Text:Rudolf von Tavel/Ring i der Chetti/Kapitel 33

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Am Niesen isch di großi Ahorni-Louene no nid abe gsi, und i mängem Chrachen am Leißig-Grat isch der Schnee no bis naach a See abe gläge, wo’s wider i de Dörfer het afa rumore. Es syg nöuis wider öppis gangen im Wältsche, het’s gheiße. Der Herzog vo Burgund sygi über e Jura yne cho und welli grad alli Gredi uf Bärn z’dorf. Scho sit Wuche sy geng wider jungi Lüt us em Oberland derdürab. Umecho isch niemer, und me het nid gwüßt, was eigetlech geit.

Da hornet’s wider einisch vom Torturm. — I der erschte Wuche Merz isch es gsi. — Zwee Rüter! — Me springt d’Stägen uuf, für wyter z’gseh. Es isch no nid rächt z’errate, wär’s sy chönnti, wo d’Jumpfer Dorothea plötzlech Ouge macht wi Stückredli und beidi Händ uf ds Härz drückt.

«Doch nid öppe...?»

«Der Hans-Brächt! — Der Hans-Brächt!»

«Und der Roll vo Bonstette!»

So schreit’s dürenandere. Und jitz springt alles d’Stägen ab. Türeschletze. Jubiliere! D’Hünd bälle, ohni z’wüsse, für was. Sit es paar Wuchen isch o dem Herr Adrian sy Schwöschter wider im Schloß, d’Frou vo Bonstette, die, wo als Chind einisch gmeint het, der Bär heigi der Jäni gfrässe. Ihre Ma isch mit dem Zürcher-Harscht i ds Wältsche gritten und het d’Frou hie i d’Obhuet gä.

«Aber der Hans-Brächt! — Der Hans-Brächt! Us em Heilige Land ume hei!»

Das isch es Wäse gsi im Torgwölb und du im Hof. Daß ds Brutpaar trotz de stränge Blicke vo der Frou Änneli sech nid het chönne gnue tue i Zärtlechkeite, het niemer verwunderet. «Aber jitz wei mer ufe, in e warmi Stube!» mahnet d’Frou Jeanne. Under der Hustüre begägnet ne du der Herr Adrian. Scho vo wytem streckt er ne d’Händ etgäge.

«Und?» fragt er sy künftige Schwigersuhn. «Ritter? — Und mit heiler Hut heicho?»

«Nid e Chräbel», antwortet er, «aber bi däm da isch es ehnder z’verwundere. Er het sy Ritterschlag uf anderi Manier übercho!» Dermit zieht er der Herr Roll vo Bonstetten am Ermel zueche.

Der Herr Adrian luegt ne verwunderet a und überchunnt vo ihm sälber Bricht. «Ja», seit der Schwager, «so hei mer is di Sach nid vorgstellt gha. Uf em Schlachtfäld bi Grandson bin i vom Herr Niklaus vo Scharnachthal zum Ritter gschlage worde.»

Der Herr Adrian schüttlet beidne d’Händ. «Uf em Schlachtfäld vo Grandson?» fragt er. «E Schlacht? — Was isch dert gange? Brichtet mer! — Aber zerscht wei mer jitz ufe, i d’Stube. Und öppis z’Ässen und z’Trinke wärde di Herre Ritter o möge!»

«I gloub, es wird derfür gsorget», seit d’Frou vo Bonstette, wo nid minder gwunderig isch uf d’Erläbnis vo ihrem Ma. Dä isch druuf gfasset gsi, daß sy Schwager ihm mit e chly eigete Gfüehl wärdi lose. Verwunderet isch er ehnder über d’Frou Jeanne. — Weiß si ächt am Änd no nüt? fragt er sech.

Ja nu, jitz het er halt müessen erzelle, wi-n-es z’Grandson gange sygi, vom erschte Zsämeputsch mit de Burgunder bis zum Ougeblick, wo si hinder de Flüchtige här änet dem Schloß a See vüre cho sygen und di vierhundert Eidsgenosse vo der Bsatzig a de Böumen ufghänkt gfunde heige.

«Chönnet ech dänke, wi’s üs z’Muet isch gsi, wo da im Vernachte di Trübel vo Möntsche ghanget sy! Di wyße Chrüz uf ihrne Chleider het me no gseh zündte. Das het’s grad no bruucht! Lüt, wo nümme chönne hei vor Müedi, sy undereinisch wider uf d’Bei cho. Brüele hei si nümme möge. Der Schnuuf het ne gfählt, aber wi wüetigi Stiere hei si Schuum tropfet und sy i d Nacht yne mit ufzogne Halparte de Burgunder nachegloffe, bis me nüt meh het chönnen underscheide. Du erscht sy si blybe stah, und hei no im Zsämegheie dene Souhünd i d’Fyschteri nachegfluechet.»

Vo der Büt het er du no afa erzelle, wo me gmacht heigi. Da underbricht ne der Herr Adrian: «Und der Herzog?»

«Der Herzog? — Me seit z’Bärn, er sygi i d’Freigrafschaft etwütscht. Under de Tote het men e Chateauguyon gfunden und vil anders edels Bluet, aber kei Herzog.»

Der Herr Adrian lat sech keis Stärbeswörtli vo däm Bricht etgah; aber er fragt nüt meh. Syni Blicke gangen i ds Lääre. Villicht merkt er, daß ne di Frouen aluege, aber er tuet nüt derglyche, trotzdäm es ne mit aller Gwalt trybt, d’Füüscht z’verwärfen und usez’brüele: «Das alles gscheht — und i hocke derwyle hie z’Spiez obe!»

Erscht lang nachhär, wo si scho vo den Erläbnis vom Ritter Hans-Brächt rede, fragt er no einisch: «Der Herzog syg etwütscht, seisch? — Und de sys Heer, isch das usenand? — Syn ere vil uf em Platz blibe?»

«Nid dämnah. — Jedefalls mueß me druuf gfaßt sy, daß der Herzog umechunnt. Er wird’s nid derby la blybe.»

Jitz steit der Herr Adrian uuf und fat afa umeloufe, Türen uus, Türen y. Und i menen Ougeblick, wo-n-er im Gang ussen uuf und ab louft, geit der Herr Roll zue-n-ihm, nimmt ne-n-am Arm und fragt: «Weiß eigetlech ds Jeanne no nüt?»

«Vo was? — Mir ghöre doch hie nüt! — Was meinsch?»

«Vo sym Vatter!»

«Isch dä blibe?»

«Z’Iferte. Bim Überfall vom Graf vo Romont uf Iferte. Meh weiß i nid.»

«Herr Gott! — Was wei mer jitz mache?»

Ne Zytlang luege di beiden enand a, du seit der Herr Roll: «Söll ig ihm’s säge?»

«Dank heigisch! Nei. Es isch my Sach, und i nime’s uf mi.»

Am Abe, wo si alli um ds Füür ume gsässe sy und d’Frouen ihri Spinnreder hei la surre, het ds Schwyge vom Husherr dene beide junge Ritter ds Erzelle zerscht e chly verha; aber d’Froue hei öppe gfragt, und nah-ti-nah het me chuum meh dra dänkt, daß er dasitzt. Am wenigschte het’s di glücklechi Brut geniert. Si het o derfür gsorget, daß albeneinisch ds Gspräch ufgsprätzlet het, wi ds Füür, wenn d’Bueben es neus Tütschi druuf gworfe hei. Di alti Frou hingägen und d’Frou Jeanne, die hei wohl gwüßt, daß me der Herr Adrian marteret mit dem Erzelle vo Heldetaten und Abetüür, und ihne beidnen isch der Süüfzer dür March und Bei gange, wo der Ritter zletscht, bim Fyrabemache, usgstoße het.

D’Frou Jeanne het ne-n-i der Schlafstube gfunde. Uf em Bett gsässen isch er und het der Chopf la hange. Si setzt sech näben ihn und leit ihm der Arm um d’Achsle, ohni nes Wort z’säge.

Der Ritter wehrt se nid ab, wi mängisch, wenn er vor Verdruß o kei Zärtlechkeit meh het mögen erlyde. Er überleit vilmeh, jitz syg’s der Ougeblick, sys Leid nid o no der Frou ufz’lade.

«Hütt isch vil Glück im Huus», seit er, und derby leit er sy Arm äng und fescht um d’Gstalt vo der Frou, «mir wei ne’s gönne. — Si sölle bald Hochzyt mache. Di anderi Wuche scho mynethalb. Me weiß i settige Zyte nid, wi lang es duuret, wi lang men enand no het. Dasmal isch der Roll ihm no ertrunne, aber wär weiß, wär weiß...?»

«Ach, si dänke nid dra», meint d’Frou, «si sy alli no jung und nähme jede Tag mit allem, was er bringt, ohni wyt voruus z’dänke.»

«Und si hei rächt», antwortet der Ritter, «me änderet doch mit Sorge nüt dranne. Üsereinen isch derfür da, für sech härz’gä. — Du gloubsch mer’s villicht nid, aber es isch doch so: Di gröschti Marter, wo men eim cha atue, isch, daß men eim d’Müglechkeit nimmt, sech härz’gä.»

«Ja», seit d’Frou Jeanne, «es geit kurios zue. Di einte chönnen i Tag yne läbe, und wenn si uf ehrevolli Wys falle, so hei si eigetlech alles gha, was eine vom Läbe cha begähre. Aber anderne ryßt me Bitz für Bitz vom Lyb ewäg, Bsitztum, Ehr, Gsundheit, und zletscht gönnt me ne nid emal en aständige Tod. Dir geit’s eso, mym Vatter geit’s eso...»

Da leit sech ds Ritters Arm no änger um se, und e tiefi Stimm seit: «Är het’s Überstande, dy Vatter!»

Mit däm löst sech d’Frou Jeanne und starret ihre Ritter a: «Wiso?»

«Der ehrevoll Tod hei si-n-ihm nid chönne verwehre!»

«Oh Gott — oh Gott! — Adrian... Wenn? — Wo?»

«I weiß es nid. Der Roll cha der’s de säge. I weiß es o erscht sit hütt.»

Si sinkt abe, fallt i d’Chnöi und leit der Chopf uf em Bett i d’Armen und schluchzet, wi nes Chind. Jitz isch alles verrisse, d’Heimet verwüeschtet, der Vatter tot, und si für geng i däm ewig überschattete Spiez! Är suecht ihri Hand und seit i d’Fyschteri: «Das isch Ritter-Los! — Und i begährti nid meh für mi!»

I de nächschte Tagen isch trotz dem blaue Früehligshimmel und de wyße Wulken e tiefe Schatten uf em Schloß gläge. D’Frou Jeanne het me fascht nie gseh. Und wo si ändlech nach drei dumpfe Tage wider zum Ässen abe chunnt und di Junge sech überlege, was si nere welle säge, schnydt si ne ds Wort ab und seit: «Es isch guet. — I wott ech nid d’Freud verderbe. Chüschtet se, so lang si by-n-ech isch!»

Dä tapfer Etschluß het wider Sunne bracht. Und me het a d’Hochzyt afa dänke. Gredt het men einschtwyle nume hinder der Chilchen änen oder bim Usryte. I der Neechi vo der Frou Jeanne het me’s no nid gwagt. Um so meh isch me du verwunderet gsi — und nid am wenigschte d’Frou Änneli — wo me der Muetter drübercho isch, daß si in aller Stilli scho rüschtet und i Chuchi, Chäller und Spyschammere kommandiert. Allne vora isch nere jitze d’Frou Änneli a d’Hand gange, nume hübscheli, mit Rat, nid mit Dryreden oder über se wäg befäle. Es isch überhoupt i dene Tage ganz en eigeti Stimmung gsi im guldige Hof. Jedes het dem andere z’lieb ta, was es nume chönne het, wi wenn me nume no drei Tag vor em Stärbe Zyt hätti, nachez’mache, was men öppen anenandere het versuumt gha. Warum o? hätti me das gfragt, so hätten alli zerscht g’antwortet: «He warum? Me tuet’s der Muetter z’lieb! Und de — ds Theterli geit ja de furt! Da dervo darf me niemerem rede. Me darf nid dra dänke, wi’s de nachhär hie sy wird. Nume no di Alten und... ja, d’Chinder; aber ds Eveli isch keis Theterli, und de dä Philipp! Me hätti ja müesse blind sy, wenn me nid gmerkt hätti, daß es mit däm nümme guet chunnt. — Und de der Ritter mit syne fyschtere Blicke! Gar nid z’rede vom Chrieg, wo i der Luft glägen isch, und vo eim Tag uf en andere dür das junge Glück het chönnen e böse Strich mache!» — Ja, so öppe hätti der Bscheid tönt, aber me het sech wohl ghüetet, dervo z’rede.