Text:Rudolf von Tavel/Der Stärn vo Buebebärg/Kapitel 7

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Siebtes Kapitel

Und di glyche Wälle, wo hie däm plagete Härz es Schlaflied gsunge hei, si hei sech bloß es paar Stund zur Rueh gleit im Stouwehr vo der Hüniger Sagi, gäb daß si mit übermüetigem Sprung über d’Brütschen ab wieder uf d’Wanderschaft sy, für z’Dießbach unde der Pfarrer Gryph ga z’wecke. So Früehligswälle trage Läben i ds Land, und Läbe wott Liebi. Drum hei si vor em Pfarrhuus düre gjubiliert so sträng si hei möge, für dä ufz’gusle, wo sech jitz uf d’Strümpf gmacht het, für öppis ga az’bändle. Der Pfarrer het sy Hirtestab dem Hälfer übergä und zum Wanderstab griffe, und d’Frou het ihm e schröcklechi Täsche vo rot und wyß tschäggetem Chalbsfäll a mene breite Rieme mit möschige Schnallen und Ringgen umghänkt und drübery allerhand gueti Rät zur Bändigung vo synen Eigeligkeite mit uf e Wäg gä. Nid daß der Pfarrer öppen aparti gärn gloffe wär, aber e chly uuf und dervo, het sogar d’Frou Pfarrer gmeint, chönnt ihm nume guet tue. Vo Afang a isch si der Meinung gsi, es wärdi bi däm Argonautezug meh für ihre Ma useluegen als für e Herr vo Hünige. Und de chönnti me de ändlich einisch d’Studierstube zgrächtem usruume.

Es isch für Fahrglägeheit gsorget gsi. E Buur het ga Wimmis um nen Erlebachermären uus welle. Und wenn ds Wägeli o ghotzlet het, daß dene beide Manne d’Konture vo der Landschaft i den Ouge geng drü- vierfach erschine sy, so het das ihre Luun nid hert möge schädige. Ds sältmal het me d’Fädere no i Fleisch und Rügg-Grat gha, statt uf den Achse. Und d’Heiteri vom Himmel, der Glanz vo de Schneebärgen und di läbigi Früehligsluft hei under em Hotzle ja nid glitte. Nid viel het gfählt, so hätte di Beide no afa singe zsäme. Je meh si i früschen Ate vom Stockhorn cho sy, descht meh het’s der Pfarrer dunkt, er heig im Talchessel vo Dießbach vergässe, was doch da zringsetum für ne schöni Wält usbreitet sygi. Fascht het er drüber di wichtigi Mission vergässe, wo-n-er sech sälber het uftreit gha. Aber d’Mittagssunnen und der läär Mage hei ne du a d’Nächi vom Zil vo der hüttige Reis gmahnet, und da het er sech du gseit, es würdi sech besser mache, wenn er z’Fueß arückti. «Die Gibeoniter kamen mit List in den Bund», het er dänkt, und so het er bim letschte Wirtshuus vor Chiltderf sym Fuehrme ne Schoppe zahlt und het nachhär mit syne breite Schnalleschueh alli Stoubhüüfli ufgstüpft, so daß er mit tubwyße Strümpfe z’Chiltderf ymarschiert isch. Hätt er nid sy Stäcke so würdig ufgstellt und bi jedem Schritt mit der rächte Hand e Kreis beschribe, wie wenn er der Spitz wett i Ärdmittelpunkt ynebohre, so hätti me gmeint, es chömi e Müllerbursch derhär.

Di luschtigi Witwe z’Chiltderf het geng es offes Oug gha uf d’Landstraß, und sintemal das ekei ougemörderischi Beschäftigung isch, het si der Wanderer vo wytem erchennt und isch ihm a ds Gartetöri etgägegange.

«Eh, Herr Pfarrer! Wo uus? — Wo uus? — Chömet e chly zueche! — Heit Der nid Zyt zu mene Täller Suppe?»

Das het sech guet agla. Und der Pfarrer het nid lang Komplimänt gmacht. Di heiteri Châtelaine het under hällem Lache mit mene Rysbäsen ihre Gascht gstöuppet, und dermit het si ahnungslos sys Härz, wo sech zunderscht i di hochwürdige Pluderhose het verschloffe gha, wieder a sy rächtmäßige Sitz ufegjagt. Bis nam Ässe het me vo allerhand brichtet. Nachhär isch me vor ds Huus a di warmi Sunne ga sitze, und dert het du der Pfarrer di ganzi Notlag vo Hünige der Wittib a ds Härz gleit. Si het alles gschine z’begryfe, nume nid, daß es a ihre wär, der Oberscht vor neren ungschickte Hürat z’bschütze. «Nei, lueget», het si gseit, «hüraten isch guet für einisch, i wett das Gschär nid no nes zwöits mal ha, und vo mym Chiltderf gangen i i däm Läbe nümme wäg, es isch mer z’wohl da. — Aber i wüßt Ech Rat, Herr Pfarrer. Der Landvogt Ragor z’Interlache het charmanti Töchtere, so viel Der weit. Und i müeßt mi wüescht trumpiere, wenn er nid beidi Händ na so menen épouseur usstreckti. I gloub, es wär ganz eso öppis für e Herr Oberscht Wendschatz; er risquierti emel de nid, daß ihm der beaupère tät uf den Agerschtenougen umetrappe. Wenn Dir weit, i giben Ech e Rekommandation. Eso ne course dert ufe tät Euch ganz guet.»

Es het nid viel Überredungschunscht bruucht, für der Pfarrer uf dä Vorschlag machen yz’gah. Und so isch er no am Abe ga Thun gfahre, het dert bi sym Amtsbrueder übernachtet und sech zmorndrischt na nere Fahrglägeheit umta. Es isch e Schiffme vo Neuhuus dagsi, wo no so gärn öpper mitgnoh het. «Mier fahren süscht mit Chalber», het er gseit, «aber mier nähn o ander Lüt, wenn’s grad gäbig isch.»

D’Fahrt der See uuf isch läng gsi, aber so schön, daß es dem Pfarrer rächt erboulech z’Muet worden isch. Es het ne völlig dunkt, er fahri dür e Himmel, wenn ds Schiff eso glatt dür di herrlechi Spiegelung vo dene Schneefälder im blaue Wasser gangen isch. Di nächschti Nacht het er im Pfarrhuus z’Underseen passiert. Gschlafe het er nid juscht herrlech, d’Nächi vo de Bärgen isch ihm uheimelig gsi, und er het am andere Morge Gott danket, daß si nid über ihn här gfalle sy. Für alli Fäll het er sech vorgnoh, sech nid länger i däm Chessel z’versuume als grad nötig. D’Jungfrou het er schouerlech schön gfunde.

Der Landvogt het üse Wanderer zerscht e chly chalt agla; aber wo-n-er du ghört het, um was es z’tüe syg, isch er je länger, descht redsäliger worde. Am Namittag isch di ganzi großi Familie mit dem Pfarrer gägen Uspunne gspaziert, und er het di beschti Glägeheit gha, di füf Töchtere lehre z’kenne. Verwändt nätti Meitscheni sy’s gsi, eis wie ds andere. Und wo si bi mene Halt vor em Ygang i ds Luterbrunnetal alli füfi eis gjodlet hei wie Chüejerbuebe, da het er sech vor Bewunderung schier nid gwüßt z’hälfe. Das müesse frohmüetigi Möntsche sy, het er sech gseit, emel är vermöcht sech nid, eso ga z’singe, wo me doch jeden Ougeblick müeß erwarte sy, daß di allmänds Steihüüfe da oben i ds Rütsche chöme.

Am Abe, wo der Pfarrer und ds landvögtlechen Elterepaar allei gsässe sy, wott der Herr Gryph der Landvögti es Komplimänt über ihri Töchtere machen und seit: «Si sy charmant, eini wie di anderi, i chäm i di gröschti Verlägeheit, wenn i usz’läse hätti.»

Da fallt ihm der Landvogt derzwüschen und seit, offebar zur Wägleitung für en Oberscht Wendschatz: «Me git se vorewäg, dem Alter nah.»

Das het sehr dezidiert tönt, rächt landvögtlech; aber derby het der Herr Ragor nid numen ohni der Oberscht grächnet, sonderen er het o no vergässe gha, daß der vereint Wille vo syne Töchtere ne großi Macht dargstellt het. Bald gnue na ds Pfarrers Abreis isch es im Schloß z’Interlachen uscho, daß der Papa ga Dießbach well zu sym neue Fründ, für Hünige vo nachem ga az’luege, und daß er im Sinn heigi, ds eltischte, ds Charlotte mitz’näh. Und du het es sech du erscht rächt zeigt, daß ds Charlotte und ds Louise und ds Elisabeth und ds Jakobée und ds Judith anenandere ghanget sy, wie Nagelflueh, und daß da geng ds Prinzip gulte het: Alles oder nüt. «Ja nu», het sech der Landvogt tröschtet, «i überlas de dem Oberscht, dä Chlumpe z’verhoue, für was isch me Soldat?»

*

Am Tag, wo der Pfarrer Gryph für en Oberscht uf d’Gschoui uszogen isch, het der Müller ds Wasser abgstellt und mit sym Mahlchnächt ds Wasserrad undersuecht, für z’luege, ob’s nid öppe vor der Schneeschmelzi uf den Ämmetalerbärge no müeß usbesseret sy. Am andere Bort vo der Chise hei ds Käthi und der Töldi zuegluegt. Da gseht undereinisch ds Käthi a der Muur vo der Mühli e Schatten uftouche. Es het nüt derglyche ta, aber gmerkt het es doch, daß es der Chriseggle-Chrigel gsi isch, wo nüt anders im Sinn gha het, als so rächt vor den Ouge vom Müller ds Käthi mit syne caresses cho z’verfolge. Aber dasmal isch er ganz a di Lätzi cho. Ds Käthi het der Schatten im Oug bhalte, der Töldi uf sy linggi Syte gschobe, und wie-n-es der Chrigel hert hinder sech gspürt, macht’s blitzgschwind rächtsum, fasset ne mit dem rächten Arm über ds Gnick, stellt ihm ds Bei und — platsch! isch der «Undervogt» Chopf vora i der Chise. — Öppis eso vo Schadefreud wie i däm Ougeblick isch no gar nie i ds Müllers Gsicht zsämegrunne gsi. Jitz wohl, jitz het er wieder einisch chönne lache, zum erschtemal zgrächtem sit dem große Chrieg. Ds Käthi hingägen isch wie ne Hirz dervogstobe, so daß es dem Chrigel syni uflätige Soldateflüech nümme ghört het. Dä Chätzer het aber gar nid pressiert, für us em Schlamm ues z’cho. Trotz der Gschwindigkeit, mit deren Überfall und Straf vor sech gange sy, het sech dä gribnig Lump scho uf ne Rach bsunne gha. Er trappet i der chalte Glunggen ume, gryft i Sack und tuet derglyche, er heig öppis verlore. Er dänkt, dem Müller well er ds Lache scho verleide.

«Jitz chasch aber luege, daß i my Gäldseckel umen überchume, süsch will der’s de ytrybe!» seit er zue-n-ihm.

«Lue du sälber!» antwortet der Müller, «wäge dyne zsämegstohlne Chrüzer versuumen i mi nüt.»

Aber der Chrigel het nid abgä mit Dröje, bis daß der Müller dänkt het, er well dä Uflat nid no giechtiger mache, sünsch wüß me nid, was er ihm de no areisi. So hei si-n-ihm du beidi, der Müller und der Chnächt, no ghulfe sueche.

Si hätte richtig bis Martistag chönnen im Bach umegusle, vowäge der Chrigel het gar keis Gäld by sech gha. Aber was du früsch und glänzig zum Vorschyn cho isch, das isch der Schlüssel gsi zur Chefi vo der Tante Kätheli. Der Müller het ne syr Tochter gä, das wärd wohl eine vom Schloß sy, emel är kenni ne nüt. Ds Käthi het nen am Griff umegkennt, aber begriffe het es nüt dranne. Jitz wär nüt eifacher gsi als der Schlüssel wieder ga zs’tecke. Daß er fählt, het’s überhoupt erscht jitz gseh. Nume het du ds Käthi der Gwunder gstoche, wie-n-er i d’Chise cho syg, und drum het’s welle luege, was der Oberscht für nes Gsicht machi. Aber, wie’s de geit, wo-n-es ne dem Oberscht bracht het, het’s ihm du nid emal rächt dörfen i d’Ouge luege. Hingäge het’s ihns doch dunkt, der Oberscht heig e chly öppis Ungwahnets i der Stimm, wo-n-er seit: «Wie isch jitz dä dert abecho?» Er het ihm der Schlüssel ender ruuch us der Hand gnoh, ne verwunderet agluegt und gseit: «Dä ghört a ne Schaft im Saal. Gang steck ne!»

Für sich aber het er gseit: «I gseh scho, di tuusigs Häx wirden i nümme los. Das wird schynt’s eso müesse sy.»