Text:Rudolf von Tavel/Ring i der Chetti/Kapitel 22

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Ds Jahr druuf, a mene heiße Namittag im Ougschte, hei sech der Herr Urban vo Muelere, der Herr Konrad vo Scharnachthal und der Herr Wilhälm vo Diesbach vo Oberhofen uus la über e See ruedere. Si hei zum Herr Adrian welle. Es isch kei Huuch vo mene Lüftli gange, und de Ruederchnächten isch der Schweiß i glänzige Bechli über Bruscht und Rügge grunne.

«Wenn er de nume daheim isch!» seit der Herr Wilhälm.

«Kei Chummer!» antwortet ihm der Muelere, «wo wett er sy? Sitdäm er nümme Schultheiß isch, chunnt er sälte meh vo Spiez furt.»

«Ja, aber», meint der Diesbach, «er het großi Herrschafte. Er chönnti z’Reutige sy oder uf Strättlige. — Es dunkt mi, mer chöme nid ab Fläck. Der Spiezerbärg isch geng glych wyt ewäg.»

Di beiden andere Herre hein es Lachen i den Ouge. Si wüsse, daß der Herr Wilhälm vom Schultheiß — es isch jitz wider der Herr Niklaus vo Scharnachthal — der gheim Uftrag het, cho z’lose, was der Spiezer zum neuischte Bricht us Burgund sägi. Und es amüsiert se, daß der Herr Schultheiß und sy Vertrouesma sech ybilde, der Herr Adrian merki de nüt.

Am Stockhorn äne donneret’s, und di beide jüngere Herre luegen uuf. Ihri Blicke gangen uf d’Ruederer, wi wenn si wette frage: Chönnet dr nid mache, daß es rückt? Der Herr vo Muelere lachet i sy Bart ynen und seit: «I ghöre ne no, der Spiezer, wi-n-er dä Früehlig uf der Rathuusstäge na der Wahl vom Chlous seit: Mira machet! — Er het sech halb z’tod g’ergeret, daß me das Waldshuet het la fahren und Gäld derfür gno het.»

«Und er het rächt gha», antwortet der Herr Konrad. «Was nützen üs di paar Gulde? E feschti Stadt dert usse wär e Handhebi. — Jitz cha der Öschtrycher mache, was er wott, der Adel cha guslen und gusle, und mir hei nume nienen e Lueg-i-ds-Land.»

«Isch es eigetlech wahr, daß der Spiezer geng no ne Stei im Brätt het bim Herzog vo Burgund, bim neue?» möchti der Diesbach wüsse.

«I cha nume das säge», antwortet ihm der Herr Konrad, «der Herzog het mi no jedesmal na-n-ihm gfragt, wenn i a Hof cho bi. Jedesmal — und äbe so, wi wenn er ne nid wetti us den Ouge la.»

Es donneret wider. Hinder der Simmeflueh isch es brandschwarz. Der See isch stahlgrau tschägget.

Ändlech chöme si a d’Spiezernase. «Mer wei hie zueche ha, da wo der Burggrabe zum Wasser abe chunnt», befihlt der Herr vo Scharnachthal, «es pfyft scho über e Strättlige-Hubel.»

«Dert obe steit er», meint der Herr Wilhälm, «er het is gseh.»

Ja, der Herr Adrian steit dobe, a der Brüschtung vom Hof, wi us Stei ghoue. Und so steit er no, wo di Herre ds Fueßwägli uuf chöme, di ygschnitteni Stägen uuf under der Schießscharte vom Eggturm.

Me het sech grüeßt, wi öppe geng, aber der Herr Adrian merkt wohl, daß di drei nid nume so für nüt chöme. Er macht nid längi Komplimänt. «Es macht heiß», seit er, «und es chunnt öppis us em Wätterloch. Syd so guet!» Und mit es paar Handbewegunge het er se dinne, im Saal, a mene währschafte Tisch. Ds Theterli chunnt mit nere Channe, d’Buebe mit Chäs und Brot und Fleisch, und gäb’s lang geit, sy o di beide Froue da.

«Mir hei Neuigkeite», seit der Herr Urban.

«I gsehn ech’s a.»

«Oder wüsset Dr öppe scho, daß der Charolais jitz Herzog vo Burgund isch?»

«Wird nid sy!»

Jitz het er alli Ougen uf sech, am hungerigschte die vom Herr Wilhälm. — Lueget nume!

Dem Herr Adrian sys Gsicht isch wi ne Stei. Er seit nüt. Es isch so still, daß me’s hinder em Schloß, a der Stockhornchetti äne wider ghört donnere.

Dä Bricht het der Ritter vo Spiez in e gwaltigen Ufruehr bracht. Was isch da nid plötzlech alles in ihm wider läbig worde! Da sy si wider vor ihm gstande: der alt Herzog — er het gwüß uf em Totebett nid fyrlecher usgseh als bi läbigem Lyb — und de alli di Lüt um ihn ume! Aber äbe, das alles verflügt jitz wi Näbel vor em Herzog Karl. Jitz — jitz wird de d’Wält öppis erläbe, wenn dä Ehrgyz ab der Chetti chunnt! Mit länge Schritte geit der Herr Adrian uuf und ab — uuf und ab. D’Frou Änneli gseht d’Blicke vom Herr vo Diesbach, wi si mit dem Ritter hin und här gange; aber si kennt ihre Suhn, si bruucht nid z’chummere, er sägi öppis z’vil.

Da steit er undereinisch wider vor em Herr vo Muelere. «Und jitz?» fragt er. — «Isch das alles, was dr mir z’brichte heit?» — «Wär’s öppe nid gnue?» lachet der alt Herr use. «Aber das isch no ds wenigschte. Loset nume, Adrian! — Daß der Erzherzog Sigismund Gäld bruucht, wüsset Dr dänk?»

Der Ritter seit us eim Mulegge: «Nüt Neus.»

«Und daß er zum Chünig vo Frankrych gangen isch», fahrt der ander furt, «und...»

«Dert abgfahren isch.»

«Und du z’Arras mit dem Herzog vo Burgund abändlet het...»

«Und ihm gäge füfzigtuused Gulden alli öschtrychische Herrschaften im Elsaß, Sundgau und Brisgau und Rhynfälde, Säckinge, Laufeburg und Waldshuet verpfändet het, weiß i alls, und daß er uf d’Prinzässi vo Burgund rächnet und meint, er bruuchi de di Pfänder nümmen yz’löse, und daß er der Chünig vo Frankrych und der Herzog und was sünsch no ne Chrone treit, gägen üs ufreiset. Das weiß i alles; aber i weiß o, daß es ihm nüt nützt.»

«Meinet Dr? — Dir wüsset halt geng no nid alles!»

«Nämlech?»

«Daß der Herzog Karl der Hagebach...» Da zuckt der Herr Adrian uuf.

«Zum Gouverneur vom Elsaß gmacht het?»

«Der Ha...?»

«Usgrächnet der Hagebach! Das isch üsi Neuigkeit.»

«Jitz tuet’s es aber!»

«Das bedütet Chrieg mit Burgund», seit der Herr vo Scharnachthal und trummlet mit de herte Rüterfinger uf der Tischplatte.

«Das chunnt scho so», seit der Herr Urban.

«Und geit nid emal meh lang», bhertet der Ritter Konrad.

D’Frou Jeanne weiß gar nid, wi schön si usgseht, wenn ere, wi jitz, d’Angscht us den Ouge zündtet. «Und de ds Waadtland?» fragt si.

«He nu», tröschtet der Herr vo Diesbach galant, «der Herzog vo Savoyen isch verwiche z’Bärn gsi und het neu gschwore, i der große Chilche.»

«Schlächte Troscht!» antwortet d’Frou vo Buebebärg. «Als Verbündete vo Bärn wird er nüt Guets vo Burgund z’erwarte ha.»

«Das wott no nüt säge», seit der Herr Adrian, und zwar mit Überlegung, zum Diesbach. «Das chunnt no nid hütt und nid morn, und bis dahi cha me de no mitenandere rede.»

«Dir müesset de wohl öppe zum Burgunder ryte, Adrian», meint der Herr vo Muelere.

«I gange morn, wenn’s sy mueß. Wär jitz nid sys Letschte dra git, für dä Chrieg z’verha, meint’s nid guet mit Bärn. Das git e böse Handel.»

Mit däm het ds Gspräch afa stocke. Jedes isch syne Gedanke nachegange und het drob ds Rede vergässe. Der Herr Adrian, wi wenn er nid Luft hätti zum Schnuufe, geit i Gang usen und lat d’Türe hinder sech offe. Me gseht ne-n-am offene Gangfänschter gäge d’Wimmis-Flueh use luege, wo d’Abedsunne dür bluetroti Wulke bricht.

«Es verzieht sech», seit er, wo-n-er wider yne chunnt; «Schad, e Schütti hätti wohlta.»

Bald druuf hei d’Ruederchnächten i Chropf yne gfluechet, wil geng no keis Lüftli ne het welle d’Arbeit abnäh. Da het der Ritter vo Spiez dem Schiff no ne Chehr nachegluegt. Mit ballete Füüscht isch er am Bort gstanden und het gseit: «Dir oder ig» — es het dene beide Diesbach gulte — «Frankrych oder Burgund! — Aber es geit um Bärn!»