Text:Rudolf von Tavel/Der Frondeur/Kapitel 1
1.
Amene herrleche Spätsummermorgen isch e stattleche Herr der Flüelestalden uf gritte, zwüsche Sumiswald und Grüenematt. Scho ufem ganze Wäg het er, sitdäm der Näbel zwüsche de Tannzwisle z’vollem vergangen isch und d’Sunne bis ufe Mieschbode düregla het, linggs und rächts i d’Wyti gluegt. Dert linggs obe, scho chly hinder ihm, isch der Schloßturm vo Trachselwald mit dem ganze Gwicht und Ärnscht vo der Bärner Regierungsgwalt vorem bleichblaue Himmel gstande. Aber nid dert übere hei di merkwürdig glas-grüenen Ougsstärne gluegt. Es wär überhoupt nid liecht gsi z’säge, wohi di Blicke zile. Dä Ma dänkt über öppis nache, wo-n-ihm viel z’tüe git. Und jitz, wo-n-er vürechunt, a obere Teil vom Stutz, dert, wo ds stotzige Bort rächter Hand zrück flieht und der Blick i Talbode vo Waldhus freigit, chrümmt er, ganz ohni’s z’wüsse, d’Finger vo der lingge Hand. Ds Roß blybt stah. Der Ritter luegt zrück und winkt der Chnächt zueche, wo hinder sym eigete Rytroß no zwöi gladeni Packroß nachezieht. Der Herr isch scho usem Sattel, wirft dem Chnächt syni Zügel zue: «Sitz ab!» und geit mit schwäre Schritte ds Bort uuf. Am Waldsoum vorne sitzt er ab. Er mueß eifach hie echly luege. So öppis het er lang lang nümme gseh und isch doch wyt umenandere cho, vo de Niderlande bis nach Sibebürgen yne. — Aber äbe! Settigi Ächer, wo’s ein dunkt, es wäri schad, es Hälmli drabz’rupfen oder ne Schueh druufz’setze, das gseht me dusse fascht nienemeh. Alles verheergget. Niemermeh lüpft e Charscht, niemer säit. Me mäiht ab, was vo sälber errunnen isch. Wenn men überhoupt no cha mähjen und nid d’Sichlen im Gstüüd ebhanget, wo an allnen Orten usem Bode schießt. Und d’Dörfer? — Es dunkt der Herr Houptme Heros Herbort, er heigi no jitz der Hals voll Rouch und Gstank, wenn er a di letschte sächs Jahr zrück dänkt. Vo de Lüte nid z’rede. Hie, wo me vorby rytet, löi sech Frouen und Chinder gwunderig zueche, wünschen eim ne guete Tag, ja, es tuet eim schier wohl, albeneinisch ne Bättler gseh d’Hand darz’strecke, statt daß alles vor eim Ryßus nimmt. Bärner, Bärner, dir wüsset nid, wie guet es euch geit.
Da chöme zu Füeße vom Hubel drü Meitscheni mit Rächen und Gablen uf der Achslen under de Böum vüren und wandere d’Straß us. Si singe. Brav! Rächt heit dr. Es Lied voll Luscht und Liebi, das ghört i di blaui Luft, i dä Guldglanz. Und drüber jage sech, wie wenn e gschickte Täschlispiler sen i d’Luft würf, zwee Finke. — O du schöns Land! Es dunkt ein, alle Fride vo der Wält syg wie us Bränten über di usgschüttet.
Dert unde, vo Lützelflüeh ufe schwümmt o öppis, chly no, wie-n-en Ameiße, ufem guldigen Ährimeer derhär. — Es isch e Rüter. Me gseht nume der Roßchopf und der Ma, rot und wyß. Dä chunt neuen o so derhär, wie wenn alles ihm ghörti.
Undereinisch fah dem Herr Heros syni Ougen afah blitze. Wie-n-e Leu vorem Satz luegt er. — Was git’s? — Dä Rüter da unden und di Meitscheni sy zsämecho. E wilde Göiß het ihres Lied verrisse. Si fahren usenandere wie-n-es Hüehnervölkli underem Stächvogel — i ds höche Chorn yne, und — nei, das hingägen isch mr jitz z’viel. Der Rüter eim nache. Er schwaderet mit sym Chloben i der guldige Schwemmi ume, daß Gott erbarm, und di Meitscheni wehren ihm mit de Gable. Der Herr Heros isch ufgschosse. In es paar Gümp isch er bi sym Roß und im Sattel und, hai, der dürab und wahrhaftig — ja, das isch ihm vo dusse här no im Handgleich — sy Stoßdäge blitzet im Sunneglanz.
«Herrjeses, was gits?» brüelet e Frou dunde vorem Burehus am Stalde, wo si ne gseht vorbyspränge.
Aber wo-n-er, no ganz Wuet und Wehr, vor d’Böum usechunt, i ds offene Fäld, isch der Tanz im Chornacher us. Vo de Meitscheni gseht me nütmeh, und der Rüter chunt cho z’träble, wie wenn er dem Land der Fride z’verchünde hätti.
«I ha’s doch nid ertroumet, was i vori gseh ha?»
Der Herr Heros pariert sys Roß, steckt y und wartet, aber d’Ouge geng no voll Füür, so: wart, dir will i, du übersühnige Strupf! — Di rächti schön gformeti Hand isch dä Ougeblick ganz Fuuscht, wie-n-e hagebuechige Würzechnüder. Aber, wo der Rüter neecher chunt, so daß me sys bluetrote Wams und der wyß Umlegchrage druff scho dütlech gseht, da löst sech di Fuuscht, z’erscht no wie zu mene breithändige Chlapf. Aber undereinisch lugget’s i de Fingergleich, wie zum fründleche Grueß.
Der Rüter, es schöns, jungs Bürschtli, schwankt voll Freud und Ehrerbietung sy große Schlapphuet. D’Sunne fallt uf ne glänzige Schopf vo ganz fyschter cheschtenebruune Haar, wo i schöne natürleche Boucles bis uf di rahnen Achsle falle, und i nes paar blaugraui Ougsstärnen und gsundbruuni Backe.
«Papa! — Papa!» rüeft er scho vo wytem.
Der Herr Heros blybt ganz still, wie versteineret. Er lat sy Suhn zuechecho. Und jitz gits i Chopf und Gmüet vo däm Jüngling es Dürenand. Es zieht ne mit aller Suhnsliebi und Freud zueche. Er merkt wohl, daß der Vatter ne mit großen Ouge schlückt und stolz isch uf ihn, und doch — sappermiesch! — luegt er dry, wie-n-e Chriegsoberscht, wo sys Regimänt muschteret und i jedem Mulegge nes Donnerwätter z’rurre het. — Was für ne Ma, dä Vatter! — Ja, si hei beidi anenandere gnue z’luege. I sächs Jahre cha mängs ändere, wo der eint im schießigschte Wachsen isch und der ander Chrieg über Chrieg düremacht. Der Vatter isch mächtig, groß und breit, sitzt uf sym Roß wie druff gebore. D’Chleider, gääls Hirschläder mit blauen Ufschleeg, sy abgschossen und verrumpfet, aber was für ne schöne Chopf sitzt uf däm wyße Spitzechrage! Der Bart, einisch exakt na däm vom Schwedechünig gschnitte, isch uf der länge Reis echly i d’Breiti gwachsen und hanget jitz mit de blunde Boucles zsäme. I den Ouge flämmlet öppis, wo der Bueb no nid rächt z’düte weiß. Vo obe bis unde, um und um muschteret ne der Vatter. Natürlech het er scho gmerkt, daß dem junge Herr Gideon sys Roß a der lingge Hinderfeßle ne-n-abgripsete Fläcke het.
Grüeßt hei si sech, wie Vatter und Suhn, wo enandere so lang nümme gseh hei, sech öppe grüeße, und als wohlerzogene Jüngling het der Gideon syni Lippen uf ds Vatters Hand drückt.
«Wo chunsch du här?»
«Vo Brandis, Papa. Dert han i sit acht Tagen uf Euch gwartet und bi all Tag einisch oder zwöimal hieufe gritte, mängisch no wyt über Sumiswald use. Si hei mi z’Brandis afangen usglachet.»
«Was macht d’Mama und ds Annelor?»
«Si sy zwäg und blange na-n-Ech.»
«Und sünsch? Isch alles i der Ornig i der Turnälle?»
«Alles.»
Das hei di Beide scho im Wyterryte zsäme gredt.
Uf eismal het der Vatter still. Ohni nes Wort z’säge, luegt er uf das vertrappeten und verrittene Chorn, und du bohret er syni Blicken uf ds Sühnli. Das git’s bald uf, der Verwunderet z’spile.
«Di dumme Babeni hei Angscht gha vor mr», seit der Herr Gideon.
«Und du bisch ne du i das Gwächs yne nachegritte, für ne z’säge, si heige nüt z’förchte? — Warum hei si Angscht gha?»
«Si hei, gloub, gmeint, i well ne-n-a ds Läbige.»
«Dummi Meitscheni, so öppis ga z’meine! — Aber, weisch was, wenn du nid der Junker Heros Gideon von Herbort vo der Turnälle wärisch, du lägisch jitz dert obe vor de Böum im Gras, grüen und blau verhoue, und zwar vom Herr Heros von Herbort. — Settigs macht me nid. Und am allerwenigschte mache jungi Lüt us üsereims Familie so öppis. Ja, wenn’s nid so lang wär, sitdäm mr is zum letschtemal gseh hei und i nid ds Härz so voll Dank derfür hätti, daß i wohl und gsund ume daheim bi i üsem herrleche Land und i di so guet zwäg und hälluuf umegfunde ha, i hätti di trotz allem verhoue. Daß ds nume weisch! — Dir wüsset nid, was dr heit, dir, wo di ganzi Zyt hie ungsorget heit chönne läbe, währed dusse, i der wyte Wält änet de Bärge, alles im Eländ verräblet. Aber so chunt’s äbe. Statt daß me Gott uf de Chneue danketi für alles Guetha, vertrappet men enand im Übermuet ds Brot. — Hesch du daheim settigs o im Bruuch?»
«Nei, Papa, gwüß nid. Es isch mi nume vor luter guetem Luun acho.»
«So? Bisch du öfters so gueter Luun?»
«Ja, geng, aber es breicht sech doch de nid...»
«All Tag, daß me hübschi Meitscheni uf der Straß atrifft, he?»
«Nei, i meine nume...»
«Du weisch jitz, was i meine, he? — Wenn i no einisch öppis eso merke, so tuen i di für acht Tag bi Wasser und Brot hinder Schloß und Rigel. Jawolle, i sälber.»
Vo da-n-ewäg bis a Stutz vo Brandis hei si nüt meh zsäme gredt.
Dä Epfang oben am Flüelestalden isch scho nid so ganz das gsi, was sech der Herr Gideon sit Wuche vorgstellt het. Isch er öppe nid druuf us gsi, sech usez’putzen und dem Papa z’zeige, daß öppis us ihm worde sygi? Und jitz die chalti Schütti! Und de äbe... dem Jüngling isch erscht jitz so rächt klar worde, was es für ihn bedüti, wenn de der Papa wieder daheime sygi. Us und fertig mit der guldige Freiheit! Folge, folgen und no einisch folge! — Es dunkt ne scho alles wie under trüebem Himmel, wenn er a daheime dänkt.
Ganz anders isch dem Vatter z’Muet gsi. Het ihm ds Härz scho glachet obem Anblick vo der schöne Heimet, so isch sys Glück z’Glanzem ufgloderet, wo-n-er sy Bueb umegseh het. So-n-e schöne Kärli! Und daß er däwäg im Zug isch, übermüetigi Streiche z’mache, das isch mr grad rächt. Viel lieber als e luemi Schlafchappen oder e Pipäpel. Grad exakt, was es bruucht, für us Land und Lüten öppis Rächts z’mache. Dä will i jitz de i d’Finger näh. Mit Stolz het er uf dä jung Rüter gluegt. Nume gschwige het er, für nid dür sy heitere Luun ume dürz’tue, was er ihm afange beizt het. — Dublet hingäge wird nid. Me zahlt grad mit barer Münz. Es Donnerwätter, daß ds Hus bis i Chäller waggelet, und dernah wieder früschi Luft.
«Bin i suber ufem Chrage?» fragt er unden am Stutz zum Schloß Brandis. D’Frou Schwägerin söll nid müesse dänke, er heig im Chrieg alli Gattig verlore.
Der Gideon reckt sich i de Bügel und luegt. «Ds Glette hätt’ er nötig, aber suber isch er.»
«Guet, das isch d’Houptsach. — Wie isch d’Tante? — Het si geng no so scharfi Ouge?»
«O ja, si gseht alles. Und gwunderig isch si. Si freut sech wie-n-es Chind uf Euch.»
Im Schloßhof obe hei scho d’Hünd agä, und bald druuf isch di chlyni Caravane dür ds fyschtere Tor ynen und het vor de Ställ Halt gmacht. Vatter und Suhn hei ihri styfe Bei gstreckt, d’Chleider und Bandelier zwägzupft, der Stoub vo de große Filzhüet blaset und sy d’Freistägen uf, i d’Landvogtei.
«Sy mr eigetlech ufem lätze Bode?» fragt der Papa Herbort, wo si i mene gwyßgete Vorplatz standen und niemer es Oug für se het als en alte Harnisch, wo mit läärem Visier vo der chalte Wand uf sen abe glotzet.
«Nei nei,» seit der Gideon, «chömet nume!» Er geit vora i ne gwölbte Gang und tuet dem Herr Heros d’Türe zu mene Saal uf. «I will ga luege, wo si sy.» Das macht er uf ne-n-eigeti Manier. Er stellt sech z’mitts i gwölbte Vorplatz und lat e Jodler los, daß es nume so dröhnt.
Underdesse luegt der Herr Heros echly um sech. Er isch no nie da inne gsi, vowäge sy Schwager, der Brueder vo der Frou Herbort, isch erscht sit drüüne Jahre hie Landvogt, und der Herr Heros het usser der Turnällen und der Stadt Bärn no wenig gseh gha vo syr Heimet. Er isch no nidemal so alt gsi wie sy Bueb jitz, wo me ne-n-i di wyti Wält usegschickt het, z’erscht als Page a kurpfälzische Hof und du ga Paris. Und du het’s ne-n-i große Wirbel vom Chrieg gnoh und hiehi und derthi treit, zletscht zum Schwede-Chünig, bis der Tschuep usgsi isch. Und zwüschenynen isch er hei cho hüraten und hätti sölle z’Bärn Fueß fasse; aber es het ne nie lang glitte. So daheim hocke, chly bure, chly mitregiere, Frou und Chinder goume, uf nes Amt passe — m’m. So lang daß dusse d’Kanone donneret und d’Trummle bället hei und guete Soldaten alli Türen offegstande sy, het sech eine wie der Herr Heros Herbort nid chönne daheim stillha. — Jitz hingäge het er Chriegs gnue gha bis über d’Ohre.
«Schön da», seit er so für sich. Eichetäfel. E gschnitzti eichigi Dili. E große Chachelofe mit allerhand mythologische Helge dranne. Aber ds Schönschten isch halt doch der Blick dür di offene Fänschter, über ne breiti Terrassen und über ne Wald wäg, wo der Bärg uf graagget und mit den oberschte Zwisle scho über d’Brüschtung yne luegt, uf d’Ämmen aben und i ds Bigetal übere. Alles waldig und vollsaftig grüen. Wie mit silberige breite Fäcke decke z’mitts i de wüehlige Hoschtette d’Firschte vo freie Bure ne Hablechkeit — schöner nützti nüt. Hie wär’ no öppis z’mache. Hie sötti me chönnen als Fürscht regiere, nid für sen usz’sugge, nei, jede müeßt sy Sach ha, daß men uf ihrem Glück würdi schwümme. Nüt nähm’ i ne-n-ab als d’Sorg ume Fride, d’Sorg für ds Ganze, daß schön alles binenandere blib und kei Frömde dörfti dry rede.
Aber wo, zum Tuusig, blybe si o? — Si hei mi doch erwartet? — Frylech hei si, Herr Heros. Zwar, der Herr Landvogt het syni Gschäft nid dörfe la ligen und Ech uf allne Wägen etgägeryte, er het grad juscht eine vor gha, e liederleche Bursch, und ihm zuegredt, ds Läbe syg en ärnschti Sach, wo dem Herr Gideon sy Jodel dür ds Hus gfahren isch. Und d’Frou Landvögti, die het ja scho sit Tage passet und passet und isch vor luter Losen ufe Roßtrapp nume no halb bi der Hushaltig gsi. Si het natürlech o nid acht Tag lang chönne gsunntiget vorem Hus oder am Fänschter sitze. Aber jitz isch si sech ga schön machen und no ne letschte Pfiff i d’Chuchi ga tue. — Ah, der Herößli! Isch er nid eini vo ihrne schönschte Jugederinnerunge? Ja, wär weiß, wenn er nid so lang und grad i de wichtigschte Momänte so wyt ewäg wäri gsi...? Dennzumal, wo-n-er umecho isch vo der Kurpfalz, da isch under de Meitscheni z’Bärn nid mängs gsi, wo nid über alli Bärge mit ihm gange wär, bis i d’Möntschefrässerei hindere, wenn’s sy müeßti. Und sithär het me geng meh von ihm ghört, wie-n-er gschetzt sygi und Chances heigi.
Ändlech geit d’Türe wieder. Der Gideon chunt yne: «Si chunt, und dunde schmöckt’s na Bratis, Papa, Dir chönnet Ech freue.»
«Wär si? Was isch das für nes Rede?»
«D’Tante-Gotte. Si het, gloub, extra Toilette gmacht für Euch.»
«Hm.» Der Herr Heros lachet uf de Stockzänd. Er luegt über sys Läderwams abe. Gschrümpfelet, sogar echly gschmüselet. Di blaue Lätsche mit de silberigen Aiguillettli, wo i der Taillen ufgnäiht sy, hätten übel nötig under nes heißes Yse z’cho, wenn es sech überhoupt no derwärt isch. Aber der Herr Heros isch nid verläge. Er kennt d’Wält, er kennt d’Froue. Wo me zum erschtemal uftouchet, zwüschen andere Manne, ja, da chunt’s no chly druuf a, daß eine mit der Alegi na öppisem usgseht, aber da, wo men ein kennt und weiß, wär men isch, het das wenig meh z’säge. Da mueß me nume der Ma zeige, der Fäger, wo syr Sach sicher isch. Und er het sech o dasmal nid verrächnet. Wo d’Frou Anna vo Freuderych ynechunt i himmelblauem Sammet, wie für an es Hochzyt, het si meh Härzchlopfen als ihre Gascht, wo dasteit: weit dr lieber Magdeburg oder Lüttich? Und wenn de so eine sech zuechelat, di ganzi Leuemähne vürehänkt und Ech e Handkuß appliziert, Frou Landvögti!
Richtig isch si du o vora gsi mit Excuses, daß me ne so lang heigi la warten und daß nid emal öpper umewäg gsi sygi, für ne z’epfah. Und är seit, das chönni niemer vo ihren erwarte, wenn eine wie-n-e Pandur derhär chömi und eim na Panduremanier i ds Hus falli.
Syni Blicke hei sech e Momänt a de graue Fäde versuumt, wo dür ihres Haar loufe. Myn Troscht, wie gschwind geit doch alles, dänkt er, und si gspürt ihm’s a und schwygt. Und är schwygt o. Er luegt zum Fänschter us und lat syni Gedanke vorusflieh, ds Bigetal uf, änen abe, i d’Turnälle. Het si ächt o scho graui Fäde, sy schöni Frou? Abah, grau oder nid grau, er freut sech uf se.
Si hei nid lang Zyt, über settig Sache nachez’dänke. Me ghört schwäri Schritte. Der Landvogt chunt. Er füllt d’Türe no besser als der Herr Heros und mueß sogar der Chopf echly abeha, bis er über di höchi Schwellen isch. Si schüttle sech d’Hand, di beide Schwäger. Und du fragt der Landvogt: «Het’s dr nid gwohlet, wo d’ übere blaue Bärg ynecho bisch?» Der Herr Heros ghört dadrus e Vorwurf vom Brueder vo syr Frou, und er antwortet: «Me cha halt nid geng, wie me wott. Es geit use ringer als hei.»
D’Frou Landvögti het mit ihrer Chuchi derfür gsorget, daß me vergässe het, hinder de Worte geng no öppis anders z’sueche, und es isch ne wohl und wöhler worde derby. Me het ordlech i Namittag yne g’ässen und sech du Zyt gnoh zum Verschnuufe. Das wott säge, daß di beide Herre, jeden i sym apartige chuelen Egge, ds Chini ufe wyße Chragen abedrückt, vergässe hei, de Fliege z’wehre. Lachet nid! Rytet a mene warme Summertag vom früeche Morgen a eui sächs Stund und blybet de na mene settige z’Mittag hälluuf! Der Landvogt, ja, dä isch nid im Sattel gsi, aber i der Audiänzstube. Und de so a mene Samschtignamittag Akte läse mit nere halbe Maß Lacôte im Mage!
Es isch durschtig Wätter gsi, wo si enand na de Viere wieder gfunde hei under der Linden uf der Schloßterrasse, so daß es der Frou Landvögti ganz vo sälber z’Sinn cho isch, di großi zinnigi Channe la nachez’füllen und dert use la z’bringe.
I weiß nid, isch es pure Gwunder gsi oder was; aber der Pfarrer vo Lützelflüh het, sitdäm di Herre Herbort am Pfruendhus vorby gritte sy, keis Sitzläder meh gha daheime. Es isch nid all Tag öpper usem Chrieg heicho, emel nid öpper, wo im Fall wär, echly z’brichte, was dusse gangi. Der Friden isch underzeichnet gsi, das het men afange gwüßt, aber o, daß es geng no rumoret i der Wält. Und vo däm, was vorus gangen isch, het men i der Schwyz no lang nid gnue ghört gha. So isch du o niemer hert verwunderet gsi, wo zu dene gwichtige Mannen under der Linde sech no der Pfarrer — o nid juscht e liechte — zuechegla het. Sünsch sy Pfarrherren a mene Samschtigabe nid z’ha; aber äbe, wenn e Herr Heros dür ds Dorf rytet und uf der Schloßterrassen erzellt...!
Grad vori het d’Frou Anna nam General von Erlach vo Chaschtele gfragt, und bald isch es eim gsi, es standi bi dene drei schwäre Manne no e vierte, ganz e große, gwichtige — so isch der Herr Heros läbig worden obem Erzelle vo däm gwaltige Bärner.
«Jitz sy’s grad drei Wuche, daß i by-n-ihm gsi bi z’Breisach,» brichtet der Herr Heros, «und sithär lat mr kei Rueh meh, was i dert gseh und ghört ha. I bi du ufem Heiwäg no z’Chaschtele vorby, wil i öppis für ihn ha usz’richte gha.»
«Das söll gar schön sy», gwunderet d’Frou Landvögti.
«Ja, potz Wätter! Es isch sech derwärt, ga z’luege», fahrt der Schwager furt. «So öppis git’s sünsch nienen i der Schwyz, i cha dr’s säge. Aber es isch no nüt gäge ds Hus, wo-n-er z’Breisach füehrt, wo Fürschte, Minischter, Generäl zuechesitze, wie mir jitze z’Brandis. Du machsch dr gar kei Begriff dervo. I ha doch mängs gseh; aber i säge dr, es isch wie-n-e Fürschtehof. Und är geng der glych. Wenn me dänkt, was alles vor ihm uf de Chneue lyt und was er dertusse bedütet als Gouverneur und als Kommandant vo der Armee Turenne — und geng glych nätt gäge syni alte Fründen und Kamerade. — Aber äbe... z’dänke, daß das alles jitz de fertig isch!»
«Was fertig?» Der Landvogt trouet synen Ohre nid.
«Ja, loset nume! Das isch äbe ds Neuischte. Vo ihm sälber han i’s. Dir wüsset doch: z’Lens, färn, wär’ di französischi Armee verhoue worde, hätti nid der von Erlach im letschte Momänt mit syne Resärven alles wieder i ds Blei bracht.»
«Der Chünig het ihm ja druuf abe der Marschallsstab versproche», wirft der Landvogt derzwüsche.
«Frylech het er. Aber Versprächen und Halten isch äben o amene Chünigshof zwöierlei. Zächemal für einisch hätt’ er ne verdienet. Wo wär di französischi Armee, wenn är se nid wieder zsämebracht hätti? Isch öppe nid alles us Rand und Band gsi, wil niene keis Gäld meh ufz’tryben isch? Sit Moneten und Monete sy si ne der Sold schuldig. Der Chünig weiß es, daß nume no der Chaschteler das Volk binenandere bha het, wil er wytumenandere der ehrlechscht und brävscht Soldat isch, di alti Chünigin weiß es, der Kardinal weiß es, der Mazarin. Alli hein ihm’s schwarz uf wyß verdanket. Aber jitz, was gscheht? — Statt daß der Kardinal denen Uszeichnung und Lohn gäb, wo der Thron grettet hei, geit der ganz Säge vo Avancements, Uszeichnungen und Donatione grad juscht uf d’Frondeurs und Verräter, und die, wo ds Verdienscht hei, gange läär us. — Staatsraison! — Hä, wie findet dir das?»
«Was weit dr! — Das isch halt der Franzos. So sy si äbe. Es isch no jede bschisse gsi, wo de Franzose dienet het», rurret der Landvogt.
«Oder villicht ehnder der Katholik», meint der Pfarrer.
«Oder,» ergänzt der Herr Heros, «oder — o ganz eifach der Möntsch.»
Der Gideon springt uf: «Dä Kardinal ghört a nächschte Boum ghänkt.»
«Gang mach’s!» lachet der Landvogt use. «Lue, da hesch e Schnuer!» Dermit zeigt er uf nes Ändi Wöschseil, wo uf der Muure lyt. Und d’Frou Landvögti zieht der Gideon mit mene Blick voll Byfall und Freud a der Juged zue sech ufe Bank.
«Und jitz?» möcht der Landvogt wyter wüsse. «Si wärde ne doch nid uf d’Syte schiebe? — Oder wirft er ne-n-öppen us Verdruß der Bündtel vor d’Füeß?»
«Nid wäge däm. Das wär nid sy Art», fahrt der Herr Heros furt. «O nid will er chrank isch — er isch nämlech z’grächtem chrank, und me gseht ihm’s a. — Nei, aber wil der Kardinal das ganze Frondeurspack amnestiert und dem General di abtrünnigen Oberschte wieder i d’Armee ynegschobe het. Uf das hi het er ne du halt gseit, mit settige Burschen i der Armee chönn er für nütmeh guetstah. Bis jitz heig er Disziplin und Ornig gha, aber wenn er syne Regimäntskommandante nümme chönni troue, so syg’s halt fertig. Lieber gang er ohni Marschallsstab, aber mit nere spiegelblanke Reputation ab.»
«Und isch würklech gange?» fragt der Landvogt.
«Vo der Armee, ja. Er isch bloß no Gouverneur vo Breisach. Und dir wärdet gseh: o das nümme lang. Nid daß er ds Vertroue vom Hof nümme hätti, im Gägeteil, me tuet ihm schön, und der Kardinal macht ihm Vorwürf, daß er nid gseit heigi, was ihm nid rächt sygi. Me hätti ja alles wieder chönnen yränke.»
«Hindedry?» brummlet der Landvogt.
«Chönne tät er alles, der Kardinal. Was bringt so eine nid z’stand? — Nei, aber der General isch e chranke Ma. Wär cha säge, was z’erscht cho isch, d’Chrankheit oder der Erger? Wenn er’s übersteit, so chunt er als brochene Möntsch uf sys schöne Chaschtele zrück. Und was het er de no dervo?»
«Und isch doch no gar nid alt», seit d’Frou Anna.
«Vierefüfzgi.»
Der Erger het di Manne packt, und es het e Stilli gä. Der Landvogt nimmt e Schluck und luegt nachhär lang i sy Bächer, wie wenn er dert drinnen irged e Dütung gsäch vo dene Sache. Der Pfarrer isch o i ds Dänke versunke, währed der Herr Heros ufspringt und närvös uf der Terrasse hin und här louft.
D’Frou Landvögti luegt vo eim zum andere. Ihre geit villicht ds Mißgschick vom General no am meischte z’Härze. So-n-e herrleche Ma! No nie het’s e Bärner so wyt bracht gha. Alles het zuen ihm ufegluegt. Di Mindere hei sech vor Chyb und Nyd an ihm überworgget. Der Rat z’Bärn hätti ne-n-übel nötig gha und’s nid chönne schlücke, daß er nid z’Bärn inne sitzt, und doch, wenn er dert blibe wär, so wäre di halben a syr Größi erstickt. E herrleche Ma, e schöne Ma. Me erläbt kei settige meh. Und jitz söll dä mit verhouene Flächsen i sys Bärgschloß zrück und z’mitts i där Pracht und Herrlechkeit, wo-n-er sich sälber ufbouet het, am Undank verblüete! Es isch nid z’ertrage, e settige Gedanke. So dänkt d’Frou Landvögti, und das isch’s ja o, was di Herre macht z’schwyge. Sogar di hällen Ouge vom Gideon, wo no nid a d’Schlächtigkeit vo der Wält hei glehrt gloube, luege stober uf di Alte, und wär weiß, i däm junge Härz voll heißem Bluet förmet sech jitz es Glöbnis, e Verheißung: Wartet nume, wenn mir Jungen einisch dra chöme!
«Mueß das de eigetlech geng eso gah i der Wält,» fragt d’Frou Anna, «daß di Beschte grad a der Schwelle vo ihrem Glück mit ds Tüüfels Dank söllen abträtte?»
«Ja,» rurret der Landvogt und schiebt der Bächer vo sech, i Tisch yne, «solang daß d’Ämme da unde nid umchehrt und wieder zum Hohgant ufe louft.»
Und der Pfarrer, wo der Ydruck het, d’Frag vo der Landvögti sygi a ihn grichtet, seit: «Das isch Möntschenart und blybt Möntschenart. Das isch der Ahasverus, wo unerlöst dür d’Wält louft. Üse General in allen Ehre, aber dörft er es bessers Gschick für sich in Aspruch näh als der Heiland?»
Der Herr Heros blybt vorem Pfarrer stah: «Ahasverus? Wieso?»
«Heja,» seit der Pfarrer, «so isch es halt. Der gchrüziget Heiland isch ds Resultat und der Spiegel vo der möntschleche Politik und Jurisdiktion, und solang der Möntsch das nid anerchennt und nid uf sy eigeti Grächtigkeit verzichtet, mueß er rueh- und raschtlos Böses tue.»
«Dir meinet der Kardinal und di andere Regänte?»
«I meine der Möntsch, der gottvergässe Möntsch.»
«Der gottvergässe Möntsch? Guet,» fahrt der Houptme Herbort furt, «aber der Kardinal, der Chünig, d’Regänti und alli ihri Trabante sy doch frommi Lüt. Si hei der Cruzifixus all Tag vor Ouge.»
«Alles Komedi und Bländwärk», seit der Landvogt mit der ballete Fuuscht ufem Tisch.
«Das wett’ i no nidemal säge,» meint der Pfarrer, «solang si i der Chilche sy, sy’s villicht di brävschte Lüt. Aber si bschließe der lieb Gott i der Chilchen y und vergässe ne derwyle. Me sötti d’Chilchstüre nid vo usse chönne verrigle. D’Wält söll me nid i d’Chilchen yne trage, aber ds Heiligen use, i d’Wält, ohni se z’erscht müesse z’frage.»
«Syg’s, wie’s well! Jedefalls bruuchti’s nid z’sy, wie-n-es isch,» schnydt jitz der Herr Heros ab, «i nimen a, Dir heiget Eui Predig für morn gmacht, Herr Pfarrer, sünscht müeßtet Dir mr eini extra mache, für üs nachez’wyse, daß d’Wält es Paradies chönnti sy, wenn mir Möntsche nume wette. Dänket Ech nume nes paar Manne wie der General, nähmet vo üs andere der guet Wille! Lueget mr das Land a, da z’ringsetum, üses brave Volk, und säget mr no, me chönni dadrus nüt mache!»
«Herr Houptme,» seit der Pfarrer, «my Predig isch gmacht, ja, aber i machen Ech für morn e neui, eini wo-n-Ech, will’s Gott, nid söll reue ghört z’ha.»
«Guet, Herr Pfarrer! So syg’s! I freue mi druuf.»
Der Landvogt lachet i sy Bart yne. «I freue mi o druuf; aber das leit an ere neue Channe nüt i Wäg. Es geit de grad i ei Lätzge, gället, Herr Pfarrer. — Nei nei, der Donnerli nei, Herr Pfarrer, die müesset Dr jitz no mitha. Der Aben isch de no läng gnue für Eui Predig. Dir schöpfet ja usem Volle, und e guete Schluck git Ech der nötig Trib. — Also, Gsundheit uf — uf... was wei mr säge? Uf ds Glück vom Bärnervolk!»
«Da cha me nid anders», antwortet der Pfarrer. Und d’Bächer hei gchlefelet.
Ob der zwöite Channen isch du der Herr Heros i ds Erzelle cho, und ungsinnet isch es nötig worde, um ne dritti z’rüefe. Der Pfarrer isch ufgsprunge: «Jitz hingäge — nüt für unguet, Herr Landvogt, Särviteur Frou Landvögti — jitz mueß i hei, sünsch...»
«Eh warum nid gar! Bi där Hitz überchunt me ne trochene Hals, Herr Pfarrer!»
«Besser das als en ersof... en ertrunkeni Predig! Adieu, ihr Herre!»
Der Pfarrer isch mit es paar Särviteurs und dezidierte Schritten umen Egge verschwunde, und di Herre hei glachet.
Gäb si a di vierti Channe sy, het me du der Gideon gschickt, dem Herr Landvogt sy Choli ryte, und d’Frou Anna het sech im Hus Arbeit gmacht.
Du seit der Landvogt zu sym Schwager: «Das hättisch du nid sölle mache. Ne Pfarrer mueß me nie um ne Predig gusle. Du weisch nie, was dadrus wird. Das isch grad, wie wenn men öpperem carte blanche git, eim vor aller Wält ds Mösch z’putze. Und wenn eine de da no mit mene Mage voll Lacôte derhinder geit! Sapperlot, das chönnti de hitziger yäsen, als eim lieb isch.»
Der Herr Heros lachet hälluuf: «Nume druuf mit der Läderfiele! I ma no öppis erlyde. Hättisch sölle ghöre, was eim da usse di Fäldkaplän mängisch gseit hei.»
«Ja ja, scho rächt. Aber ganz ohni Gspaß! Lue, du weisch jitz halt no nid, wie giechtig es hie isch. Es muttet öppis. D’Bure sy ufsetzig. Währed dem Chrieg hei si Gäld gmacht wie Heu. Jitz, wo si dusse sälber wieder afah schaffe, fallt und fallt hie alles. Ds Vieh gilt nume no ds Halben und ds Fuetter und d’Frucht erscht rächt. Aber d’Gültzinse blybe höch. Und zu allne Löcheren yne — ne t’en déplaise — chöme Chriegslüt, wo nütmeh z’tüe hei. Das wott alles g’ässe ha, und de no wie! Di usgspennete Mäge cha me nid undereinisch um nes paar Löcher änger gurte. Das heißt, me mueß äbe; aber e gschnüerte Mage macht ein schlächter Luun. Me cha jitz nid hübbeli gnue trappen und nid fescht gnue sy. Und wie liecht seit e Pfarrer, er ma’s no so guet meine, öppis Ungschickts über d’Regierung. Du gloubsch gar nid, wie schwär das jitz für üs Amtslüt isch. Si troumen äben o vo mene Paradies uf Ärde, d’Bure, und meine, si hätte’s, wenn me nume si ließ la mache. Üs Herre wird alles übel usgleit, me ma bald sägen und mache, was me will, so finde si in allem nume böse Willen und Übermuet. Und de git’s de no deren Eslen under üsne Lüte, wo nüt merke, de Bure, wo müglech grad de giechtigschte, bim Jagen oder sünscht us Kommoditet oder Dummheit dür ds Gwächs ryten oder obenabe rede mit ne. Es vergeit e kei Sunntig, wo nid na der Predig der eint oder ander Bur öppis eso chunt cho chlöhne. I säge dr: wenn mr so-n-es Kamel vo menen übersühnige Junker i d’Finger chunt, dä cha sech freue. Da git me sech e Hundsmüej, Öl i d’Reder z’bringe, und de chöme si eim de us luter Gedankelosigkeit alles cho z’Schande mache, so Stadtbuebe, wo einisch de sälber sölle regiere.»
«Ja, das isch ergerlech», seit der Herr Heros und steckt sy Nase tief i Bächer yne.
«Ja ja,» hänkt der Landoogt no a sy Red, «es wär’ öppis z’mache, wie du seisch. Aber vo däm Paradies sy mr wyt ewäg, schuderhaft wyt. Du und i erläbe das nümme. Und wenn üsi junge Lüt nid besser begryfe, was es bruucht und was si dem Landvolk schuldig sy, so chunt’s überhoupt nid guet.»
Si hei no gnue gha z’rede, für sech churzi Zyti z’mache. Der Herr Heros, geng no voll Yfer, syni Ideal i ds Wärk z’setze, het’s hinecht vorzoge vo synen Erläbnis z’erzellen und dermit sy Schwager vo de landvögtleche Sorgen abz’bringe.
Wo si du ändlech z’Sädel gange sy mit nere meh als nume gsunde Bettschwäri, seit der Papa zum Gideon: «Morn wei mr de früech uf, es pressiert mr für hei.»
«Und de di Predig, Papa?» fragt der Bueb, scho ganz nach am Yschlafe.
«Die chönne de ander Lüt für üs lose. — Übrigens, i will dir de underwägs oder daheim scho predige, a mene Kapuziner z’trotz. Du söllisch nid z’churz cho.»
Der Gideon het no einisch der Chopf uf und luegt verwunderet zum andere Bett übere, öb’s Gspaß sygi oder Ärnscht. Aber der Chopf isch ihm uf ds Chüssi zrückgfalle, no gäb er en Ufschluß übercho het.
Zu sälber Zyt isch me mit der Sunnen ufgstande — o wenn me villicht chly ne schwäre Chopf gha het. Am füfi scho het der Papa Heros am offene Fänschter sy Leuemähne gschüttlet und syni Blicken über di waldige Huble la stryche, wo in ere wundervolle Suntigsstilli dagläge sy, blau und duftig. Nume di oberschte Zwiselzylete hei im Sunneliecht gflämmlet. Hätti me nid der Ate vom Ämmetal, ds Ruusche vo der Ämme, tief unden im Schachegstrüpp ghört, me hätti chönne meine, me sygi über Nacht i d’Ewigkeit überecho. Nei, seit sech der Houptme Herbort, i wott mr der Ritt dür di Herrlechkeit nid mit Abekapitle verhunzen und dem Bueb o nid. Mr wei das lieber vorusnäh.
«Gideon!» donneret er i d’Stuben yne. «Philischter über dir! Uf! Vüre mit dr!»
Und wo sech der Jüngling d’Ougen uswüscht, steit scho der mächtig Schatte vo sym Vatter a der Bettstatt.
«Uf!» seit er no einisch, «gang, jag der Swatopluk usem Strouh und bring mr us myr lingge Satteltäsche das grüene Seckli ufe. Schick di, mr wei mache, daß mr furtchöme, gäb’s heiß wird. Es chönnt übrigens gäge Mittag es Wätter gä. Lue dert di rote Streifen am Himmel!»
Der Gideon luegt unglöubig us sym verchuzete Haarheuel i d’Stuben use, währed er syni Füeß übere Bettladen abestreckt.
«Weit Dir würklech scho dä Morgen ufbräche?» fragt er.
Was bisch du für ne Prachtskärli, dänkt der Houptme, wo-n-er sy Suhn betrachtet, du wirsch mr no öppis astellen i dym Läbe, wenn du de z’grächtem erwachisch. Aber wart nume, di will i de scho abbiege!
«Ja», seit er lut. «Und damit du weisch, warum, will i lieber grad rede. Weisch, was der Unggle Chrischtoph vo de junge Lüt seit, wo de Buren im Gwächs umeryte? — Dummi Esle, Kameler, gedankelosi Sprützlige! Si mache der Regierung d’Sach schwär.»
Mit prächtige Chindsouge luegt der Gideon uf: «Het ihm öpper öppis gseit?»
«I jedefalls nid. Aber es schynt, settigs chöm hie und da vor, und am Sunntig na der Predig chömen ihm de albe d’Bure cho chlage. — Begryfsch jitz, warum i bizyte furt wott? Da hesch es jitz. — So, das wär my Predig. Und damit du di besser dra bsinnsch es andersmal...» Mit däm geit der Herr Heros i anderen Egge vo der Stube, für sy Lädergurt ga z’reiche. Aber er findt ne nid grad, er isch hinder ne Trog abegrütscht. Und wo-n-er ne-n-ändlech het, isch der Junker Gideon mit Strümpf und Hosen und Stifel i de Händ scho dusse, ufem Stägepodescht.
D’Frou Landvögti het ghört, daß ihri Gescht scho alarmiert sy und het derfür gsorget, daß si nid lang uf ihres Habermues hei bruuche z’warte.
«Es wird dr öppe nid Ärnscht sy?» fragt si, wo der Herr Heros seit, si wellen in ere Halbstund abryte.
«Wohl,» seit er, «es pressiert mr für hei.»
«Eh bhüet’ is doch o! — Jitz han i gmeint, i chönn ech de no nes guets Sunntigs-Dinerli beize.»
Der Landvogt, wo jitz wieder d’Stube hilft fülle, lachet ruuch use: «Aha — äbe! Da bstellt er sech e Philippika bim Predikant, und ds Losen überlat er de üs. Wart nume! I will dir de scho no eini zueha.»
«Guet, i freue mi druuf. Aber hei wott i doch jitz. Begryfet doch, daß i mi na sächs Jahr Vaganteläben uf mys Hei, my Frou und myni Chinder freue.»
«Ja, das begryft men öppe», seit d’Landvögti. «Aber los, mach de nid z’ruuch. Nüt für unguet (das chüschelet si-n-ihm), aber du chunnsch mer echly verwilderet vor. Und du weisch, ds Nicolette...»
«Ja ja, nume nid Chummer! — Aber damit du gsehsch, daß i nid nume Lüüs und Laschter heibringe, giben i dr da o nes Chrämli.» Dermit git er syr Schwägerin das grüene Seckli. Si tuet’s uf und luegt schier stober ufe Herr Heros.
«Nimm’s nume! Es chläbt ekeis Bluet dranne, und gstolen isch es o nid», seit er.
Si zieht e längi, längi Bande prachtvolli flandrischi Spitzen use.
«Nei, so öppis!»
«Gäll, si sy schön?»
Uf das hi danket si dem Schwager, wie-n-er’s erhoffet het, mit mene Müntschi.
Vorem Ufsitzen im Burghof zeigt der Herr Heros syr Schwägerin no einisch mit mene Handkuß, daß er zwüsche de Märsch, Schlachten und Fäldlager o a Fürschtehöf het glehrt sech chehren und drähje, und der Gideon macht ihm’s getreulech nache. Wo si beidi im Sattel sitzen und im Abryte no einisch ihri große Schlapphüet schwänke, seit d’Frou Anna voll ächti Bewunderung zu ihrem Ma: «Wie-n-e Gott und sy Suhn!»
Der Landvogt aber lachet und seit mit zogenem Muul: «I begährti nid, daß me das vo mir sieg. — Vom Roß müesse mr alli einisch abe, aber Möntsche falle linder als Götter.»
Wenn je i sym Läbe der Herr Heros nid a ds Abefalle dänkt het, so gwüß de hütt, a däm himmelblaue Sunntig, ufem Wäg zu sym troumsälige Schlößli, zu syr Frou. Und der Gideon, ja dä! Dä wäri sibemal chopfvora abem Roß trohlet und wieder im Sattel gsi, gäb er es einzigs mal dra dänkt hätti, daß men überhoupt je chönnti abetrohle. Und hütt isch er ganz fescht gsässe. Wo si dür ds Bigetal uf ryte, seit der Houptme zum Bueb: «Sing eis! — Weisch keini luschtige Liedli?»
Der Gideon lachet mit den Ouge, aber er git ekei Bscheid. Er dänkt e Momänt, wo jitz di verheißeni Abputzete blybi, und de äbe... wäge de Liedli...!
«Nu!» mahnet der Papa. «Cha men i mene settige Land wohnen und ds Singe verlehrt ha!»
«I wüßt nere scho,» seit der Gideon, «aber...»
«Aber was? — Aha, i cha mr’s scho dänke. Si wärden o öppe dernah sy.» Und jitz schwygt är o ne Plätz wyt. So sy mr, dänkt er. — Weiß är sälber öppen öppis anders als dräckigi Lagerwösch? — Ja, so sy mr. Aber daß o di Junge nüt Bessers wüsse, wo nie voruse cho sy!
So sy si ne länge Bitz gritten und hei gschwige. Aber undereinisch, under mene höche, luftige Buechegwölb, faht der Houptme mit gwaltiger Baßstimm afah singe: «Großer Gott, wir loben dich.» Der Gideon fallt y, und wo si der erscht Värs düre hei, seit der Herr Heros: «z’Donner, lue, am Änd wüsse mr no meh, als mr gmeint hei.» Und nam zwöite Värs lachet er uf: «Gäll, i cha’s no, Döni! — Ja weisch, das hei mr dusse mängisch gsunge, bi de Schwede. Na jeder große Chlopfete, und wie meh Toti umenandere gläge sy, descht luter. Und wenn mir einisch der Chürzer zoge hei, so het me’s di Katholische ghöre singe, nume de latinisch. — Ja ja, so sy mr.» Und jitz lachet er wieder, daß es nume so dröhnt im Wald.
Wo si vor ds Holz use chöme, standen über de blaue Bärge vom Fryburgerbiet e Zylete Wulke mit höch ufballete, bländig wyße Hanechämme, wie wenn e Risebatterie ne Salve stotzig i d’Luft gä hätti. Derzue isch es heiß und kei Ate vomene Lüftli. Und Bräme! Di arme Roß!
Ds Walkringemoos isch e Gluetchessel. Es flimmeret nume so über de Turbebrüch.
«Aha,» seit der Herr Heros, «los!» I der Wyti donneret’s. Aber jitz falle d’Chilcheglogge vo Walkringen y. Ds erschte Zeiche. Und juscht, wo’s nachen isch zum Ylüte, chöme si ume Bärgrüggen umen uf Bigle zue. Es lütet und donneret und donneret und lütet, und dert äne steit der Turm vo Schloßwyl chrydewyß vor nere schwarzblaue Wand.
«Jitz suecht is der Pfarrer vo Lützelflüeh i de Schloßstüehl und dänkt, mir heigen is verschlafe, und der Unggle Landvogt überchunt di ganzi Décharge allei.» Der Herr Heros lachet und wüscht sech der Schweiß ab der Stirne. «Wei mr am Änd hie z’Predig und ds Wätter überela? I gloub, es chunt bald.»
Aber no bevor der Gideon ja oder nei seit, fahrt der Herr Houptme furt: «Abah! I wott lieber jitz hei. D’Mama het is gwüß öppis Guets überta, meinsch nid?» Und si trabe wyter und traben und traben underem Hürnbärg yne, daß der Chnächt mit de Packrosse scho lang nümme nache ma. Und jitz chroset’s und ruuschet’s im Wald, wie-n-es Meer.
«Me mueß ihm warte,» seit der Herr Heros, «sünsch weiß er nümme, wodüre.»
Si warte, und wo-n-er ändlech chunt, falle di erschte große Tropfe. «Dert undere!» — Under d’Yfahrt vo mene Burehus wird der Chnächt gwise. E bländige Schyn macht d’Roß uwirsch, und e gwaltige Donnerchlapf bringt se z’vollem usem G’reis. Si sy alli am Schärme, und e dicke graue Schleier ruuschet z’ringsetum, und vom Strouhdach faht’s afah tropfen und rünne, Bechli um Bechli. Derzue strublet’s d’Böum uf all Syte. Blitz fallt uf Blitz, und eis Donnerrollen isch no lang nid am Änd vom Toppwald, so wird’s scho vom nächschten überrumplet. So geit’s e gueti Viertelstund. Und du lugget’s. Aber der Räge ruuschet wyter, und der Donner rollet i d’Ämmetalerbärgen yne.
«Wei mr?» fragt der Herr Heros. Der Gideon begryft nid, warum me nid no nes paar Minute chönnti warte.
«Du schüüchsch ds Wasser», lachet der Papa. «So blybet nume no ne Momänt da!»
Er rytet ab. Der Gideon heißt der Chnächt warten und trabet dem Vatter nache.
Bald sy ihri Stifel voll Wasser. Di wyte Stulpe mache Trichter. Me gspürt di chalti Nessi überall uf der Hut. Di länge Haar sy wie düre Bach zoge.
Erscht, wo der Dachrüter vo der Turnällen über d’Böum luegt und di wyße Muure zwüschem Loub uflüüchte, pariert der Herr Heros sys Roß. Es neus Gwitter bricht los. Es chrachet unerhört, und es schüttet i Ströme; aber jitz, juscht grad jitz rytet er ganz langsam — uf sys Hei zue. Das wott gchüschtet sy, bevor me drin sitzt und alles vergißt: Hei! — Ghöret dr’s: Hei!