me si herzlig freue mag,
Und d’ Sunne schint so hell und floh,
Me möcht au gern spaziere goh;

Se het me nie e freii Stund,
Isch bunde, wie ne Chettehund;
Und chunnt me denn emol in d’Welt,
Se het me erst kei Grosche Geld!

[7]
Jowohl, dofür bidank i mi!
Do gang i, woni her cho bi,
Nimm wieder Egg und Pflueg in d’Hand,
Und blib bi minem Buurestand.

Wenn i von Allem nüt soll ha,
Se hani doch mi Sunntig gha,
Und frischi Luft und Sunneschi,
Und bi de Tag im Freie gsi.

Im Ackerfeld, im grüne Wald,
Im heitre Herbst, wo d’Büchse chnallt,
Und rauch mi Pfiifli wohlgemueth,
Und weiß doch au wie d’Freiheit thuet!“

Er sait’s und tritt si Güetli a,
Und sieder isch’s e braver Ma;
E Buursmann isch er oberus,
Und proper stoht’s in Feld und Huus;

Het Schüüren und het Cheller voll!
‘S isch mengem Hofbuur nit so wohl;
Und isch im Dörfli b’liebt und g’ehrt;
Er isch gar sölli gschiidt und glehrt!

Me sait em nur „der Herrli“ hie,
Der Vogt und Pfarrer sait em „Sie“;
Er wird „Herr Hans Jörg“ titulirt
Vo beiden, und spaziere gfüehrt.

[8]
Und chunnt e Briefli us der Fern,
Se stoht es dütlig gschriebe: „Herrn,
Herrn Hans Jörg Güetli“ obedra,
Daß Jedermann es lese cha!

I sag das nebe her nur gschwind:
Me mueß doch wisse, wer mir sind,
Und wisse mueß me, Sappermeni!
Was mir für Lüt im Dörfli hent!

Mer sitze denn, wie alliwil,
Am Sunntig so bim Chartespiel;
Do chunnt der Hans Jörg uf is zue.
Und sait: „Se hent er no nit gnue.

An dem verfluechte Chartespiel?
Git ‘s denn kei änderi Churzwil,
Kei anderi Freud und Basseltang,
As, uf der fuule Wirthshuusbank,

Das Chartemischle, bis in d‘Nacht,
Und mengmol bis der Tag erwacht?
Wär i der Vogt, i sperrt ich gli,
Wien ihr do sin, in ‘s Hüüsli i!

Am Sunntig macht, für Basseltang,
E rechter Buur in ‘s Feld e Gang,
Und luegt und bschaut und sieht si um,
Wie Alles goht ? Ob grad ob chrumm,

[9]
Am alte Fleck der Markstei stoht.
Und nit zum Nochber duregoht?
Und ob nit öbbe ‘s Nochbers Pflueg,
E Streifli Acker nimmt im Flug?

Und denkt: „Der Chlaus, der merkt ‘s jo nit
‘S lit grad am Weg, i nimm ‘s no mit.“
Und het er Rebehüüfli stoh,
Se luegt er jedem Wistock no:

Denn bsunders will der pfleget sy,
Sust treit er weger nit viel i!
So lauft der Buur um, frohes Mueths,
Und freut si fines Werks und Guets,

Wie er ‘s mit Recht und Ehre mag.
Das nenn i denn e Nomittag!
Und isch er no e gweckte Ma,
Der meh as fünfi zähle cha,

Mit offnem Aug und Sinne seh,
Se sieht er, denkt, au no meh,
As Pflueg und Markstei, Wies und Feld,
Und sait: „Wie schön isch doch au d’ Welt!

Lueg, wiene Brut, im Hochzitchleid,
Stoht do der Baum in Herrlichkeit,
Der Chriesebaum! Hörsch, wienes suust?
Und wiene siedig Wasser bruust?

[10]
Es isch e Surres und e Gsumm,
Wie um e Bienechörbli rum;
Und isch e Schaffes und e Freud,
Daß me si unwillkürlig sait:

„Do Mensch, do lueg das Jmmli a!
Und denk mer täglich, stündlig dra!
So muesch es mache, witt emol,
Daß Hof und Acker trüeje soll.

Im Früehlig wenn schön Alles blüejt,
Und Alles tribt und wachst und trüejt,
Du selber au no jung und frisch,
Und wohlgemueth und heiter bisch;

Do mueß me schaffe, Tag und Nacht,
So wie das Immli! Siesch wie’s macht?
Wie’s schnuuft, und schier gar zsemmebricht?
Es treit gar sölli schwer an Gwicht.

Die geele Hösli, siesch die do?
Es cha schier gar nit obsi cho,
Und treit si weger schier gar z’todt,
Bis es an sinem Flugloch stoht.

Wie duftet’s, wie blüejt’s überall,
Uf Baum und Busch, in Berg und Thal!
Und d’Sunnestrahle drüber hi!
Wo wott’s denn au no schöner sy?“

[11]
Isch das nit anderi Churzwil,
As do das simplig Chartespiel?
Was het me denn do profitirt,
As daß me Zit und Geld verliert?

Und chunnt mer usem Wirthshuus hei,
‘S isch mengist Mitternacht vorbei;
Me treit, vom Ruusch, am andre Tag
No schwe r, daß me nit schaffe mag.

Pfui Teufel! Legt mer d’Charte hi!“
„Los, sagt, mer wen ghorsam sy:
Jo, was de saisch isch wahr und recht,
Und meistens goht’s bim Spiele schlecht.

Verzählsch is gli ne schöni Gschicht,
So nehme mer gern Lehr und Bricht,
Vo’s Simme Seppli’s Jörgli a;
Chumm setz di her und fang jeza!“

„I glaub schier gar, ihr meinet nur,
I häb die Gschichtli an der Schnuer?
Dörf nur eis neh, so wieni will,
Wie do ne Chart us eurem Spiel?

I weiß jez nüt im Augeblick.“
„Ah was! Du hesch in Allem Gschick!
Bas Margreth, no e Schöppli her!
Zeig stell di nit so dumm und leer!“

[12]
„Nu, wil ihr’s denn pardu went ha!
I ha’s hüt morge bi mer gha,
Es isch zwar nur e Kleinigkeit,
Doch’s macht mer jez no immer Freud,

Wenn i’s alueg, zu jeder Stund;
Und findi’s, isch’s e guete Fund.
I ha’s do im mim Brustuech glo;
I meini ha’s jez, seht er’s do?“

Er sait’s, und legt es vor is hi:
„Woni Balbirer no bin gsi,
Hani emol, vo Mitleid grüehrt,
E lustige Student balbirt.

Der het mer e schön’s Helgli geh,
I ha’s as Zahlig müesse neh.
Sither hani scho mengmol denkt:
„Hättst du mere Sechsbätzner gschenkt,

I hätt gwiß kei so Gfalle dra,
As i an dinem Bildli ha!“
Druf legt er’s offe voris hi:
Es sin zwei Büebli zeichnet gsi.

Verlumpet; sie hen Holzschueh treit,
Und ’s Jörgli het zum Seppli gsait:

  • ) Jörgli: Jä, Seppli hesch keine Socken a?

Seppli: Jo frili!
Jörgli: Du strecksch jo hinte d’Fersche rus!
Seppli: He, drum ebe! I streck sie zu de Socke rus.

  • ) Ein bekannter Studentenwitz.


[13]
Me het sellmols no Holzschueh treit,
In üsre Gegnig, wit und breit,
Und Socken au —gel Maragreth?
Und treit sie no, wemme sie het.

Mer hen das Helgli gnau bitracht,
Und über das jung Bürstli glacht,
Und denkt: „Das isch e Gschiidte gsi!“
Druf langt der Jörg in’s Brusttuech

Und sait—und ziegte Büechli rus:
„Do hani eis, das isch es Gnuß!
Me mueß es numme recht verstoh—
Das isch no schönste— luege do!“

I ha zuem Becke Seppli gsait:
„Macht is dä Jörgli hüt e Freud!
Das isch jez gwiß no was charmants!
Was isch es gsi? Der Todtetanz!!

Der grusig Basler Todtetanz!!!
Bin i verschrocke! Wien e Gans,
Wenn’s haglet, fall i rücklings hi
Uf d’Bank, und bi fast vom mer gsi.

Und wieni wieder zue mer chumm,
Se springi uf und mach rechtsum,
Und will enanderno dervo.
Do het mi Ein am Zipfel gno,

[14]
Der Holdermarti isch es gsi:
„He! Bartli! Sait er, wo wit hi?
Vertlaufsch is jez no denki wohl,
Wo’s heiterst erscht afange soll!

Me meint: grad es hätt di scho
Der böse Find am Chrage gno!“
Drus sagt: „‘S isch mer säst so z’Mueth,
I läugne’s nit. Zeig bis so guet

Und los mi goh, und gang mer weg!
Do mit dem Büechli gang mer weg!
I ha mi Lebtig no nüt gha,
Uf’s Chranksy und uf’s Podagra,

Und uf de Tod no nie nüt geh,
I cha kei todte Mensche seh.
Siehn i e Todtewage cho,
Vo Witem lauf i scho dervo.

Wie’s heißt, do vore Johre drei,
Me legt de Chilchhof jez, de neu,
Uf’s Maiepeter‘s Acker nus,
E Büchseschuß wit vo mim Huus;

So hani’s Huus verchauft, und zieh
An’s ander End vom Dörfli hi.
Der Tod isch weger nit mi Sach!
I denk an dä nur ganz alsgmach.

[15]
I ha’s, wie seller Pfarrer sait,
„Dä wird bis z’letzt uf d’Site gleit.“
Der Hans Jörg sait: „I glaub der’s jo!
Mer mache’s selber au eso;

Zeig aber, bis mer nit so dumm,
Und drej mer jez das Blättli um!
Lueg do de Kaiser, d’Kaiseri,
De König dort und d’Königi,

Sind das nit schöni Bildli, sag?“
„Jo, schöner, as i’s bschaue mag.“
„Was isch denn dra so Grusigs, he?“
„Do channi just nüt Grusigs seh.“

„Nu jä, so schwätz mer nit so dumm!
Und dreij mer jez au das no rum,
Und zeig, und lueg mer dä do a!
Was isch denn an dem Chnochema?“

Er het e vorhi no verdeckt,
Daß es mi nit so arg verschreckt;
Jez deckt er uf! Der Chnochema
Luegt mi mit hohlen Augen a!

As wenn er zue mer sage wott:
„Du förchsch der glaubt vorem Tod?
Pfui Bartli! Was mueß i do seh?
Bisch doch kei Schuelerbüebli meh! "

[16]
„I meins emol, i seig e Ma:
Drum luegi di jez herzhafta.“
Hani so zue mer selber gsait,
Und alle Angst und Furcht abgleit.

Ha eis und ‘s ander Bildli bschaut,
Und z’letzt mer alle z’sehe traut,
Und het’s mer z’erst, am Anfang, gruust,
Jez bschau i’s fast mit Freud und Lust.

Der Hans Jörg sait: „Lueg, siesch der Tod,
Wie zahm de Kaiser mit em goht?
Und wie der Tod e Liedli blost.
Dem, schint’s, de Kaiser nit gern lost?

Lies nur, wie’s Einer gschribe het,
Im Versli stoht’s, gar lieb und nett;
Sie stamme scho von Alters her,
Und gelte no in Wort und Lehr:

[17]



Tod: Herr Kaiser mit dem grauen Bart,
Habt eure Reu zu lang gespart:
Drum sperrt euch nicht, ihr müßt davon,
Und tanzt nach meiner Pfeife Ton!

Kaiser: Ich kunnt’ das Reich wohl immer mehren,
Mit Streiten, Fechten, Unrecht wehren;
Nun hast du überwunden mich, -
Daß ich bin keinem Kaiser glich.

Er chunnt zur Kaisers als Wiib,
Mit langem Hoor und dürrem Liib.
„Worum witt jez denn du au nit?
So sait er, chumm nur, s’battet nüt“!

18



Tod: Ich tanz euch vor, Frau Kaiserin,
Kommt, springt mir nach, der Tanz ist min!
Eur‘ Hofleut sind von euch gewichen,
Auch euch hat hie der Tod erschlichen.

Kaiserin: Viel Wollust hatt‘ mein stolzer Leib:
Ich lebt’ als eines Kaisers Weib;
Nun muß an diesen Tanz ich kommen!
Mir ist all Muth und Freud genommen!

Wenni de Himmelsschlüssel ha.
So mein i, chunnt’s mer nit druf a.
Daß i soll sterbe; doch, es schint,
Der Babst in Rom isch anders g’sinnt.

[19]
Me sieht’s, es isch em nit gar wohl,
Daß er dä Tanz mitmache soll;
Er dreijt si Chopf uf d’rechte Sit,
Und sait: „Gang nur, i halt nit mit!



Tod: Kommt, heil’ger Vater, werther Mann,
Ein Vortanz müßt ihr mit mir han!
Der Ablaß euch nicht hilft davon,
Das zweifach Kreuz und dreifach Kron.

Pabst: Ich war auf Erden heilig gnannt,
Lebt ohne Gott in meinem Stand;
Der Ablaß that mir gar wohl lohnen,
Nun will der Tod mein nicht verschonen.

[20]
Lueg au die Todesangst und Qual,
Do von dem arme Cardinal!
Er bittet jämmerlig und schreit:
„O lieber Tod, lost mi ungheit !“



Tod: Springt auf nun mit dem rothen Hut,
Herr Cardinal ! Der Tanz ist gut;
Gesegnet habt ihr wohl die Laien,
Ihr müßt jezt auch noch an die Reihen.

Cardinal: Ich war, mit meines Pabstes Wahl,
Der Heilgen Kirchen Cardinal.
Die Welt hielt mich in großen Ehren,
Doch mag ich mich des Tod‘s nit wehren.

[21]
„Ob du dich Babst, ob Bischof nennsch,
Bisch halt au nur e schwache Mensch!
Und fürchsch der, wie der Bartli, au,
Das siehn i uf dem Bildli gnau.“

„Siesch wie der Edelmann si stellt?
Er will nit mit um alle Welt.
Si Schwert, lueg, Wien er’s falle lost!
‘S isch sust si einz’ge Freud und Trost.“

Der Tod sait: „Chumm nur, ‘s thuet nit Weh,
I möcht di numme tanze seh.“
Er machte gar zue trurig Gsicht,
Er duuret Ein, der arme Wicht!

[21]



Tod: Kommt nun her, ihr edler Degen,
Ihr müsset hier der Mannheit Pflegen,
Jetzt mit dem Tod, der Niemand schont:
So wird ein tapfrer Muth belohnt.

Edelmann: Ich hab gar manchen Mann erschreckt,
Der mit dem Harnisch war bedeckt;
Nun ficht mit mir der grimme Tod,
Und bringt mich gar in große Noth.

Lueg nur, d’libhaftig Eitelkeit,
Die Edelfrau! Wie die sich freut:
„De bisch so schön und riich und jung,
Und machsch no meng Eroberung.“

[23]
So denkt sie; doch uf eimol stoht,
In Hellem Staat vor ihr der Tod!
Und packt sie frei am linken Arm:
„Di Herz isch no gar sölli warm,

So sait er — bisch no schön und jung,
Drum machsch du au d’Eroberung,
Vom Tod persönlig hesch sie gmacht!“
Sissch wien er sie derzue uslacht?

[24]



Tod: Nun Edelfrau, laßt euer Pflanzen
Ihr müßt jez hie mit mir rum tanzen!
Ich schon nicht euer blondes Haar,
Was seht ihr in den Spiegel klar?

Edelfrau: O Angst und Noth! Wie ist mir gscheh’n?
Den Tod hab ich im Spiegel g’seh’n!
O wie erschreckt mich seine Art,
Daß mir das Herz im Leib erstarrt!

Der Bartli sait: „Ei lueg mer au,
Verschreckt nit gar die gnädig Frau!
Wemme’s nit saech, me glaubti’s nit:
Denn wemme sie stolziere sieht,

[25]
Und luegt die vornehm Herrschaft a —
„‘s Paradies mueß die uf Erde ha“ —
So meinti me, wenn sie kutschirt,
Und d‘Herrlichkeit spaziere füehrt,

Vierspännig und sechsspännig gar!
Bi ihr sind d’schöni Roß nit rar:
Und hintedra und vornedra,
Mueß sie Lackey und Jockey ha.

In Schlösser wohnet‘s und Baläst.
Hen‘s ganz Johr nüt, als Bsuech und Gäst,
Und alli Tag im Johr volluf,
Und trinke d’beste Schöppli druf.

So Einer fahrt so stolz derher,
As wenn‘s Gott Vater selber wär;
Und stoßti me si Nasen a,
Meinsch au, er luegti Eim nur a?

Do lerne sie d’ französisch Sprach!
Verachten ihre Muettersproch,
Und d’Buuresproch, die gar no recht!
Die isch doch viel zu grob und schlecht!

Und doch verdient sie au no Ehr.
Wenn‘ s us kei andrer Ursach wär.
As daß sie d‘Sproch isch vo sim Land.
Doch so Ein meint, es sei e Schand.

[26]
Lueg nur au das Französisch a:
„Oui, keskidi und kekseksa?
Madam, Musjö, ke wule wu?
Mosjö, gomma wu borte wu?“

Nüt as wu und wule wu!
Do findi jez nüt Schöns! Findsch du?
Und für die Sprach, die thut’s mer leid,
Wo me dem Pfarrer Labbi sait!

En Erzbischof heißt: Arscheweg!
E Wirth heißt: Oberschischt, churzweg!
Pfui Teufel! Jsch mer das e SprochI!!
Und’s Schlimmste isch, me lehrt sie noch

De chleine Chinder!! Miner Seel!
I mach gwiß no e Weltskrakeel,
Wemme die Sprach, die wüest, verchehrt,
No lang in üserm Dütschland lehrt!

Do wölle die no groß thue mit!
So wüest isch’s Dütsch denn lang no nit!
Schwätz, wie der Schnabel gwachsen isch,
Und furt mit allem Welsche Wisch!

Und wemme’s recht bim Liecht bitracht,
Isch so ne Herr, der uns veracht,
Denn gschiidter, um e Chopf, as mir?
I wenigstens halt’s nit derfür!

[27]
Und isch er braver, as der Buur?
Von dem isch denn au gar kei Spur!
Und isch er stärker, gsünder wohl?
Au das isch’ s Herrli nit emol!

Was blibt denn vo der Herrlichkeit?
E Stückli Erde, vier Fueß breit,
Und öbbe sechs und siebe lang,
Und isch e Fraß, zuem Basseltang,

Für eckelhafte Würmer gnue
Und Schlang und Chrotte no derzue!
Was spreizsch di denn so vornehm stolz?
De bisch doch nit von anderm Holz!

Wie schön wär‘s au, wenn so ne Herr
Mit üsereins vernünftig wär!
Der Hans Jörg sait: „De triffsch au a,
Sie chönne ‘s mitem gmeine Ma;

Mit Jedermann, sei’s wer es sei,
Sind‘s fründlig, höflig, guet und gmei.“
„Sel isch scho wohr! I sag no meh:
I ha‘s in hundert Fälle gseh —

Je höcher Stellig, Amt und Stand,
Je fründliger, das isch bikannt.
Wenn mi die Herrschaft fründlig grüeßt,
Me sieht‘s, daß es de Chnecht verdrießt.

[28]
Dä luegti üsereins nit a;
Denn er isch gar e große Ma!"
Der Marti sait: „Jo, mennigmol,
Wenn i vor Amt zur Lading soll,

Sen isch der Amtmann guet und gmei,
Doch’s elend Schriberli het e Gschrei:
„He! Was will er? Und wie heißt er?
Was thut er da? Wo kommt er her?“

I sag! „I chumm us üsre Gmei
Fünf Stund wit her, und möcht’ bald hei.“
„Ich hab’ jetzt nicht der Zeit, komm er
Denn Morgen um die Stund un’gfähr!“

So mueß i furt! Er denkt nit dra,
Daß i fünf Stund wit z’laufe ha.
Vor Amt goht gwiß e Buur nit gern!
So lang er cha, halt er si fern;

Und ‘s isch Eim scho kurios zu Mueth,
Vor mer e Schritt in’s Amthuus thuet.
Me tritt chum nur in d’Stube ni,
Möcht me scho wieder dusse sy.

Und wird Eim denn no dä Empfang,
Se denkt mer dra si Lebe lang.
Mi Wiib het ghüle wien e Chind,
Wie sie ihr grob bigegnet sind;

[29]
Und i bin mengst der Thüre zue.
Ha denkt: „Vo dir hani denn gnue!
Wart nur! Es fragt di au no Wer:
„He! Wer ist er? Und wie heißt er?“

Doch frogt er nümme: „Was will er?“
Er sait: „Jez, Grobian, chumm her!
Lang gnue hesch andre Lüt kuranzt,
Jez wird emol mit mir eis tanzt!




[30]
Fort mit dem Buureschinder! Fort!
Der Grobian mueß an si Ort!“
So satt der Tod, und nimmt e mit!
Wenn’s näume no so Kerli git,

I will sie gwarnet ha und sag:
‘S chunnt jedem Grobian si Tag!
Der Hans Jörg sait: „E guetig Wort
Fallt immer an e gueten Ort,

Und stoht dir und stoht Jederma,
E fründligs Wesen artig a.
Und dä do chönnt au fründlig sy,
Er luegt au gar zue trurig dri!

Er het e Goldwoog in der Hand;
Ihr Gwicht isch ihm sust wohl bikannt.
Doch jez verschrickt der arme Tropf:
Denn lueg, es lit e Todtechopf

Dört in der rechte Schaale, siesch?
Und in der linke lit e Wisch
Dublone; sie isch chuftig voll,
Daß sie so abesinke soll!

Doch wiegt der Todtechopf so schwer.
Als wär die andre Schaale leer.
„Chumm, lieber Fründ, es battet nüt!“
So sait der Tod und nimmt e mit.

[31]



Tod: Herr Kaufmann, lasset euer Werben,
Die Zeit ist hie, ihr müsset sterben!
Der Tod nimmt weder Geld noch Gut;
Nun tanzet her mit freiem Muth.

Kaufmann: Versorgt hatt‘ ich mich gut und wohl,
Mit Kisten und mit Kästen voll;
Der Tod hat meine Gab veracht,
Und mich um Leib und Leben bracht.

Und wie der Chaufherr siesch e do?
Mueß au der Wucherer mit em goh.
Er satt zuem Tod: „Loß mi in Rueh!
Was witt au jez scho mit mer thue?

[32]
Sag was de witt? De siesch so do
Das Meßli voll Dublone stoh.
Se, nimm die Hampfle voll, hesch g’hört?
Und loß mi jez no ungistört;

Und wenn de sie au alle witt,
Se nimm sie, und dann simmer quitt.“
Siesch, wie der Tod ihm schmeichle thuet?
„Was soll i mit dim Geld und Guet?

I bruuch di Gold nit, aber dich
Chumm nur, mer tanze denn jez glich.“
Der Moler sait: „Der merket’s wohl,
Worum i schwarz de Tod hi mol:

Der Teufel holt, das isch bikannt,
Die Wuchrer all’ im ganze Land.
Dä het er scho am Chrage packt.
Und d’Andre stöhn au im Contract."

[33]



Tod: Dein Geld und Gold sieh ich nit an,
Du Wucherer, gottloser Mann!
Das hat dich Christus nicht gelehrt:
Ein schwarzer Tod ist dein Gefährt.

Wucherer: Ich fragt‘ nicht viel nach Christi Lehr,
Mein Wucher, der trug mir viel mehr.
Jetzt bleibt der leider all dahinten!
Was hilft mein Schaben und mein Schinden?

Nei, lueg mer au das Gsichtli a,
Das suur-süeße von dem Ma?
Wer isch es denn? I mein emol
Es isch e Vogt. E Vogt, jo wohl!

[34]
Lueg, thuet er nit so zimpferlig,
So schüüch und zart und jümpferlig,
As Wien e Maidli, schaamhaft roth.
Vor sinem erste Liebste stoht?

Jsch nit das Gsicht perfect eso?
Me sieht’s, er möcht und möcht nit goh.
Z’letzt sait er doch: „Nu, wenn de witt,
I weiß, i mueß so doch no mit . "

[35]



Tod: Herr Schultheiß auf! Denn es ist Zeit,
Daß Leib und Seel mitnander streit.
Das thue ich auf der Leyren singen,
Dem Liedlein möget ihr nachspringen.

Schultheiß: Mein Amt hab ich mit Fleiß versehn,
Hoff es sei Niemand Unrecht gschehn,
Am G’richt, dem Reichen wie dem Armen.
O Gott! Du wöllst dich mein erbarmen!

So tanzt der Tod, siesch, überall
Mit Babst, Bischof und Kardinal,
Mit Kaiser, Fürst und Edellüt,
Mit Bürgers- und mit Buurelüt.

36
Mit Jungferen im Unschuldschleid,
Mit Wiib und Jud, mit Christ und Haid.
Er sait: „Sie hen jo viel Plaisir,
Und tanzen Alle gern mit mir.“

Worum der Tod so tanze thuet?
Worum isch ihm so wohl zu Mueth?
Wer sait mer‘s vo der Gsellschaft do?
Wer will si drum vernehme lo?

Gli fangt der Holdermarti a:
„Do find i jez nüt Bsonders dra!
Wenn‘ s Eim wohl isch, und ‘s goht Eim guet,
Se het me frische, frohe Mueth.

Dä het guet tanze, de Herr Tod!
Er lidt kei Mangel und kei Noth;
Het Arbet gnue, so viel er will,
Si Sichle stoht em niemals still.

Doch giengs em mengst wie üsereins,
Me suecht e Brot und findet keins
Und mueß, mit gsundem Liib und Glied,
Veredle, wil‘s kei Arbet git!

Jo, mengist ganze Winter lang!
Do tanzt me nit für Basseltang!
Und giengs em so, i wette drus,
Er hörti mit sim Tanzen uf.

[37]
Jo, wenn e Sach wohl grothen isch:
In Schüür und Cheller, ufem Tisch
Nur Alles volluf stoht und gnue,
Und Chlee und Fuetter no für d’Chue;

Dann chunnt’s us heitrem, frohem Gmüeth,
Dann juchzt me, singt e schönes Lied,
Und an der Chilbi, do goht ‘s her,
As wemme scho im Himmel wär!

Doch wenn e Hagelwetter chunnt,
Und richtet Frucht und Rebe z’Grund;
Es regnet fort de Summer dur,
Und Alles, Wi und Most, wird suur,

Daß me nur Racheputzer macht,
Nur Burligiger, dann guet Nacht!
Dann lauf dur‘s Dörfli her und hi:
Was siesch? E Gsicht, suur wie der Wi.

Die Männer hängen alle d’Chöpf,
De Wiber lampe d’Röck und d’Zöpf,
Kei Burscht luegt meh si Maidli a,
Möcht’s no gern ihn binem ha.

Churzum, es isch e truurige Gschicht,
Wenn s Eim an Frucht und Wi gebricht!
Und dass de Tod so lustig isch.
Heißt halt: Er het e rechte Wisch

[38]
Vermöge, Richthum, Guet und Geld,
Und Alles steht volluf im Feld.
Me lueg nur do si Hüüsli a!
‘Sisch voll, was nur dri schlupfe cha!




Siesch Bartli do die Todtechöpf?
Jez sin es weger armi Gschöpf!
Und sin doch au scho Mensche gsi,
Hen denkt und gschwätzt wie du und i“.

[39]
„Loß mi doch mit dem Dings ungheit!
I ha der’s schon e paar Mol gsait.
Sieht au das Beinerhüüsli us!
O großer Gott, es ische Gruus!

Aluege, möchti’s emol nit;
Doch unwillkührlig zieht’s mi mit.“
„Wer wott doch au so furchtsam sy?
Bis nit so närsch, und schick di dri!

I nimm de erst best Chopf in d’Hand:
Lueg do! Der het emol Verstand,
Und Sproch und gsunde Sinne gha,
Wer luegti ihn jez no drum a?

Das isch viellichte Rothsherr gsi,
Und het bim Schöppli guete Wi,
Bi Striibli und bi Brotis glacht,
Und andre gmeine Lüt veracht.

Und das viellicht e Schnidersgsell,
Und das e junge Biermamsell,
Und der e Schmied, und der e Buur,
Und das e Frau, und so derdur.

Und jez was isch? E Schand und Spott,
Wie’s dene stolze Mensche goht!“
„I mueß e frisches Schöppli neh,
Soll i das grusig Zügs aseh.

[40]
Do die zwei Kerli duure mi:
I chönnt emol nit lustig sy!
Sag was de witt, mir redsch nit us:
Was me do sieht, das isch e Gruus!

Und wenn i nur an’s Sterbe denk,
Se wacklen alle Tisch und Bank!“
Truf sait der Hans Jörg: „Hen der scho
Die Aengste wieder d’Bsinnig gno?

Was bisch du für e Wankelmueth!
Erst haltsch di tapfer, brav und guet,
So lang de Find no ruehig stoht.
Wenn er e Schritt nur vorwärts goht,

Se schreisch du gli, und machsch chehrtum.
Zeig, bis mer doch au nit so dumm!
Du nimmsch es immer no verchehrt.
Der Marti het di zwor bilehrt;

Doch nur und meh so obehi;
Gib Acht! Jez siesch’s wohl besser i:
De meiste Lüt, sell isch scho wohr,
Chunnt Tod und Sterbe schudrig vor.

Und ebe wil si’s so verhalt,
Se het der Tod die häßlig Gstalt;
Drum molt mer e, an Chopf und Liib,
So häßlig do as Mann und Wiib.

[41]
Doch luegsch mer’s öbbis gnauer a,
Se sottsch as Christ kei Furcht meh ha:
Denn weisch wie’s in der Bibel stoht?
Es git kei endlos, ewige Tod.

Es chunnt e Zit, es chunnt e Tag,
Daß Alles wieder lebe mag,
Was gstorben isch. Me het is glehrt:
Der todte Liib stoht uf verchlärt.

Und thront in Liecht und Herrlichkeit,
In Freud und Himmelsseligkeit.
Wie heißt es in der Schrift so schön?
Weisch no wo die zwei Versli stöhn?

Vers 30. Und alsdann wird erscheinen das Zeichen des Menschen Sohnes am Himmel; und alsdann werden heulen alle Geschlechter auf Erden, und werden sehen kommen des Menschen Sohn in den Wolken des Himmels, mit großer Kraft und Herrlichkeit.

Vers 31. Und er wird senden seine Engel mit hellen Posaunen ; und sie werden sammeln seine Auserwählten von den vier Winden, von einem Ende des Himmels zu dem andern.
Matthäus, Capitel 24.

Drum wenn au do der Liib vergoht,
‘S isch gwiß, daß er no uferstoht,
Das heißt mer so das jüngste G’richt,
Der Moler git der au dä B’richt:

[42]
Lueg nur das Beinerhüüsli a,
Siesch? Alles stoht do obedra:
Der Richter ufem Wolkethron,
Der Engel, mit Posauneton,

Der alle Todte us der Gruft,
Zue Licht und Auferstehung ruft.
Drum, sieht’s im Hüüsli grusig dri,
Se sait er: Lueg dört obe hi!

Dört isch di Hoffnig und die Freud,
Di ewig Glück und Seligkeit.
Drum haut au de Engel gmolt,
Wie er us Grab und Tod dich holt.

Und bisch e wahre, rechte Christ,
Se fürchsch de Tod zu keiner Frist;
Im Gegetheil, mit wahrer Freud
Gisch du, zu jeder Stund, ihm’s Gleit;

Denn lueg: der schrecklig, grusig Tod
Befreit von aller Erdenoth,
Von Trübsal, Unglück, Sorg und Plog
Und isch’s eso, se stell i d’Frog:

Chäm gli der Tod und holte di,
Worum sottsch du nit heiter sy?
Denn stirb i au, i weiß es jo,
I werd doch wieder uferstoh.

[43]
Das Erste isch nit d’Todesnacht,
Das Leben isch die erste Macht!
Drum soll i heiter s’Lebe lo!
Trum stoht der Tod so lustig do!

Drum blost er dir au d’Clarinet,
Dem spielt er d’Giig, dem Andre d’Flöt.
Dem drummlet er zum frohe Tag,
Dem spielt er no de Dudelsack.

Er isch uf jedem Instrument
E Meister, in sim Element;
Trum lueg du lustig, fröhlig dri,
Und tanz no siner Melodie.

So sait der Moler. Aber nei!
Was machen Alle für e Gschrei!
Me meint me hört sie überlut.
Am ärgste schreit die junge Brut,
(Siehe das Bild der Braut auf Seite 51.)

Die will partu nit mitem goh!
Der Jüngling au nit. Siesch e do!
(Siehe das Bild des Jünglings auf Seite 47 . ,
Usnahme siehni chuum e paar,
In dere große Hülerschaar.

Der Moler het sie g’chennt, die Welt,
Drum het er sie au so higstellt,
Daß Jeder sini Schwachheit chennt;
Es isch e Hieb, der Jede brennt.

[44]
Sie denke nit: „I weiß es jo,
I stirb, doch werd i uferstoh.
Und s‘Erst isch jo nit d’Todesnacht;
Das Leben isch die erste Macht!“

Der Bartli sait: „Scho vorem Tod!
Lueg nur wie‘s in der Welt zuegoht.
Denn het der Tod au Eine gno,
Gli sin derfür zwei Andre do.

Und drei und mengmol vier und meh;
Me dörf nur üser Gmei aseh.
Nimmt Einer von is ‘s Fersegeld,
Gli chömme drei derfür uf d’Welt.

Des Edelmannes Wunsch sin zwei.
Bi üs, in üsre Buuregmei,
Do denkt me: „Wenn i wünsche soll,
So wünsch i gli e Hampfle voll !“

Der Lehrer und der Pfarrer gar,
Die hen allei e ganze Schaar!
Wie Orglepfiife stöhn sie scho,
Eins größer as das Ander, do.

Und wemme‘s Lehrers Lisabeth
Und Katheri und Margareth,
Und ‘s Roseli und ‘s Anneli,
D‘Therese und ‘s Paulineli;

[45]
Und ‘s Pfarrer‘s Wilhelm und Robert,
Der Adolf und der Engelbert,
Der Louis und der Heinerich,
Der Christoph und der Dieterich,

Der Charli und der Hermann nimmt,
Und d’Chleinsti no, so git’s bestimmt
Allei e ganze Stube voll!
Vom Pfarrer fast allei, jo wohl!

Do isch kei Gfohr, daß d’Welt verdirbt,
Und üser Dörfli scho usstirbt,
Wenn d’Welt emol en End soll ha,
Se sin mir gwiß nit schuldig dra!

Wenn sie, wie mir, so sorge wott,
Se chäm de Tod bald überall z’spoth.
Doch mache d’Andre was sie went,
Mir wisse scho was mir z’thue hent!“

Der Hans Jörg sait: „Me sieht der’s a,
Zuem Sterbe bisch du nit der Ma,
Du hesch no gar e füürig Bluet,
Und lebsch no gern und lebsch no guet;

Wie Alli do, lueg wo de witt,
Kein Einzigs will und goht gern mit;
Wie alt, wie jung, wie früeh, wie spoth,
‘S will Kein’s nüt wisse no vom Tod!

[46]
Siesch wien er do dä Jüngling hebt?
Und wien er e mit Gwalt mitschleppt?
Worum ziehsch denn di Säbel nit?
De bisch doch sust so tapfer mit!

Und luegt di Einer nur schief a,
Se mueß er gli e Schmarre ha.
Jo, gell ‘s isch nit guet Händel ha
Mit Eim, der besser baschge cha?

[47]



Tod: Jüngling, wo willst du hin spaziren?
Ein andern Weg will ich dich führen:
Allda wirst du dein Buhlschaft finden,
Das thu ich dir jetzund verkünden.

Jüngling: Mit Schlemmen, Demmen und mit Prassen,
Des Nachts hofiren auf der Gassen;
Darin hatt’ ich mein Muth und Freud,
Dacht wenig nur an den Abscheid.

[48]
Und das chlei Chindli, Jesis Gott!
Hörsch, wien es schreit in siner Noth?
Und lueg, der Muetter bricht der Schmerz
Ihr liebes, treues Mueterherz.

Sie riißt si selber d’Hoor vom Chopf
Und rueft: „Mi Chindli, armer Tropf!
Chuum chunnsch uf d’Welt, mit Schmerz und Noth,
Se holt die scho der grausam Tod !"

[49]



Tod: Kreuch her, Kind, du mußt tanzen lehren!
Schrei noch so laut, magst dich nit wehren;
Und hattest schon die Brust am Mund,
So hülf‘ dir’s nit zu dieser Stund!

Kind: O sieh, mein liebes Mutterlin,
Ein dürrer Mann zeucht mich dahin!
S Mutterlin, willt du mich Ion?
Muß tanzen und kann no nit stöhn!

[50]
„Se bhüet di Gott, du armes Chind!
Jo, wemmer eigetli nosinnt,
Wie truurig isch’s? Chuum isch me do,
Se mueß me wieder’s Lebe lo.“

Der Hans Jörg sait: „‘S isch frili wohr!
Doch het mer, in de Chinderjohr,
Vo Freud und Leid no kei Verstand,
Und d’Welt isch Eim no unbikannt.

Doch wemme zwenzig Früehlig zählt,
Und nüt an Gmüeth und Gsundheit fehlt,
Und, wie mer in dem Alter denkt,
Der Himmel voll Baßgiige hängt,

Do isch es truurig, wenn der Tod
Nur scho vo Witem Einem droht!
Und holt er Ein denn gar no ab,
O Gott! Wie schudrig isch das Grab!

Lueg do die schöne Jungferen a,
Sie will nüt mit em z’schaffe ha.
Sie sait: „I ha zue Fest und Freud
Mi ganz bisonders hüt agleit;

Verchünd es hoch und überlut:
I bin e Jungfer und e Brut!
I bitt di, loß mi doch ungheit,
Und stör mi nit in miner Freud!“

[51]
„Und ebe drum! De gfallsch mer grad,
Am Besten in dim Hochzitstaat!
I han au Gschmack, wie ander Lüt,
Und nimme Brut am Liebste mit!“



Tod: Ach Jungfrau, euer rother Mund,
Wird bleich jetzt und zu dieser Stund.
Ihr sprunget gern mit jungen Knaben,
Mit mir müßt ihr den Vortanz haben.

Jungfrau: O weh, wie greulich hast mich gfangen!
Mir ist all Muth und Freud vergangen.
Zu tanzen g’lust mich nimme meh:
Ich fahre dahin — Ade! Ade!

[52]
Wohr isch es, was der Tod do sait:
Er het si ganz bisundre Freud,
Und het e Gschmack wie ander Lüt,
Er nimmt e Brut am Liebste mit.

Me dörf nur uf e Chilchhof goh,
Es wird dört mengi Grabschrift stoh,
Wo’s heißt: „Sie hat sich noch als Braut
Dem kühlen Grabe angetraut.“

Darüber wüßt i menge B’richt,
Und weiß i gar e schöni Gschicht:
Sie chunnt wit her us Engeland,
Und isch dört wit und breit bikannt.

Im Heuet sitzen frisch und froh
Die Mähder, und hen z’Vieri gno,
Und sitzen au no Zwei derbi,
Me sieht, die müeße glücklig sy.

Der Hans, e stämmig starker Ma,
Me trifft e nit gli schöner a;
Und höchstens fünfe zwenzig Jahr,
Mit blauem Aug und Lockehoor.

Und ’s Annemei, e Maidli isch’s,
E heiter’s, sufer’s und e frisch’s,
Daß, luegt me’s nur vo Witem a,.
Se möcht me gli e Schmützli ha.

[53]
Me sieht er’s a, in Gsicht und Gstalt,
Sie isch chuum achtzeh Früehlig alt;
Scho lang hen sie, mit treuer Chraft,
Uf gliichem Feld und Hofguet gschafft.

Hei ‘s Meili öbbe Wasser trait,
Se lupft der Hans und git em’s Gleit.
Und mueß am Morge g’molke sy,
Se stellt er ihm de Chübel hi.

Churz, wo es isch und wo es goht,
‘S isch gwiß, daß er dernebe stoht.
Im Dörfli isch es wohl bikannt,
Der Hans git bald dem Meili d’Hand.

Usg’ruefe het me’s scho zweimal,
Morn rueft me’ s no zuem dritte Mol,
Und gli druf soll denn d’Hochzit sy;
‘S ganz Dörfli freut si scho druf hi.

Und üsre beide Brutlüt gar!
Sie stöhn scho, dünkt sie’ s, am Altar;
Sie schwätze jez im Augeblick
Nur von der Freud und von dem Glück.

Do chunnt’s uf eimol schwarz und schwer,
E Dunderwetter schießt derher,
Daß Alles, in der schnellste Flucht,
E Schutz und Unterchummes sucht.

[54]
Dach’s Annemeili springt so gschwind,
Daß es den Odem nümme findt;
Und mueß uf’s Heu sich niederlo:
Denn witers chan es nümmi goh.

Der treue Hans sitzt nebes hi.
Und deckt es lieb mit Schöcheli,
Daß d’Nässe ihr nüt schade mag;
Und indem thuet’s e Blitz und Schlag,

E Dunderschlag vom Himmel ra,
Me meint, der jüngste Tag brech a!
Die Mähder, in der Angst und Noth,
Rueft Eins dem Andre zue, wie’s goht?

Wie mer enander Antwort git.
Und hört vo de Verlobte nüt,
Se laufe sie zuem Plätzli hi,
Wo beide müesse gseße sy.

Me sieht vo Schlag und Füür nüt meh,
Nur stigt e Bizzle Rauch in d’Höh.
Do liege Brüt und Briggem todt,
In treuer Liebe, tröst sie Gott!

Der Hans, mit sinem linken Arm,
Halt ‘s Annemeili treu und warm
No um de Hals; und d’rechte Hand,
Als bschütz er sie vor Blitz und Brand,

[55]
Halt er ihr über d’Auge hi,
Daß sie nit soll verschrocke sy.
So lieblig liege beide do,
Me meinti grad sie lebe no.

Am Tag wo sie, zuem dritte Mol,
De Pfarrer hüt usruefe soll.
Legt me das unglückselig Paar,
Mitnander uf ei Todtebahr.

Und deckt sie z’letzt zur ewige Rueh,
Mit einem Grabmal beide zue.
Schloft wohl in eurer Todtegruft,
Bis ich der ewig Richter ruft!

Und stöhnt er uf, so gunn ich’s Gott,
Daß ich’s dort ehne besser goht!"
So het der Hans Jörg uns verzählt.
„Du hesch das schönste Gschichtli gwählt,“

Sait druf der Marti, doch i weiß
Au vonre schöne Brut no eis:
„Ihr Burscht, er denkt si Lebtig dra,
Het, wie no Viel, zwo Liebsti gha.

Mit beide het er gar schön thue,
Und beide spricht er’s Jawort zue:
Mengs Johr lang het er so hofirt,
Und sie am Narreseil rum gfüehrt.

[56]
Am End will er, wie Andre au,
En eigne Herd, en eigne Frau.
Hürathet d’ Eint’ enanderno,
Und laßt die Zweite treulos stoh.

Sie isch e riiche Tochter gsi,
Vo Bingen, oder Mainz am Rhi.
Wie sie von ihrem Unglück hört,
Se het sie nit lang ufbigehrt.

Sie macht kei Lärme und kei Gschrei,
Und bräch’s ihr au das Herz etzwei.
Doch an des Liebste Hochzittag,
Do trifft sie’s, wien e Dunderschlag!

Sie ziert sich, und sie putzt si rus,
Als trüeg sie hüt de Hochzitstrusz,
Und goht in d’Chilch und stellt si gli,
Grad vor die Brut und Briggem hi!

Näturlig het er sie erchennt!
Wie füürige Chohle het’s e brennt!
Und wien er’s Jawort spreche soll,
Se glaubsch mer’s, isch’s em au nit wohl.

Und wien er’s endlig dennoch spricht,
Se stoht sie Maidli uf, und bricht
In Slchuchzen [sic!] us, in Schmerzensschrei,
Mir goht’s jez no dur Mark und Bei!

[57]
Druf wie das Paar zur Chilch nusgoht,
Und heimetzue, — wer vor sie stoht,
Und alle Spott und Infamie
Ihm sait, das isch mi Maidli gsi:

„Du treulos gottvergessener Mensch,
Thue nur, als ob du mich nit chennsch!
Gott sieht di treulos schwarzes Herz,
Und sieht verlassener Unschuld Schmerz.

So lang di d’Sunne no beschint,
Glaub mir, daß i di überall find!
Vor alle Lüte chlag i dich
Do a des Meineids gege mich!

Jo, gang du nur, treuloser Wicht!
Dich trifft au no das Gottesgricht!
Und wenn’s e g’rechter Richter git,
Se laufsch du weger nümme mit!“

Sie het em alli Name gsait,
Bis sie, vor luter Herzeleid,
Ohnmächtig z’letzt zu Bode sinkt,
Und me sie unter Obdach bringt.

Und wie sie wieder ‘s Aug ufthuet,
Se schimpft sie no vor Zorn und Wueth
Sie meint, er sei no immer do,
Sie sieht e vor den Auge stoh.

[58]
Es loßt ihr in der Stadt kei Rueh,
Sie will gli hüt der Heimath zue!
Doch chunnt sie uf de Zug zue spoth,
Und wartet, bis der letzte goht.

Und wie sie in der finstre Nacht,
So ganz allei, im Wartsaal wacht,
Se chunnt ere, us eimol halt,
Ihr schweres Chrütz mit aller Gwalt,

Ihr Elend und ihr Herzeleid,
Daß sie vor Schmerz und Trurigkeit,
Sich nümmi chennt und nümmi faßt;
Und springt in Einem Schmerz und Jast

An Fluß, und stürzt si häuptlings dri.
Und isch im Nu e Leichnam gsi!
So bricht die falsche Lieb und Treu,
Dem arme Chind das Herz etzwei!

In aller Früeh, am Morge druf,
Fischt sie am Fluß e Fischer uf.
Me het sie in e Kutsche thue.
Und füehrt sie dem Spitalhof zue.

I ha sie selber, im Spital
Do liege seh im Todtesaal.
Me siehteres im Gsicht wohl a,
Sie mueß no bitter ghüle ha,

[59]
Im Augeblick, do sie versinkt,
Und sich so jung um’s Lebe bringt!
I cha sie no do liege seh,
Im schwarze Chleid, und wiiß, wie Schnee;

So ruehig, schön, und unbedeckt
Die Händ so über d’Brust higlegt!
I ha so bimer selber denkt:
„Du armer Tropf hesch dich ertränkt,

Wil d’böse Welt so treulos lüegt,
Und dich mit falschem Schin bitrüegt!
Du hesch des Lebens Last und Noth
Nit trage chönne, tröst di Gott!

No Mengem bricht, in Leid und Schmerz
Und bittrer Lebensnoth das Herz.
Der Eint isch stark und haltet’s us,
Bim Andre nimmt’s e truurige Schluß.

Biwahr is Gott vor Leid und Noth,
Und vorem selbsterwählte Tod!"
„Jo weger, jo! Biwahr is Gott
Vor Schmerz und Elend, Chrütz und Noth!

Doch au, i ha’s scho mengmol gsait,
Vor übergroßer Lust und Freud!
Woni e junge Burscht gsi bi,
Bini in Herredienste gsi,

[60]
So was me sait e Bortier,
Me chan in Karlisrueh viel seh,
Sait druf der Bartli ; am Fürstesitz,
In jeder Residenzstadt git‘s

Viel Bortier, und Hoflakei,
Und ‘s isch so ziemlig einerlei:
Me trait e riiche Bortehuet,
Und ißt und trinkt und schloft au guet;

Und witers het me nit viel z’thue,
Es stört der nieme groß di Rueh.
‘S git Menge, dem das Lebe gfallt;
Doch i ha denkt: „De bisch doch halt

E niedrer Chnecht, und sust bisch nüt!
Und wemme der au Chleider git
Und Bortehuet, e ganze Wisch,
De blibsch und bisch doch was de bisch:

Im niedre Dienst e Herrechnecht;
Und das isch doch au gwiß nit recht,
Wemmer als freier Buursma,
Sie eige Brot verdiene cha.

I bi denn doch mi eigener Herr,
Und wenn‘s nur im e Hüttli wär!
Und folg mim eigene Chopf und Roth,
Und iß mi eige zoge Brot.

[61]
Und d’Freiheit gilt mer meh, as Geld,
Und alli Hoflakei der Welt!2
So hani denkt, und denk no so;
Und ’s möcht mer no so übel goh:

I ha im Zwilchrock doch meh Freud,
As in dem schönste Bortechleid.
Doch was i eigetli sage will,
Das chunnt jez erst no — numme still —

Drum het mi Dienstherr sellemols
E Söhnli gha, e lustigs, tolls;
Das bringt emol, in der Osterzit,
E Mitstudent in d’Kavanz mit.

Chuum isch der recht in üserm Huus,
Se bricht scho d’Liebesflammen us
Zu miner Herrschaft Töchterli.
Das ische gar schön Fräuli gsi,

Schön überus und brav und gschiidt,
Und heiter, wie me wenig sieht.
Die luegt nit trüeb und trurig dri,
Und wo sie isch, mueß Lebe sy.

Und fründlig gege Jederma,
Und guet, daß me ’s nit sage cha.
Ihn het mi Fräuli au gern gseh,
Und ’s wird em Wohl und windeweh,

[62]
Sie wird bald blaß, bald füürig roth,
Wenn er nur in der Nöchi sloht.
Mi Herr merkt bald woran er sei,
Und spricht mit dem Studentli frei,

Und sait: „Sie sind ein Kaufmannssohn,
So reich wie mancher Fürstenthron.
Ihr lebt großartig in der Welt,
Wie’s eben Millionären g’fällt.

Doch ich— was bin ich gegen euch?
Da komm ich gar nicht in Vergleich!
Wenn ich auch Staatsbeamter bin,
So reicht mein Amt noch lang nicht hin,

Mein Kind in Luxus zu erzieh’n.
Wir leben so gemüthlich hin.
Mein Kind ist viel zu einfach schlicht.
Und paßt in eure Kreise nicht!“

Wie das denn mi Verliebter hört,
Se lauft er rum wie sinnverstört.
Wie’s Fräuli merkt und hört, wie’s stoht,
Se wird sie bleich, as wie der Tod.

Me het sie nümme lache seh,
Und Sterbe möcht’s vor Leid und Weh!
Und wie’s am End denn gar no heißt.
Daß Morge der Student verreist,

[63]
Se schluchzt und hült sie d‘ ganze Nacht,
Daß z’letzt der Vater drob verwacht.
Der het si Tochter sölli gliebt,
Und satt: „Bist du in ihn verliebt,

Wie er in dich, und muß es sein,
In Gottes Namen, ich füg mich drein!
Meinst du, es sei zu deinem Glück,
Wohlan, ich nehm mein Wort zurück!“

Wer jez dä Jubel und die Freud
Bischribt und die Glückseligkeit!
‘S verlobe si denn beide glich:
Der Briggem ist so frei und riich,

Studirt allei nur für si Freud,
Nit daß es ihm en Amt itreit;
Drum mueß au bald druf d’Hochzit sy!
Vo miner Herrschaft Töchterli,

Und von der glänzende Parthie,
Jsch d’einzig Red im Ländli gsi.
Der Briggem druckt sim Schätzli d’Hand,
Und reist denn ab in‘s Heimethland.

Und chunnt bal druf, wie meint ihr wohl?
Zu Fueß? Zu Roß? Im Gfährt? Jo Wohl!
Im eigene Dampfschiff fahrt er her,
Grad usem mittelländische Meer!

[64]
Die Donau ruf, so wit sie treit.
In Riichthum, Pracht und Herrlichkeit,
Isch ‘s Schiff, mit hundert Flagge, ziert;
De ganze Weg wird musicirt;

Und Hochzitgäst und Hochzitlüt,
Es bringt kei Fuerst sie stolzer mit!
In alle Zitige im Land,
Wird d’Pracht und d’Herrlichkeit bikannt.

Und wenn’s e Fuerst und König wär,
Es wär für’s Land kei größeri Ehr.
Me het sellmols no nüt so gha,
Kei Bahn, kei Telegraphe dra,

Wie hütigs Tags. Der Briggem het
Staffete gschickt nur uf Staffet;
Die bringt, vom ferne Donaufluß,
Tagtäglig siner Brut e Grueß!

Und chuum dreijt ‘s Schiff das letzte Rad,
Se sprengt er mit sim ganze Staat,
In Einem, ohne Rast und Rueh,
Der Stadt und sinem Brütli zue.

Das stoht im wiiße Spitzechleid,
Zue sim Empfang scho lang bereit;
‘S lacht Eim in Jugedschönheit a,
Daß me ‘s nit gnue beschaue cha.

[65]
Me hört Musik; jez chunnt er gli!
Er ritet scho zuem Hofthor ri.
Jez chunnt er d’ Stapfle ruf und fallt,
Mit aller Liebessehnsucht Gwalt,

Der Brut um Hals, rueft überlut:
„Gottwilche, mi herzliebsti Brut!"
Die zitteret vor luter Freud,
Vor Lust und Glück und Seligkeit,

Und wie sie so de Chopf in d’Höh
Ufhebt, und ihm e Chuß will geh,
Se schwankt sie z’ruck, und fallt gli um,
Und isch uf eimol todesstumm!!!

Ihr Herz zerspringt vor luter Freud,
Vor luter Glück und Seligkeit!“
„Nei, was de saisch! Todt isch sie gsi?“
„Todt fallt sie augeblicklig hi!“

„Das isch au schuderig, großer Gott!
In höchster Seligkeit der Tod!!!“
„Vor luter Glück und Freud gli todt!
Und weiß kei Mensch wie das zuegoht!

Der Briggem luegt sie lang no a:
Er will’s nit glaube, will’s nit ha,
Und schreit: „Sie lebt, sie athmet no!
O spring um Hülf! Isch nieme do,

[66]
Der helfe cha?“ Nei, weger, nei!
‘S isch Alles us und isch vorbei!
Dä Jammer und das Herzeleid,
Vom arme Briggem und sim Gleit!

Die Muetter lit e ganze Stund
In Ohnmacht, bis sie zue si chunnt!
Der Vater hült, als wien e Chind,
Und alle Fründ und alles Gsind,

Stöhn, wie versteinert am e Grab,
Und d‘ Thräne laufe d’ Backen ab.
Uf ihrem Grabmal stoht ‘s no frisch,
Wie sie so truurig gstorben isch.

Und Rose blueije drüber hi,
Vergißmeinnicht und Rosmari.
Der Briggem isch sither verstört,
Daß er kei Wort, kei Roth meh hört.

Er isch untröstlig bis uf d’ Stund,
Und wird si Lebtig nümmi gsund!
Der Hans Jörg sait: „Hesch mit verfehlt,
Du hesch die schönste Gschicht verzählt.

Es fallt mer do e Sprüchli i,
Es isch en alti Grabschrift gsi:

[67]
Erde geht einher auf Erden
Hell und glitzernd wie Gold;
Erde kehrt zurück zur Erden,
Ach! viel früher als sie wollt’!

Erde schaffet, auf der Erden,
Stolz Paläste und Abtei’n;
Erde aber spricht zur Erden:
„Alles dieß muß unser sein!"

„Do cha me Glück und Unglück seh,
Wie sich’s enander d’Hand cha gä,
Und folgt uf d’allergrößti Freud,
Im Handumcher, ’s grüßt Herzeleid.

Jo, wemmer’s eigetli bidenkt,
Sen isch Eim’s Lebe nur so gschenkt,
Und der’s Eim schenkt, im Nu, im Ruck
Nimmt er’s, nach Willkühr, wieder zruck.

Vor Chummer bricht dem Ein das Herz,
Der Ander stirbt in Freud und Scherz;
De Dritt, dä schlagt de Blitz gli todt,
Der Viert, der stirbt in Hungersnoth;

Der springt im Pulverthurm in d’Luft,
Der fallt in Rhistrom und versufft;
Dem riißt e Chugel ’s Bei etzwei,
Der stirbt in Wueth und Raserei,

[68]
Churzum, wo mer au goht und stoht,
Mer isch uf jedem Schritt bedroht!
Und wien e Schwert, nur am e Hoor,
Hängt über Eim die Todesgfohr.

Und ‘s Wunder isch no alliwil,
Das ewig große Menschespiel.
Drum, sait der Hans Jörg, der’s verstoht,
Isch ‘s Lebe ‘s Erst und nit der Tod.

Die Welt war sust e Todtegruft,
In die Eim Himmel, Erd und Luft
Und Füür, nur zue bigrabe strebt,
Und d’ Mensche hätte bal usglebt!

I ha scho mengmol drüber gstuunt,
Wie uf der Welt so Alles chunnt:
Der Ein stirbt liicht, der ander schwer,
Der Eint ist stark, as wien e Bär,

Der Ander wien e Strohhalm schwach,
Und schreit nur immer Weh und Ach.
Der Eint isch mager und isch gsund.
Der Ander wiegt vier hundert Pfund,

Er cha schier nümmi z’Odem cho,
Vor Fetti uf kei Bei meh stoh.
Dä mueß doch gsund sy! Aber Nei,
Blöd isch er, wien e schaallos Ei!

[69]
Der springt dervo as wien e Reh,
Der tappt derher, me cha’s nit seh!
Woher chunnt jez au das? Worum
Goht jez dä grad, der ander chrumm?

Het der e Muul, e chlei’s im Gsicht!
Und der, wenn er e Wörtli spricht,
Dem goht’s von eim zuem andern Ohr,
Fast wie’s Herr Pfarrer ‘s Schüürethor?

Und lueg mer die zwo Jungferen a!
Worum müen die’s verschiede ha?
Bschau nur der Margreth ihre Brust:
Es isch e wahre Freud und Lust!

Umchehrti Storchenester zwei,
Me meint, me hör scho ‘s Storchegschrei!
Und ‘s Lisabethli ‘s Busen isch
So glatt und ebe wie dä Tisch.

Worum au das? ‘S isch Sünd und Schad
Wie Schniderbügelise glatt!
Und wohl am End au no so heiß!
Gent achtig, und verbrenn si kei’s!

Wenn i so Nachts nit schlofe cha,
Und d’Hühnerauge fangen a
Mi z’steche, mengist d’ ganze Nacht,
Hani mer so Gidanke gmacht.

[70]
Do goht ‘s mer wien e Mühlirad —
I würd als schier gar desperat —
Im Chopf rum, und dann denki so,
Mengst über ‘s Menschelebe no.

Doch ‘s battet nüt, me chunnt nit drus!
Wo Eis riluegt, luegt ‘s Ander rus.
‘S gschiidst isch, me sait: „Bis nit so dumm,
Und chümmre di nit witers drum!“

Do cha der Mensch nüt ändre dra:
Wie ‘s chunnt, so mueß mer ‘s ebe ha!
Der Rege macht und Sunneschi,
Der sait allen „So mueß es sy!"

E Wundervitz het emol gsait:
„Herr Pfarrer gwiß, es thut mir leid!
Doch liegt ‘s am Tag ganz sonnenklar:
Ihr legt die Schrift zu sonderbar

Da aus, und sagt: „‘S ist Alles gut,
Was Gott ersinnt und schafft und thut“.
Seht meine beiden Bückel an,
Den hinten und den vornendran!

Mir scheint der Text, den ihr gewählt,
Ist doch für meinen Fall verfehlt.“
„Das find ich nicht, mein guter Freund,
Den Text versteht ihr nicht, wie‘s scheint:

[71]
Für einen Buckligen seid ihr
Vorzüglich gut gebaut, glaubt mir!“
So isch’s! Worum es so soll sy?
Do leg i mi nit witers dri.

Lueg lieber do das Büürli a,
Wie’s tanzet mit dem Chnochema. "
Der Hans Jörg sait: „Me sieht ems a,
Er het nur Plog und Sorge gha,

Und dreschet um si täglig Brot,
Vo Morge früeh bis z’Obe spoth.
Und ob er glich de Zehnte git,
Und überall in Chrieg mueß mit;

Trotz allem Elend, aller Noth,
Er will nüt wissen, er, vom Tod.
Er chratzt bidenkli sich am Chopf.
Es battet nüt, du armer Tropf!

[72]



Tod: Du hast gehabt dein Arbet groß,
Frueh und spath ohn Unterloß.
Die Bürde will ich dir abheben;
Korb, Flegel, Degen, thu mir geben.

Bauer: O grimmer Tod gib mir mein Hut,
Ich arbeit noch mit frohem Muth,
Ich hab’s mein Leben lang gethan.
Was zeuchst mich armen, alten Mann?

[73]



Het nit der Moler, z’allerletzt,
De Adam und die Eva gsetzt?
Worum setzt er jez die an’s End?
Es heißt doch chlar im Testament,

Sie seige Schuld an üserm Tod,
An aller Mensche Chrütz und Noth!
Sie müeßten also z’vorderst stoh,
Me meint emol, es g’hör si so.

[74]
Der Moler sait: „Nei, umgekehrt!
Wil d’Eva ihre Mann bithört,
D’ verbote Frucht ihm präsentirt.
Und so dä Trottli no verfüehrt,

Wil sie denn will die gschiidtest sy,
Drum stell i sie grad hinte hi!
E böses Büebli in der Schuel,
Das stellt mer in de hinterst Stuehl!“

„Aha, so mueß me das verstoh!
So will i mer’s gern gfalle lo.
Stellt dä die Wiiber hinte hi!
Das isch e gschiidte Moler gsi.

Doch los! Was lütet’s au eso?
Was sieht me dort vo Witem cho?
Chunnt öbbe denne Liicht derher?
I glaub es nit! I wüßt nit wer!“

„Nei! Nei! E Chindtauf isch es so.
Sogar no zwei! Chumm, luege do!
Der Müller het scho wieder Eis!
Und ebe so der lang Mattheis.

Siesch? D’Hebamm treit das erste Chind,
Und’s ander treit e Gschwisterchind.
Wer stoßt mi denn? Was rennsch mi um?“
„Jo Vater, los au gschwind und chumm!

[75]
Der Chnecht sait, chumm enanderno:
Me hen e Chälbli übercho!"
„Sen isch es do! Me hen em gwacht,
Scho lang, scho sit vor Mitternacht?“

„Jo, und mer hen hüt nit nur Eis;
Denk nur, jez gizzlet au no d’ Gais!“
„He! ‘S wird nit sy!“ „Jo, und sie het
Gli Vieri gizzelet, so nett!“

„Jä, wenn das isch! Jez mueßi hei!
Isch das e Segen in der Gmei!!
Drum sait der Hans Jörg, der’s verstoht:
Das Leben isch’s Erst und nit der Tod!

Ende.

Alle Rechte vorbehalten.

Quälle[Quälltäxt bearbeite]

Zruck zum alemannische Wikisource