Text:August Lustig/A. Lustig Sämtliche Werke: Band 1/Vom Dichte.

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Vom Dichte.

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Jetz, wo d'Gedichte Mode sin
Un jeder süecht si Freid do drin,
So wà mr denn emol betrachte,
Uf was me g'wöhnlig doch müess achte,
Fir ass 's Gedicht so heisse ka;
's isch nur so um's knorze dra,
Me müess ufs wenigst fir's z'prawiere,
Doch d'erste G'setze-n-observiere.
Z'erst müess me rime, das isch klar,
Sunscht isch's züem vorüs schlechte Waar,
Un müess o noch vor alle Sache
Nie z'viel, nie z'wenig Silwe mache
Un d'starke Silwe vo me Wort
Nitt ane schriwe-n-an dr Ort,
Wo d'schwache-n-ihre Platz sott finde,
Sunscht isch's fir's Ohr schwer z'iwerwinde;
Drum, we me will, wie do viellicht,
Acht Silwe ha in sim Gedicht,
Das heisst e grade Zahl will nàmme,
Mien d'schwache Silwe aIle z'àmme
Uf ungrad steh, sunscht hat's kei Trieb,
Das heisst uf eins, drei fünf und sieb,
Un d'starke mien uf grad ku falle;
Wenn das nitt isch, sa hinke-n-alle!
« Vermüethe, mache » steht do recht,
Doch « Vermüethe, mache » steht do schlecht.
Jetz, wenn ihr awer wànn Gedichte
Mit siewe Silwe nur irichte,
So isch das alles grad umkehrt,
's isch d'starke, wo uf ungrad g'hört.
Derno sin d'Rime noch z'betrachte ;
Wie im Franzesche sott me trachte,
Ass « d'Männlige » abwechsle drin
Mit « Wiblige » in so me Sinn,
Ass nie vier gliche z'àmme stosse.
O in de G'setzle klei' un grosse,
Wo so zwei Sorte Rime stehn,
Dert isch's uf jedefall nitt schön,
Wenn sie als hin und her thien wiche
Un nie sin z'sàh am Platz, am gliche,
D'Gedichte solle doch, nitt wohr?
Ne Art vo Müsik si fir's Ohr,
Un fir se känne so z'begriesse,
Mien sie licht un taktmàssig fliesse
Mit aller Regularität,
Wo z'erst in ihre G'setze steht.
Das nur thüet jo d'Gedichte mache!
Un wenn züe alle dàne Sache,
Züe allem, was das G'setz erheischt,
Sich g'sellt noch Poesie un Geist,
So thüet's natirlig o nit schade.
's müess alles geh, wie am e Fade!
Doch, wer halt nitt regiert will si
Un schribt nur so uf grodwohl hi
Un thüet sich eifach nur beflisse,
Si Rime mit de Hoor züe z'risse,
Dà haltet nitt, was er verspricht;
's isch schlechte « Prose » un kei Gedicht.

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