Text:Rudolf von Tavel/Ring i der Chetti/Kapitel 27

Us der alemannische Wikipedia, der freie Dialäkt-Enzyklopedy

Am andere Morge früech scho chunnt der Ritter, zur Jagd grüschtet, us der Waffechammeren abe. Er lat sech i der Chuchi ne Lädertäsche mit Brot, Fleisch und Öpfel fülle. Undereinisch steit d’Frou Änneli näben ihm. «So allei?» fragt si nume. «Das isch mir dasmal d’Houptsach.» Scho wott er zur Tür uus, da leit si-n-ihm d’Hand uf en Arm. «Hör mal, Adrian!» — Er het druuf zellt, ewäg z’cho, bevor am Schloß d’Fänschter ufgange, und mueß sech zsämenäh. Aber der Muetter lost me. Ds Theterli, meint si, chönni bis zu sym Hochzyt nid hie blyben und no weniger z’Bärn. Si heigi dänkt, me chönnti’s zu de Chloschterfroue ga Inderlache tue.

Jitz doch wider in es Chloschter? Das isch gar nid na ds Ritters Sinn. Si weiß es wohl und isch nid verwunderet, daß er d’Ougsbraue zsämezieht, scho ehnder, daß er na churzem Bsinne, wi vo mene Wätterstrahl dürzuckt, häll ufluegt und seit: «Inderlache? — Guet! — Das passet mir. I gangen über ds Renggli ga Unspunne. Der Wilhälm weiß Bscheid über ds Chloschter.»

«Du gehscht aber nit allei, Adrian! Da obe rum hat’s vielleicht scho gschneit und...»

Der Ritter lachet und fahrt mit der Hand dür d’Luft. «Um so besser! Da gseht me d’Spure vom Wild descht dütlecher. Bhüet Ech Gott, Muetter!» — Und furt isch er.

D’Frou Änneli überleit. Es choschtet se-n-öppis; aber ändlech geit si doch und jagt der Hänsli uuf. Dä het me hütt im Schloß nid nötig. Er isch dem Herr ergä wi ne Hund und kennt d’Gäged. — «Aber daß er nix davon merkt, Hensle, verstande!»

Mit Armbruscht, Spieß und Mässer macht sech e Stund nam Herr der Narr uf e Wäg.

«Potz Donnder naadischt», säge si z’Äschi obe. «ds Hensi wott uf ene Bär los!» und hei für e ganze Tag z’lache.

Der Herr Wilhälm vo Scharnachthal trouet synen Ouge nid, wo der Schultheiß vo Bärn gägen Abe ganz allei im Jegerchittel uf der Burg Unspunnen arückt. Er het aber gar nüt dergäge. Sapperlot, so ne Glägeheit, us Chuchi und Chäller ds Beschte vüre z’reiche!

Aber ds Stuune chunnt bald uf d’Syte vom Herr Adrian, vowägen uf d’Frag na der Schwöschter vom Burgherr, der Frou Elisabeth, wo men im Chloschter weiß, hout der Unspunnener mit der Fuuscht uf e Tisch, daß d’Bächer tanze. «Das muesch du mir säge, Schultheiß! Si isch ja z’Bärn!»

«Sit wenn das!»

«No nid lang. — Aber du chunnsch mir grad rächt. Si isch doch im Chloschter gsi dert äne, hinder em Hoger.» Er zeigt zum Fänschter uus uf e Ruge-Wald.

«Weiß i.»

«He nu. Du wirsch o wüsse, warum. Der Vatter het se doch dert dry verlobt. Aber ihre het’s nid i Chram passet. Und wil si’s anders nid het gseh z’mache, für dem Schleier z’ertrünne, isch si uuf und dervo — mit menen Oberländer.»

«Du wirsch mer wellen e Bär ahänke?»

«Ghüratet und ga Bärn abe, für mir der Prozäß z’machen um ihren Erbteil. Jitz los grad...»

Der Herr Adrian mueß lose. Aber ändlech erwütscht er doch e Glägeheit, für z’frage, ob das Chloschter de so sträng sygi.

«Sträng? — Si isch nid wäge däm furt. Si het vo Afang a nüt als Mannevolk im Chopf gha. — Nei, es isch ei einzigi Heiligi dert, ganz e Heiligi... Eh z’Donner! Du wirsch das wohl wüsse, me seit ja...» Der Herr Wilhälm het undereinisch es paar uheimelig großi, stächligi Ougestärnen uf sech grichtet gseh und drum plötzlech abbroche. Er wüscht mit der Hand über e Tisch, underdrückt es Lache hinder de Stockzähnd und fahrt furt: «Item, also, e Heiligi, ja, und die bättet schynt’s für alli. Di andere mache, was se luschtig dunkt, mitsamt der Priorin.»

— — — — — —

Wo der Herr vo Scharnachthal erwachet, schynt d’Morgesunnen als silberigi Chuglen us em Näbel ob em Männlechen uf Channe, Täller und Bächer. Er isch allei, und wi i mene Troum dämmeret ihm, es sygi vor churzem no eine da mit ihm am Tisch gsi. — Der Spiezer — der Schultheiß —. Syg’s, wi’s well, Troum oder Wahrheit, er schlaft bald wider y.

Zu der Zyt, wo das gscheht, isch der Herr Adrian i der Chloschterchilche vo Inderlache. Ob sy Tochter i d’Obhuet vo dene Froue ghöri, het er scho z’Spiez gwüßt. Für das hätt er nid über ds Renggli bruucht. Er wartet hie uf nen andere Bscheid. Dür e Bychtiger vo de Froue het er ne Pärgamäntstreife la yne gä. Er möchti vo der Heiligen e Losung.

Der Bychtiger het kuriosi Ouge gmacht. Wohär de di Heiligi sötti wüsse...?

«Wenn si e Heiligi isch, so weiß si, was i bruuche», het der Ritter puckt erklärt, und der Pater het mit Spott i den Ouge bim Wäggah brummlet: «Ritter, dein Glaube ist groß!»

Ändlech chunnt er ume. Er macht no nes pfiffigers Gsicht als vori. — Uf em Zedel steit nüt als es sorgsam zeichnets Chrüz. Das isch frylech nid, was der Herr Adrian begährt het, und doch packt ne-n-öppis. Er erratet, was die Losung bedütet, steckt’s zue sech, git dem Bychtiger Gäld für ds Chloschter und geit. Dasmal geit er gäge See zue, zur Burg Wyßenau. Er lat sech es Schiff rüschten und wartet uf d’Ruederchnächte.

No steit er a der Ländti, da chunnt eine dür ds Wydegstrüpp der Aare nah cho z’loufe. — Was söll jitz das bedüte? Der Hänsli!

«Wo chunnsch du här?»

«Herr Schultheiß, fraget mi nid!»

Er erratet öppis und schüttlet nume der Chopf. — E Muetter bringt’s halt nie fertig, ihre Bueb allei la z’loufe.

«Da, Herr Schultheiß», seit der Narr, wo si i ds offene Wasser use chöme, «isch no öppis. Wo-n-i am Frouechloschter vorbygange bi, isch mer d’Türhüetere nachecho und het mi gfragt, ob i nid Eue syg. ‹Von Gott gesandt›, het si no gseit, jitz bruuch si kei Bott z’sueche.» Der Narr lachet uuf: «Von Gott gesandt — i, der Hänsli!» Ja, er lachet und gloubt’s doch eigetlech. «Und das da het si mer mitgä für Euch, Ritter. Es sygi vo der Heilige.»

Der Ritter wigglet es neus Pärgamäntstreifli uuf und list: «Was wilt? — Gotts Sohn hatt nit, da Er syn Houpt hinleyt und dir ist ein Statt worden als Bärn!»

Das isch du ne stilli Fahrt gsi bis ga Spiez. D’Ruederchnächte hei nüt begriffen a dene beide Jeger, wo, d’Händ uf der Armbruscht, dagsässe sy und i ds Schiff ynegstuunet hei, währed doch der ganz Thunersee luter Guld und Blöui gsi isch.

Daheim het der Herr Adrian der größer Zedel i syr Stuben a d’Wand gnaglet, dä mit dem Chrüz het er vo Stund a an ere sydige Schnuer under de Chleider uf em Lyb treit.

Daß er ds letscht Wort vo der Heiligen uf Ärden a d’Wand gnaglet het, isch ihm erscht na Jahre chündts worde, und o der Narr het nüt dervo verno. Bald nadäm d’Schwöschter Angelika dä Zedel gschribe het gha — d’Hand het nere derby zitteret, daß si schier nid het chönne Buechstabe mache — isch nere ds Härz stillgstande. Ds Glöggli vom Chloschter het usgchündet, di Heiligi sygi gstorbe, aber sys Stimmli isch im Ruusche vo de wilde Wasser undergange, und d’Nunne hei’s als Gheimnis für sich bhalte. Bi Nacht und Näbel hei si ihri Schwöschter begrabe. Nid emal d’Tanne vom Rügen und vom Harder hei gseh, wo. Und di einzigi wahrhaft Heiligi vo den Auguschtinerinnen im Bödeli isch nie heilig gsproche worde.