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Text:Rudolf von Tavel/Der Frondeur/Kapitel 10

Us der alemannische Wikipedia, der freie Dialäkt-Enzyklopedy

10.

Uf de Matte gäge d’Huben überen isch no e dünne Näbeldunscht gläge, währed am Hürnbärgbort di glahrigi Sunnen uf di abg’ärntete Chornächer gschine het. Der Junker Gideon isch i syr Stuben am offene Fänschter gstanden und het e Gänsfädere gschnitte, für sech hinder d’Spycherrächnung z’mache, wie-n-er’s vom Vatter het glehrt gha. Het er i anderem gärn füfi la grad sy, so isch er mit de Rächnunge, wo-n-er der Mama z’lieb suber gfüehrt het, geng uf und nache blibe. Das het nid weneli ghulfe, ihm ds Gfüehl z’gä, er sygi Herr und Meischter i der Turnälle.

Da ghört er vo ganz wytem Roßtrapp und Reder. Und richtig, us der Tägertschimulte chunt es Fuehrwärk ufe — e Gutsche. Ganz langsam. Er het sy Fädere fertig und faht afah linieren und überschrybe, wie wenn’s pressierti.

Aber jitz ghört er der Wagen über ds undere Brüggli fahre. Jitz isch er nach gnue. Der Gideon leit Lineal und Fäderen ab und geit a ds Fänschter. E Bärngutschen isch es. Und bald gnue erchenne syni Falkenouge der Unggle Chrischtoph. Aber wär isch no byn ihm? Wie langsam das geit!

Jitz schattet öppis uf ds Gideons Gsicht. Der Worber sitzt bim Unggle Chrischtoph. Er het färn es gwichtigs Wort mitgredt im Burechrieg und gilt sithär no meh im chlyne Rat.

Warum chunt jitz undereinisch dem Gideon i Sinn, daß er Änds Herbschtmonet Geburtstag het? — Es isch drum nid e gwöhnleche Geburtstag. Mehrjährig wird er de, mündig. Nachhär, meint er, chönnte de Gutschen und Ratsherre vo Bärn ufecho, so viel daß wette. Aber jitz trouet er dem Handel nid. Das Bärn, das Bärn! Wie guet begryft er sit nere Zyt der Herr Heros mit sym Widerwille! Di Regierung, wo trotz allne große politische Sorge, trotz Chriegslöuf und diplomatische Händel geng no Zyt het, i di chlynschte Sachen ynez’reden und ynez’zündten i d’Usüebung vo private Herrschaftsrächte. Wie-n-e Hand mit hunderttused Finger, wo i jede Chrache hindererecke!

Der Gideon verfolget der Wage, wie-n-er da unde vorbyfahrt, bis zum Rank i ds Turnälle-Dörfli. Dert wird es sech de wyse, ob si da ufe chöme. — — —

Richtig! Si hei linggs.

Da nimmt der Gideon sy große Schlapphuet vom Bett und geit uf de Fueßspitze d’Stägen ab, hindenuse, der Bärg uf, bis a Waldegge, und sitzt hinder neren alte Randeichen a ds Bort. Er bhaltet der Hof und d’Hustüren im Oug, und ob allem Ufpasse, was da unde gangi, redt er sech y, eigetlech wüßt er gar nid, was men ihm vorz’wärfe hätti. Versuumt heig er nüt — und wäge däm, wo-n-ihm der Vincenz bim Furtgah no gseit het, das wär’ ja lächerlech. Wär öppe nid hie und da eis übere Durscht nähmi?

Jitz sy si im Hof und gange dür ds Tor i Vorgarte, zur Hustüren und yne. — Redet nume!

Bald druuf chunt ds Annelor use, springt d’Stägen ab, i Hof use. — Aha, Alarm! — Es geit nid lang, so loufe Chnächte, Meitli, Chinder uf allne Wägen und Wägli vor d’Hüser und Böum usen und luegen und rüefe. — Suechet nume brav! — Der Junker Gideon geit mit gleitige Füeße düre Wald uf, bis uf ds Ballebüehl, wo’s hütt bsunderbar schön isch.

Im Saal unde hei richtig der Ratsherr vo Grafferied und der Herr alt Landvogt vo Brandis uf d’Frou Herbort gwartet. I däm het sech der Gideon nid trumpiert.

Der Frou Nicolette het di unerwarteti Visite Härzchlopfe gmacht. Warum bringt er mr jitz wieder dä Worber mit? fragt si sech. Cha me nid under Gschwüschterte mitenand rede? — Es mueß am Änd doch sy, daß mr der Döni öppis Ungschickts agstellt het, wo-n-i nid weiß. Der Verdacht chunt nere, der Vincenz chönnti irged öppis usbracht ha. Aber warum het er’s de mir nid gseit?

Di beide Herre sy übernoh, wo si ynechunt, schön und vornähm, aber ygfallen und voll Schätten im Gsicht, wo färn no nid dagsi sy. Der Herr vo Grafferied het se no im Herbscht viel besser gfunde, wo-n-er nam Vollzug vo de Blueturteil a den Ufrüehrer en Informationschehr dür ds Ämmetal gmacht het. Si gäbe sech beidi Müej, ihren Ydruck z’verstecke. Zu däm, was si vor hei, ghöre heiteri Blicke. Aber d’Frou Nicolette het einewäg gmerkt, daß si frappiert sy.

Me redt vom Wätter und vo der Ärnt und de Rüebe. Der Herr vo Grafferied fragt na der Stimmung vo de Buren und natürlech o, öb d’Frou Oberschti Nachrichte heigi vo ihrem Ma. Er schrybi sälte, seit si, und di Briefe bruuche gar erschröcklech lang. Me ghöri überhoupt nid viel Gfreuts vo däm Regimänt, weiß der Ratsherr z’brichte. Di Herren Offizier heige ne-n-erschröcklechi Müej d’Signorei derzue z’bringe, daß si d’Bedingunge vo der Kapitulation erfülli. Und doch heuschi si geng wieder Soldaten und Galeerechnächte. Si chöme neue nid ab Fläck mit dem Vertrybe vo de Türggen us Dalmatie.

«Ja,» underbricht du plötzlech der Herr vo Freuderych das unerbouleche Gspräch, «warum mir hütt chöme, isch en anderi Sach, e gfreuteri. Mir hei nüt Gringers ufem Härzen als e demande en mariage für dy Tochter, ds Annelor.»

E Bluetwälle louft über ds Gsicht vo der Frou Nicolette, und du wird si no bleicher als vorhär, mißfarbig wie Äsche; aber si tuet ekei Wank und kei Ton.

«Du wirsch ja scho errate ha, für wän mr chöme.»

«I cha mr’s dänke.»

«I hoffe, er gfalli dir, der Vincenz Hofmeischter.»

«I ha gar nüt gägen ihn, er isch e nätte Bursch.»

«I gloube nid, daß du liecht e gfreutere Schwigersuhn chönntisch finde, und wil doch di beide, wie-n-i ghöre, under sich eis wäre, wüßt’ i nid, warum me nid sötti Hand biete derzue.»

«Wenn d’Frou Oberschti erloubt,» seit der Herr vo Worb, «möcht’ i o nes Wort für ihn ylege. Dä Hofmeischter het mir geng gfalle, und er het sech so guet usegmacht, daß es mr e wahri Freud isch, ne z’rekommandiere. Das isch jitz einisch e junge Ma, wo z’bruuchen isch. Mr wei ne-n-uf nächschti Oschteren i Rat bringe, und drum mueß er um ne Frou us. I han Ech natürlech nid dry z’rede, aber i bi mit mym Fründ dahäre cho, für z’bestätige, daß der Vincenz Hofmeischter di schönschte Chances het. — Lueget, settigi Lüt cha me jitz bruuche. Er wird nid lang uf ne Landvogtei müesse warte.»

D’Frou Nicolette luegt i ds Lääre. Si gseht ds Annelor, gseht der Vincenz vor sech. Wenn i ufrichtig sy will, dänkt si, weiß i eigetlech nüt dergäge vorz’bringe. Si het ja nid erscht denn gmerkt, was es gschlage het, wo di beide dertusse, under der Linde, sech i den Arme gha hei. Scho z’Brandis het’s agfange. Das isch nid numen e Turm. Es isch e Liebi, und das eini, wo kei Gspaß versteit, e Liebi, wo glücklech macht oder de grad tödt. Und warum sötti jitz wieder si, d’Mama, wo alles düreschleipft, druuf müesse verzichte, das Glück gseh z’wärde? Undereinisch lället i ihrem müede Härz e Flammen uf. Si chönnti sälber nid säge, isch es meh Freud a däm junge Glück oder — Bitterkeit gägen ihre Ma. — Han i ds Schwäre vo der Einsamkeit, so han i o ds Rächt uf... uf — ihri — stilli Freud. No het si keis Wort vürebracht, aber si schlückt und schlückt.

Di Herre gseh wohl, daß hinder dene bald heiße, bald stobere, glesigen Ougen öppis vor sech geit und daß es zuckt um di verfärbte Lippen ume.

Ändlich seit si: «Ja nu, es het ja no Zyt. — Uf Oschtere säget Dr?»

«Ja pardon, Frou Oberschti,» nimmt der Ratsherr der Fade wieder uf, «mit dem Hochzytha pressiert’s nid so, aber ds Verlöbnis mueß vorlige, wie ehnder, wie besser. Es geit mängisch heiß um di paar Ratssitze. Und wär nid vo Afang a d’Vorussetzungen erfüllt, wird liecht uf d’Syte drückt, und de — wie gseit — i gloube, wie ehnder der Vincenz i der Turnälle Fueß fasset, descht besser wär’s für Eue Junker Suhn.»

Da fragt d’Frou Nicolette mit großen Ouge: «Dir schynet de nid az’näh, daß my Ma no vor Oschteren ume hei chömi?»

Di beide Herre wärfe sech Blicke zue, so: Wottsch du oder söll i? Und der alt Landvogt antwortet: «Offe gstande, nei.»

Und jitz blibt’s wieder still i der Stube, bis der Herr vo Grafferied seit: «I gloube. Dir nähmet di Sach z’schwär, Frou Herbort. So wie-n-i der Herr Oberscht kenne, würdi är Euen Etschluß ganz sicher guetheiße.»

Und der Brueder Landvogt hilft nache: «Wenn der Vincenz dem Heros nid rächt wär, so hätt’ er scho lang derfür gsorget, daß er nümmen i d’Neechi vom Annelor chunt.»

«Ah, du meinsch?»

«Ganz gwüß.»

D’Frou Nicolette luegt vor sech a Boden und schwygt — schwygt. Und du steit si uf und seit: «I weiß, dir meinet’s guet mit mir, meinet’s guet mit myne Chinder; aber Dir heit mr di rächti Antwort uf d’Zunge gleit, Herr vo Grafferied, my Ma wird my Etschluß guetheiße, wenn i säge: fraget de wieder, wenn är ume daheim isch.»

Dermit isch si ufgstande, und me gseht neren a, daß wyters Zuesetze numen Unheil arichte würdi. So blybt dene Brutwärber nüt anders, als wieder la az’spannen und heiz’fahre.

D’Frou Nicolette lat, sobald si d’Gutsche ghört fahre, dem Annelor rüefe. Es isch nere, si müeß ihm uf ne-n-Art Abbitt tue. Alles in ere trybt se, das Chind i d’Arme z’näh, ’s a sech z’drücke, daß es emel o ihres Härz für ihns ghöri schla. Oh, wenn si doch chönnti rede! Ds Annelor luegt se mit dürynen erschrockenen Ougen a. «Was isch?» fragt es. «Hei si-n-Ech e bösi Nachricht bracht?»

D’Mama schüttlet nume chly der Chopf und seit: «Hilf mr i ds Bett!»

Lang sitzt es näbe däm Bett, sy heißi Hand i der yschchalte vo der Mama, bis ändlech ihren Ate rüejiger wird und ds Härz glychmäßiger schlat. Und du git si-n-ihm allerhand Ufträg für Hus und Hof und befiehlt, se-n-alleini z’la.

Underdessen isch der Gideon ufem Ballebüehl a mene Bort gsässen und het d’Ussicht gluegt. So hei emel di Burelüt gmeint, wo nid wyt drunder zueche Rüeben usgmacht hei, und schön gnue wär d’Ussicht gsi, alles so guldig und blau. Über Nacht het der Winter sys erschte Briefli, so-n-es wundervoll wyßes Schneebögli uf ds Stockhorn gleit gha. Aber es hätti jitz chönne da sy, was wett, dem Junker wär das glych gsi. Was geit ächt da unde, im Schlößli? Das het ihm gnue gä z’dänke. Vo Zyt zu Zyt isch es ne-n-acho, schnuerstracks abez’loufe, grad i Saal yne, und ga z’frage: Was weit dir eigetlech? I weiß, was i z’tüe ha. I luege scho zu myr Muetter. Nume no drei Wuche, und de chan i mache, was i wott. Will scho luege, daß der Papa zfriden isch, wenn er umechunt.

Aber geng het ne-n-öppis z’rückbha, daß er sech doch nid hei trouet het. Er isch höchschtes vüre gloffe, bis da, wo men übere Walm ewäg d’Decher vo der Turnälle gseht. Aber alles isch a sym gwanete Platz gsi. D’Hüehner sy als wyßi Tupfe hinder der Schüüren i Acher gsäit gsi, d’Hünd i der Sunne gläge, und im Hof het ds schwarze Dach vo der Bärngutsche glänzt. Wieder und wieder isch sech der Gideon wie-n-e Vertribene vorcho. Er isch zrückgloffe, uf di anderi Bärgsyte, under ne Chirsboum gsässen und het Harz us der silberige Rinde gchnüblet. Es mueß scho lang eso gange sy, vowäge di Burelüt sy neecher und neecher der Bärg uf cho, schwygsam und ärschtig, und me het d’Chärscht scho ghört yschla. Warum het ihm jitz wieder es Meitschi müessen uffalle, wo da mitgwärchet het? Nidemal es apartigs. Aber uf eismal isch es ihm rahn und glimpfig vorcho, und wenn es einisch verschnuufet, dunkt’s der Gideon, es schili zuen ihm übere, und es chömen ihm, wie i der letschte Zyt je länger, descht meh, dummi Gedanke. Aber di Chärscht fahren uf wie Tier, wo ufluege, und fahre hässig i Härd. Und niemer seit es Wort. — Es lyt geng no öppis Verbisses i der Luft. Si dänke gwüß geng no a d’Gälge hinder sech und houe dry, wie wenn si nütmeh anders begährte z’gseh als Härd, Härd, Härd.

Der Junker sprängt’s wieder uf und dem Wald zue. Nid daß er’s öppe nid mögt erlyde, dem Wärchet zuez’luege. Bhüet’ is, jungs Volk! Und de no zu sälber Zyt! — Aber es erwachet halt doch öppis in ihm, wo-n-ihm’s nid zuegit, so z’sägen underem Schweißtrouf vo der schwäre Brotarbeit da z’hocken und i d’Wält usez’stuune. Der Chyb gäge di Bärnherre trybt ne neecher a ds Burevolk. Wär weiß, ob da nid no öppis z’mache wär! Juscht grad jitz, wo si vo färn här no gschlage sy. Wohl, wohl, dem Junker — so dunkt’s ne-n-emel — geit erscht jitz es Liecht uf über das, was der Herr Heros im Sinn het, so-n-es vätterlechs Regimänt, wo druffe fueßet, daß me d’Lüt versteit i ihrer Not. Es packt ne-n-öppis, und er louft, louft, weiß chuum wohi. Jitz nume niemerem begägne, mit niemerem müesse rede, bevor me sälber ganz heiter gseht. Wo d’Sunnen undergeit, chönnt er chuum sälber säge, wo überall er umegfahren isch. Z’Schloßwyl het me der Junker Herbort gseh vorbyloufe. Uf der Höchi ob Bigle het men ihm verwunderet nachegluegt.

Di erschte Stärne hei obem Toppwald glänzt, wo-n-er müed, hungerig und durschtig vor der Pinten a der Chrüzstraß alanget. Der Gwunder trybt ne heizue, aber der Gluscht, Manne z’gseh, wird ihm zum Schleipftrog. Es zieht ne zu dene Lüt. Er möcht eis mit ne zsämehocken und se mache z’rede. Im Wirtshus findt er numen ihrere zwee. Aber irged öpper het ne gseh ynegah, und du hei si sech zuechegla, einen umen andere, und hei dem Junker schön ta und sech von ihm la yschänke.

Es mueß spät i der Nacht sy, ehnder scho gäge Morge, wo d’Frou Nicolette us ihrem urüejige Schlaf erwachet und es Glöuf und Stimme vorem Hus ghört. Das isch öppis Unguets, seit si sech und steit uf. Es dunkt se, si heigi d’Hustüre ghört gah, und Schritte d’Stägen ab und dervo springe, und ihren erschte Gedanken isch natürlech: der Gideon! — Chunt dä erscht jitz hei? Jitz mueß er aber wüsse, daß i’s ghört ha. Si geit i Gang, wo’s fyschter isch, wie i mene Grab. Aber si ghört, daß öpper i där Fyschteri isch, und geit i d’Stube zrück, ga Liecht mache. Und du chunt si ume, ihri Cherze höch i der Hand. — Richtig. Da isch er. Ufem Trog im Gang sitzt er, a d’Wand glähnt, halb zsämegsunke. Er luegt stober uf d’Mama und lachet blöd. D’Stirnen isch mit Bluet verchahret.

«Döni! Was isch das? — Chunsch du erscht jitz hei?»

Di armi Frou schlotteret am ganze Lyb. Es dröiht nere sälber zsämez’falle. So het si ne no nie gseh. Wie-n-e Göhl hocket er da und wott öppis sägen und cha nidemal.

D’Frou Nicolette mueß der Chnächt ga wecke, wo i der Chammere hindenuse, ob der Chuchi schlaft. Underdessen isch ds Annelor, wo hinecht o kei gsunde Schlaf gha het, erwachet und chunt us syr Stube; aber d’Mama schickt’s i ds Bett und verbietet ihm, usez’cho. — Dä, wo men einzig jitz bruucht, der Chnächt, het der schwärscht Schlaf. D’Frou Oberschti mueß ihri letschti Chraft awände, für ne z’schüttle, vowäge si wett kei Lärme mache. Es bruucht niemer sünsch z’merke, was geit. Der Gideon probiert, uf eigete Füeßen i sy Stube z’cho; aber der Chnächt mueß ne trage, wie nes Chind. Und doch isch der Gideon scho rächt e schwäre Ma.

Da lyt er jitz uf sym Bett, schier wie tot. D’Frou Herbort het der Chnächt furtgschickt und zündtet no dem Gideon i ds Gsicht und luegt und lost uf syni Atezüg. Wie het si sech gwehrt und gwehrt, zuez’gä, daß er neren ertrunnen und uf Abwäge cho sygi! Si het’s ja wohl gmerkt, aber sech geng wieder ygredt, es wärdi wohl nid so arg sy dermit. Wie mängisch het si dem Annelor unrächt ta, wenn es nere verrate het, was der Gideon a der Chrüzstraß trybi! Zum Schwyge bracht het si’s. Jitz gseht si wohl: da git’s nütmeh z’verschwyge. Da lyt d’Ehr vom Hus gschändtet ufem Schrage. Und si cha nüt mache. No nie het si so dütlech gspürt, wie schwach und chrank si isch, wie ohnmächtig. — Wenn er ne nume gsäch, der Heros!

D’Frou Nicolette luegt nache, was das syg mit däm Bluet uf der Stirne. Nüt, e Chräbel! — Si wäscht ihm’s ab, und uf eismal chunt öppis Etschlosses i se. Si geit i ihri Stube, chunt umen und schnydt dem Gideon e Schübel Haar vom Chopf. Und du geit si dermit i ihri Wohnstube, wo d’Fänschter gäge Morge het. Si reicht Schrybzüüg vüre, und na längem Bsinne schrybt si am Fänschter bi der allererschte Tagheiteri und i der grusame Morgestilli dem Herr Oberscht:

«Meyn liebwerther Mann!
Wo bleibest du nur? Ach, wüßtest du doch, in was Trübsal mich deyne Abwäsenheyt brungen. Die Prüfung, so Gott mir damit auferleget, scheynet mir dermalen sonderlich groß und schwer und ist mir ze Muth, als nützit alles myn Bätten nichts, ist mir doch meyn Liecht und Lebensfreud alle usgangen und muß elendiglichen versinken in Betrübnuß, wenn du nicht ehestens heimkommst.
Meyn Bruder Christoph und der Herr zu Worb haben verwichen um Deyner Tochter Hand angehalten für den Vincentzen Hofmeister, so in Lieb um sie entbrennet. Und begehret Annelore seyn nicht minder, wie mich bedünket. Er hat seynen Dienst quittieret und sollicitieret in Bern mit gutem Fürspruch der hochmögeten Herren von Rät und Burgeren. Habe sie vertröst uf den Tag Deyner gäb’s Gott baldigen Heimkunft.
Das ist aber das Ubelst noch nit. Umb deynes Sohns willen, des Gideonen, flehe ich dich an auf das Ehest zu kommen. Er ermangelt des Meisters gar sehr, weyß des Trinkens kein Maß und prasset mit Gesellen, so ihme gut Wort geben und ihn umb seyn Geld und Verstand bringen, an der Kreuzstraßen vorn. Sie haben ihn nächti heymbrungen und weyß er vor Weins nit von ihm selbsten, lieget in der Cameren, Zeugniß dessen ich hier eine Locken ab seynem Haupt anhefte und soll selbige nach dir seynem Herrn Vater schryen.
Heros, Heros, meyn viellieber Herr und Mann, laß dich meyn und der Kinder erbarmen. Meyne Krefft und Vermögen sind hin. Das heymlich Fieber zehret zu lang an mir. Mir will vorkommen, als sollt ich dich nit mehr sehen in dieser vertrübeten Welt. Will aber umb Gottes Gnad und meyner Seelen Seligkeit willen das Meynige getan haben, dir in unverbrüchenlicher Lieb gedienet und all meyn Bestes dargeben haben. Und wenn Gott es dann füeget, daß ich von dannen soll ohne dich mehr gesehen zu haben, so sollt du wissen, daß ich dich lieb gehabt und dich in Ehren gehalten bis an letzten Atemzug. Aber wo es möglich wäre, so komm doch ehestens.
Es küßt und grüßet dich deine getreue
Colette.»

Wo si dä Brief versiglet het, isch d’Sunnen überem Toppwald ufgangen und het e hälle Schyn bis a di hinderi Wand vo der Stube gworfe, fründlech und tröschtlech; aber d’Frou Nicolette het d’Chraft nümme gha, ufz’stah.

Ds Annelor het se-n-am Fänschter ygschlafe gfunden und se-n-i ds Bett bracht. Ganz erschöpft het si gschlummeret und o z’grächtem gschlafe, bis si im Louf vom Tag vo lute Stimmen erwachet. Es isch der Gideon, wo vorem Fänschter vo ds Annelors Stuben im Grien usse steit und ufbegährt: «Wär het dir erloubt, der Tschägg furtz’schicke?»

Und usem Fänschter näbena ghört me d’Antwort: «I dänke, d’Mama wird no ds Rächt ha, ihri Chnächte z’schicke, wohi si wott.»

«Es isch nid d’Mama,» antwortet’s dusse, «d’Mama isch ja im Bett.»

«Äbe, wär isch d’Schuld da dranne?»

«Annelor, nimm di in acht, was d’seisch! — Und de mys Roß? Söll öppen o d’Mama befole ha, grad das z’sattle, he? Sit wenn darf sech’s e Chnächt usenäh, dem Herr sys Roß z’bruuche? — Das git e nätti Ornig.»

«Grad sitdäm er het dörfe sym Herr i ds Bett hälfe, wil dä der Wäg nümme sälber gfunde het.»

«Du! Nimm di in acht!»

«Hättisch du di nächti in acht gnoh! Schämsch di eigetlech o gar nütmeh vor de Lüte? Was söll o so-n-e Chnächt dänke!»

«Bhüet’ is! Die sy derfür da. Und sy’s gwanet.»

«So? Öppe vom Papa här?»

«Gideon! — Gideon!» Dasmal isch es der Mama ihri schwachi Stimm gsi. «Chumm zu mir!»

Uf das hi het es dusse gstillet. Mit widerwillige Schritte chunt der Junker yne. Verchuzet und verfärbt steit er da, und syni usuberen Ouge luege zum Fänschter us und i alli Egge, nume nid uf d’Mama.

«Chumm dahäre, Gideon! — Los, ds Annelor het rächt. I ha’s gheiße, der Swatopluk i d’Stadt schicke mit mene Brief a Papa, wo pressiert. Er het ganz rächt gha, der Grauschümel z’näh. Wärisch du druffe gsässe, wie-n-es sech ghörti, so hätt’ er ne nid chönne näh. Er mueß mache, daß er der Kurier ga Venedig a ds Regimänt erwütscht, sünsch geit’s de mängisch wieder lang, bis umen eine geit.»

«Aber Mama...»

«Und o wägem andere het es rächt, ds Annelor. Du weisch doch, was der Papa vo dir erwartet. Und jitz müesse mir is allizsäme vor de Burelüt und de Dienschte schäme. Wie wottsch du däwäg Meischter sy über se? — Jedes Glas übere Durscht bricht dem Meischter der Hals. — I wott kei Usred ghöre. Jitz geisch i dy Stuben und chunsch mr nümme vüre, gäb i di la rüefe.»

Der Gideon lat der Chopf hange. Meh no als ihri Wort hei der Mama ihri fieberglänzigen Ougen und di müede, ygfallene Züg ihm der Muet gnoh z’widerrede. Er folget, geit i sy Stuben und leit sech mit verbissenem Muul uf ds ungmachte vertröhlete Bett. Aber nid für lang. — Vowäge, chuum usgstreckt, gspürt er alles über ihn ynecho, was vo gueten und bösen Alöuf ne scho sit Wuche verfolget. Da sitzt ihm undereinisch wieder dä Geburtstag im Chopf, sy Mündigkeit. Und jitz lyt er da, am Vorabe so z’säge, im Stubenarräscht, vo der Mama diktiert, wie-n-e zächejährige Bueb. Und daß men ihm mir nüt, dir nüt sys Roß ewäg gnoh und e Chnächt druuf gsetzt het! — Git’s öppis Fuchsigers? — Eim däwäg vor allne Lüt i der Turnälle gä z’verstah: Du bisch no nüt, du hesch no nüt z’säge! Er springt uf und fluechet wie-n-en alte Landschnächt und gspürt, daß ihm’s ds alte heimelige Tannetäfel vo der chlyne Stube nid abnimmt. Chönne tannigi Laden ein so verwunderet aluege! — Ja, Junker, das chönne si, i mene Hus wie d’Turnälle. Der Herr Heros isch o düre Dräck gwatet im Chrieg, aber er het das alles mit dem Härd a de Schueh am Schorryse vor der Hustür abgchrauet, bevor er i sys suber ererbte Hus ynecho isch. Du hingäge schleipfsch der Dräck usem Wirtshus mit yne. Dem Gideon syni Gedanke trabe dem Roß nache, bis ga Bärn yne. — Äbe Bärn! — Was hei eigetlech di Herre geschter welle? — Er het no nidemal dernah chönne frage. Und jitz wird’s ihm erscht rächt ungmüetlech. No meh als geschter hocket ihm di verdammti Vätterlechkeit vo Rät und Burger uf. — Nei, i la mi nid fah, nid ysperre. Er louft uf d’Türe zue, tuet se handbreit uf. — Und wieder zue. Der Blick i Gang het ne scho wieder a d’Mama gmahnet. O das isch kurios, daß e Muetter, wo chrank im Bett lyt, eine cha ysperre, ohni nume ne Rigel vürz’ftoße. — Es isch ja wahr, er het dem Papa versproche, d’Mama z’reschpäktieren und neren ab den Ougen abz’läse, was er für se chönni tue. Und wieder schießt ihm e Soldatefluech uf d’Zunge. Het er’s öppe nid uf d’Ehr gnoh, i der Turnälle der Papa z’ersetze, daß alles vor ihm der Huet müeß lüpfen und säge: Dä versteit’s? — Nei bim D..., me söll nid chönne säge, daß er nid ritterlech sygi gäge d’Muetter — und d’Schwöschter. Si sölle nid z’chlage ha.

Scho isch im Junker Gideon ufdämmeret, daß er es lätzes Trom i de Händ heigi, wenn er mit däm Mannevolk a der Chrüzstraß hindere glyche Tisch sitzi. — Aber wo chönnti me besser ghöre, was si dänke, als grad dert, wenn der Wy ne d’Ruumi im Chropf uflindtet? — O Junker, Junker! Für das z’erfahre, bruucht’s keis Wirtshus.

Hie und da chunt dem Gideon der Vincenz z’Sinn, und de faht ne der Chyb und Nyd afah wörgge. Dä het’s guet. Dä het use chönne, i d’Wält, i nes Regimänt. Kameraden und Fründe het er. Er sitzt nid wie-n-e Star in ere Chrääze, wo dem Meischter mueß Wort ablosen und zum Gaudi vo de Lüt nachegaagge. I wär o anders, wenn i Kamerade hätti. Aber alles isch furt, was z’ringsetum öppe vo mym Alter wär.

So het es jitz drei Tag und drei Nächt im Junker Gideon uf und nider gmacht. Bald isch er am üsserschte Rand vo aller Möntschen- und Suhnsanständigkeit gsi, scho fascht e Verwünschung uf de Lippe, bald wieder im Sunneschyn vom schönschte ritterlechen Alouf. Bald isch ds Tier in ihm erwachet, wenn er es Meitschi het gseh über Fäld loufe.

Aber bi Wasser und Brot vergeit eim der Übermuet. D’Vernunft chunt underem Stoub und Dräck vüre, und das bsunders, wenn me weiß, daß e Brief a Vatter underwägs isch, gschribe, währeddäm me sech vo syr böschte Syte zeigt het.

Es isch wahr, der Gideon het mängisch mit Groll und Bitterkeit a sy Vatter dänkt; aber er het so viel ritterlechs Wäsen i sech gha, daß er’s z’letscht doch geng wieder uf d’Ehr gnoh het, sy Ma z’stelle, wie me’s von ihm erwartet het. Er het gwüßt, daß d’Mama das von ihm erwartet, und das het ihm ghulfe. Wo si am Morge vom vierte Tag zuen ihm ufechunt, ihm i d’Ouge luegt und nume fragt: «Döni, gäll?» da het er schier füechti Ougen und isch voll gueti Vorsätz wie no nie. Er gspürt, daß si trotz allem mit Muetterstolz uf ihn luegt, und schwört sech, si söll nid agschmiert sy mit ihm.

Gärn hätt’ er gfragt: «Mama, was heit Dir ga Venedig gschribe?» Aber er het’s nid über sech bracht, und so isch dä Brief für ihn es Gheimnis und en ufgstreckte Finger blibe.

Still und fridlech isch der Herbschtmonet z’Änd gange. Der ersähnet Geburtstag vom Gideon het me mit mene guete Z’mittagässe gfyret und mit zueversichtleche Miene. Und das het füren Ougeblick meh gseit als schöni Rede. Der Gideon isch im gueten Alouf bliben und het grächnet und gluegt und allem, was d’Frou Oberschti i ihrne vier Wände für guet gfunde het, vorusse Wort und Form gä. Es hätti jitz würklech niemer errate, daß no vor churzem der Friden under däm Dach gchieret het.

Da chunt ei Tag — ds Jungvieh isch vo de Bärgen abe tribe gsi — der Vatter Blaser vo der Gouchere mit mene Räf voll Anken i d’Turnälle. Dasmal hätti der Gideon sicher nid Ryßus gnoh, wie denn, wo di Bärn-Herren agrückt sy. Im Gägeteil, er wäri zwüsche Blaser Chrischten und d’Frou Herbort ynegsässen und hätt’ ihm der Bscheid abgnoh; aber er isch hütt scho bizyte ga Bärn yne gritte, ja, wahrhaftig, z’mitts under Rät und Burger, und het der Chopf nid la hange. Er het allerhand gha z’erhandlen ufe Winter hi.

Dem Blaser Chrischte het me, wie allimal, z’Ässe gä, und du het d’Frou Oberschti mit ihm grächnet. Wo’s nachen isch, für wieder ufz’bräche, fragt der Hirt, ob ächt der Herr Oberst no lang nid umechömi. Derby luege syni schöne glänzigen Ouge so eigen i d’Wyti.

«Du hesch öppis ufem Härze, Chrischte,» seit d’Frou Nicolette, «i gseh dr’s a.»

Statt z’antworte, nickt der Hirt mit sym Patriarchechopf, me weiß nid rächt, ob us Waggeligi oder will er keini Wort findt, für z’säge, was ne drückt.

«Fählt dr öppis?» wott ihm d’Frou Oberschti hälfe. «Oder isch öppis lätz i der Goucheren obe? — Magsch öppe nid gfahre?»

«M’m, nei, Frou Oberschti.» Er schüttlet jitz der Chopf der ander Wäg. «Es fählt mr wyters nüt u mr sy zfride. — Nei, weder... was mi plaget... i hätti’s so gärn üsem guete Herr Oberischt gseit...»

«Ja nu.» D’Frou Nicolette wird scho chly ungeduldig. «Das channsch jitz halt nid. Es cha no lang gah, bis er umechunt. Chumm! Lue, i cha nid so lang stah.» Si sitzt ufe Bank a der Huswand ab, und der Chrischte merkt, daß er nid lang darf dreiße mit Rede, wenn er nid mit syr Lascht, wo ne herter drückt, als was er ufem Räf gha het, ume hei söll. «Es geit mi ja wäge dessi nüt a; aber ds Gwüsse wott mer’s eifach nid zuela lenger z’schwyge. We me halt öppis Uguets gseht cho uf ds Houpt vo syr Herrschaft...»

Der Frou Nicolette ihri Ouge gange wyt uf. «Und das wär?» fragt si.

«Es isch bös Bluet da äne, dem Toppwald nah, gägen Oberhünigen uehe u, was i ghöre, o am Stulle. Echly durhar.»

«Jä geng no?»

«Nid wäge dene färndrige Sache. Da düre het’s gstillet. Nei, aber... nüt für unguet, Frou Oberschti, es isch ja nid, daß i sälber z’chlage hätti; aber es duuret mi wägen üsem Herr Oberscht. — Der jung Herr...»

Der Chrischte mueß z’erscht wieder echly tiefer Ate zieh, aber der Cheischt isch use. «Der jung Herr», fahrt er furt, «isch mängischt echly wohl scharfe u nid geng grächt. Nu, dadüre möi d’Lüt no mängs erlyde, gäb si d’Gringen ufhei. Aber, was rächt Lüt sy, löi si nid verachte. Der jung Herr vergißt das mängischt. Wüssit Dr, Frou Oberischti, die Lüt wüsse ja o, was Juget isch, weder herrschelig tue u äng gurten u de dernäbe doch Übermuet u meine, me chönn mit üsereims Meitschene Muetwille trybe, das möi di Lüt uf d’Lengi nid erlyde.»

«Was sötti de da gange sy?»

«I weiß wyters nid Bscheid, Frou Oberschti un i frage nid nache. Weder das weiß i, daß durhar bös Bluet isch, u das chönnti de einischt fähle. Es git de da dere Burschte. I wetti nid mit ne müesse hääggle.

Wie gseit, es isch mr ufem Härze gsi. Me cha junge Lüte mängs verzieh, weder me mueß diser o bigryfe. Jitz nüt für unguet, Frou Oberischti. Der lieb Gott söll dervor sy, daß es öppis Ugrads git. Aber i ha’s emel welle gseit ha, Euch u dem Herr Oberischt z’lieb. Es het mr eifach e ke Ruehw meh gla.»

«E nu, Chrischte,» seit d’Frou Nicolette, «es isch ja rächt, daß d’mer’s gseit hesch. Es isch geng gschyder, me sägi settigs am rächten Ort, statt daß me nume hilft wytergä, wo me doch nid derfür chönnti ystah. So gfährlech wird’s ja wohl nid sy. Was wetti o so-n-e Junker a dene Meitscheni gseh! Item, es isch guet z’wüsse, daß dertäne bös Bluet isch. Mr wei uf der Huet sy. Und jitz bhüet di Gott, Chrischte!»

«Bhüet Ech Gott, Frou Oberischti, u no einisch: nüt für unguet. I ha wäger nume gseit, was mi ds Gwüsse gheiße het.»

D’Frou Nicolette het wohl gwüßt, was es wott säge, wenn so-n-e Ma wie der Blaser Chrischte ’s über sech nimmt, eim öppis Unagnähms cho z’brichte. Und daß dem Gideon übermüetigi Streiche nid zuez’troue wäre, das het si sich sälber doch nid welle vorgä. — Aber was jitz? Das isch wieder so-n-e Wälle, seit si sech. Es chunt und chunt, und i? I bi wie am Boden agwachse.

Dem Annelor gfallt hütt d’Mama gar nid. Es git sech alli Müej mit nere; aber es isch gar nid a se zuechez’cho. Si sitzt da, wie wenn ihre Geischt eifach us däm müede Lyb use wär und furt.

Es probiert, us nere-n-usez’bringe, was si heig. Da seit si ändlech: «Ach, i ha so Längizyti nam Papa.» Und jitz chunt si i ds Briegge. Es löst sech öppis. Aber sobald si gseht, daß ds Annelor ob ihrem Härzleid o fascht nümme weiß, wie sech hälfe, nimmt si sech wieder zsämen und probiert, drüber ewäg z’cho. Mit Arbeit cha si nid; aber si zwingt sech, a alles z’dänke, wie äben e Husfrou mueß, wenn es jedes zu syr Sach cho söll. Hie und da stört se der Chly, wo d’Mama für sich allei ha möchti und se dra mahnet, daß si no für lang Muetterufgabe het. Si sitzt wieder a ihrem gwanete Plätzli, underem Holderboum. Hie isch es hilb. Me mueß a der Luft blybe, so lang me cha.

Wie ein doch e Gäged unglych cha aluege! Früecher, wo me gwüßt het, daß da überall der Herr Heros d’Hand im Spil het, hei Matte, Ächer, Hüser, Wälder eim öppis gseit. Hinder jede Zuun het me dörfe luegen und niene risquiert z’erchlüpfe. Hütt hingäge stande d’Böum da, wie wenn si a öpper anders dänkte. D’Wälder hei d’Ouge zue, d’Höf hei öppis z’verstecke. D’Ouge troue sech nid, de Wägspure bis i ds Gstrüpp yne nachez’loufe. Niene meh isch öppis, wo seit: chumm lue. Alles isch eim frömd. Me freut sech uf nüt und isch froh, wenn d’Schätte chöme cho z’schnaagge, damit me mit guetem Gwüsse cha ga abligen und d’Ouge zue tue.

«Mama,» chunt ds Annelor cho mahne, «Dir söttet yne, es chuelet.»

«Du hesch rächt», seit si und steit uf. I däm Ougeblick ghört si Huefschlag und luegt uf d’Straß abe, wo da unden im Schatte vorbylouft, wie wenn d’Turnälle se nüt agieng. Aber uf eismal erwachet di lääri Straß. Si het e Seel, und di Seel isch es Erwarte.

Der Gideon rytet us der Multen ufe. Und chuum, daß er d’Mama a der Gartemuuren oben erlickt, schwänkt er der Huet und chunt im Galopp. Was söll jitz das? — So pressiert? — Er rüeft öppis; aber d’Frou Nicolette gloubt nid, was ihri Ohre wei ghört ha. Und doch mueß si dem Suhn etgäge. Wenn nume ds Härz nid so i Ufruehr chäm.

«Annelor!»

Es chunt cho z’springe. «Was isch, Mama?»

«Hilf mr. I — mueß ga luege. Was het er grüeft? — Hesch du’s nid verstande?»

«Nei.»

Langsam und doch so voll Ungeduld gange si d’Stägen uf. Obe, vor der Saaltüre blybt d’Frou Nicolette stah, het sech am Gländer und schnuppet. Dertäne chunt er cho z’spränge, vom Dörfli här. Hinder der Spaliermuure düre. Me gseht nume sy Chopf. Und wieder schwänkt er der Huet und rüeft über d’Muuren yne: «Der Papa! — Ds Regimänt...» Wyter versteit me nütmeh. Er sprängt i Hof hindere. D’Mama und ds Annelor luege sech unglöubig a. Si gange dür ds Hus düre, uf di anderi Syte, und chöme vor d’Hustüre, wo der Gideon dem Tschägg d’Zügel zuewirft und düre Torbogen yne chunt cho z’stürme: «Ds Regimänt chunt hei. Änds Wymonet sölle si z’Zürich sy.»

Der Gideon und ds Annelor nähme d’Mama i d’Mitti. Di hälle Träne loufen eren über d’Backen ab.

Das isch en Abe gsi!

«Aber isch es de o wahr, Döni, hesch es rächt verstande?»

«Ja ja, Änds Wymonet zum spätischte.»


Di nächschte Tage het niemer bruuche z’frage, was es z’tüe gäbi. Zum Ywinteren isch e Putzete cho, wie me lang keini meh het erläbt gha. Und alles, sogar der chly Moli, het zablet vor Ungeduld. Ohni nume z’wüsse, was das isch, het der Chly di ganzi Zyt vo Papa und wieder Papa gschwätzt, und d’Mama het troumet vom Momänt, wo si der Moli chönni sym Vatter i Sattel uferecke.

Der Gideon het’s erchähret, daß er dem Papa ga Zürich chönn etgägeryte. Und wo du der Tag cho isch und jedes Oug i der ganzen Umgäged glöubig verchündet het: jitz chunt’s ume guet, da isch der Muetterstolz über d’Frou Nicolette cho, wie no nie. Me mueß ne-n-aber o gseh ha, dä Junker i syr Chraft und jugedleche Schönheit. Mängs isch ihm da vergä worde, us purer Freud a däm prächtige Rüter.

Der Mama und dem Annelor sy underdesse trotz allem Rüschten und Putze d’Tage no schuderhaft läng worde. Es het beidi dunkt, es sygi nid z’erläbe. Ds Hus het glänzt vom Hänkeschterig bis i d’Chällerhurde. Ja, wenn men im Cherzeschyn di ygchällereten Öpfel agluegt het, isch es eim gsi, me ghöri das rotbackige Völkli lache vor freudigem Erwarte.

«Jitz wüßt’ i wahrhaftig nümme, was no z’putze wäri», het ds Annelor gseit. «I eigetlech o nid,» antwortet d’Frou Nicolette, «so fahret no einisch mit dem Lumpe drüber!»

Nume vor eier Türe het der Bäse Halt gmacht, vor der Bibliotheegg. Dert isch jitz d’Frou Nicolette yne gange a mene blauglänzige Herbschttag, und het d’Türe hinder sech bschlosse. Da isch der Plan vom Schloß Hürnbärg, vo der künftige Herrlechkeit, ufem Tisch ufgspannet gsi, under nere glychmäßige Stoubschicht. Die het dem Herr Heros sölle säge: Lue, i ha nüt agrüehrt. D’Frou Nicolette schlat d’Felläden uf. Si wott di ungfingerleti Staubschicht aluege. Da fallt vo de bruune Lindechrone här es eigenartigs Liecht i di scho sünsch altertümlechi Stube. Us zwöine Familieportraits luege Gsichter uf di Plän abe, wie wenn si öppis möchte säge. Halb lache si, halb isch es ne nid wohl derby. D’Frou Oberschti Herbort weiß ganz guet, was si würde säge, wenn si d’Sprach fände, di unbarmhärzig wahre Tote, wo’s scho düregmacht hei, das Läbe, und scho so mängs hei gseh vorbygah: «Alles ist eitel.» Ja, das siege si gwüß.

Und jitz flimmeret da der Bruschtharnisch uf der Commoden a der Hinderwand, mit dem Visierhälm druffe. Wie-n-e böse Riesevogelchopf. Uf eismal geit es Lachen über ds Gsicht vo der Frou Nicolette. Si mueß a ne Tag dänke, wo ihre Ma neren im Verdruß über mißbruuchti Güeti gseit het: «Wenn me nid di ganzi Zyt dry luegt wie di stächligi Schnörre dert, so het me nume ds Tüüfels Dank.»

«So bisch du ja gar nid», seit si halblut. «Du masch so bös dryluegen als nume müglech, i gseh geng dys guete Härz derdür düre.»

Und jitz fahrt nere-n-öppis düre Chopf. Si freut sech, das ihrem Ma z’säge. Läbig und liecht, wie scho lang nümme, geit si aben und chunt bald druuf mit nere Buschle Strouhröseli wieder ufe. — Früschi Blueme wäre ja o no da, aber si blibe nid lang gnue. Und jitz steckt si das ganze Visier, di «stächligi Schnörre» und alli Luftlöchli am Hälm mit Strouhröseli voll. Es gseht mordslächerlech us. Aber das mueß er mr gseh. Lue nume rächt vertrackt bös dry, Heri, i gseh einewäg Rose, und wenn du keini meh hättisch i dym stränge Gsicht, i stecke dir nere dry — ja ig.

Si hätti jitz überhoupt an allnen Orte möge Rosen ystecken und de nid nume strouhigi. Nume hei si beidi gfunde, d’Mama und ds Annelor, di Herre chönnte jitz de angähnds da sy. Scho vierzäche Tag isch der Gideon furt. Aber so-n-es Regimänt bruucht halt Zyt. Villicht lyt scho Schnee uf de Bündnerpäß, wär weiß?

Einisch, i der Nacht, erwachet d’Frou Nicolette. Es schynt öppis los z’sy. — Fascht trouet si sech nid z’dänke: chöme si ächt? Es luftet. Me ghört’s i de Böum. D’Frou Nicolette sitzt uf. — Ihres Härz chlopfet furchtbar, macht Sprüng. Si lost — lost. Was isch das? Syn es se?

Wie wenn men a ds Annelors Läde näbena gchlopfet hätti. — No einisch! — Me ghört e Laden i den Angle gyre. Der Luft schlat ne-n-a d’Muure.

«Chumm, tue mr uf! — Aber mach hübscheli, daß d’Mama nüt ghört!»

O, si wei mr d’Surprise für morn am Morge mache. Morn wott er de a mym Bett stah, wenn i erwache. — I wott ihm di Freud la. — Han i so lang möge gwarte, so... Hie bsticht si mit ihrne Gedanke. Ihres überfynen Ohr ghört no meh, wo-n-es nid hätti sölle ghöre.

«Döni, du bisch doch nid allei umecho?»

«Wohl, äbe leider.»

— — — — — —

E Minute druuf zieht ds Annelor, nume notdürftig agleit, a de Rigle. Es cha vor Ufregung der rächt Griff nid finde.

«Zieh oben am Ring und drück mit der lingge Hand hinde der Rigel i d’Höchi!»

«Ach was! — Gott im Himmel!»

«Zieh nume fescht, chly gäge ds Hus yne!»

«Jitz — jitz. So.»

D’Türe geit uf. Der Gideon chunt yne.

«Und du bisch würklech allei?»

«Emel ohni Papa. D’Chnächte sy däne, i der Schüüre. Es sy drü Soumroß mit Chischte da.»

«Warum isch er nid mitcho? — Isch er chrank?»

«Chumm!»

Si gange beidi uf di anderi Syte, i ds Gideons Stube, und tüe d’Türe hinder sech zue, damit ja d’Mama nüt ghöri.

«I bitte di, isch öppis nid guet?»

«Wyters nüt,» seit der Gideon, «aber er isch halt nid cho. Ds Regimänt isch hei. Und der Papa het Chischte gschickt für dahäre, ne venezianische Lüüchter und anderi schöni Sache, hei si mr gseit. Är sälber, het mr dr Oberscht gseit, sygi z’Venedig blibe für ds Gäld vo der Regierung yz’trybe, wo si no z’guet hei.»

«Wenn chunt er de?»

Der Gideon zuckt mit den Achsle.

«Um Gottswille! — I darf das der Mama gar nid säge. — Was wei mr mache?»

Und wieder antwortet der Gideon mit Achselzucke.

«I weiß es nid», seit er ändlech. Er isch so müed, daß er fascht ständligen yschlaft.

«Sitz emel afange chly ab. Du bisch gwüß hungerig und durschtig.»

Wo ds Annelor umechunt mit Wy und Brot und Fleisch — es het, für d’Mama nid z’wecke, der Gideon nid wellen i d’Äßstube rüefe — hocket er ganz zsämegchrümmt uf sym Bett und schlaft und git uf nütmeh Bscheid.

Er merkt vo allem nütmeh. Erscht am hälle Tagesliecht erwachet er wieder und schlat, ohni rächt z’wüsse, wo-n-er isch, d’Ougen uf. Und chuum isch er wieder rächt bi sich sälber, steit ds Annelor da, fallt ihm ume Hals und schluchzet nume geng: «D’Mama, d’Mama!»

«Was isch?» Er macht sech los.

«Chumm lue!»

Si gange beidi i d’Schlafstube vo der Mama.

Da lyt si im Bett, uf d’Syte gsunke — tot.