Text:August Lustig/A. Lustig Sämtliche Werke: Band 1/Kinderschmerze.

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Kinderschmerze.

408 - 409


Ich bi noch jung, bi noch e Kind
Un doch ha-n-ich empfunde
Die letschte Zit e grosser Schmerz,
Wo mir verursacht hat im Herz
Ne grosse, tiefe Wunde!

Ne Spàtzle hà mr g'funde letscht,
Ganz hilflos isch's dert g'lege
Am Bode, halwer tot scho glaüb
Un zittert hat's wie Espelaüb
Im kalte Wind un Rege.

Noch z'jung isch's gsi, das arme G'schöpf,
Fir sich allei drus z'ziege;
's hat nur erst g'ha ne wenig Flüm
Un d'Fàttigle hàn g'stosse küm,
's hat no nitt känne fliege!

's hat eim ganz dürt, das arme Ding!
Wie isch's do ane kumme?
's hat g'wiss nitt uf si Müetter g'hört,
Wo sie-n-em 's furtgeh hat verwehrt?...
Un sieht's es i jetz numme?

Mr hàn's halt miesse-n-ine nàh,
Denn duss wàr's sicher g'storwe;
's isch Alles gsi so nass un kalt
Un fresse hatt's nitt känne halt,
Zehmol wàr's jo verdorwe!

Drum hà mr g'schwind e Nàstle g'macht
Mit Limple-n-un mit Watte
Un hàn's sorgfàltig ine g'setzt;
Das hat sich doch g'wiss glicklig g'schätzt,
Das arme Ding, das matte.

Un doch, küm isch's em besser gsi,
Hat's üse huple miesse!
Un was isch g'schàh? glich kunnt e Katz,
Die macht nitt lang, nimmt nur e Satz,
Thüet wie ne Pfil druf schiesse!

410 - 411

Un im e Witsch hat sie's halt g'ha
In ihre wieschte Klaüe!
Züem Glick ha-n-ich's ihr' känne nàh,
Me ka's am Finger do noch sàh;
Se thüet nitt iwel kraüe!

Uf das hi hà mr's fir si Wohl
Un bis es d'Fàttig trage,
Ig'sperrt, d'Vorsicht hat's welle ha,
Doch hat's es g'wiss güet bi-n-is g'ha,
's hat sich nie g'ha z'beklage.

Was güet isch, nur das hat's biku,
Mr hàn em Mickle g'fange,
's hat Brod urt Eier g'ha genüe
Un siesser Anke noch derzüe,
Was will me mehr verlange?

Fir's Dessert hat's e Riple g'ha,
Mr sin's express geh süeche
Am Rosestock im Gàrtle duss;
's hat g'ha sogar im Iwerfluss
Als Zucker noch un Küeche,

Züetraülig isch's als züe eim ku,
Hat üs dr Hand eim g'fresse.
's isch umme g'hübst as wàr's wie d'heim
Un isch ganz gravitätisch eim
Als uf dr Finger g'sesse.

Gar màngmol, we mr's uf em Tisch
So hàn lo umme blitze,
Isch's tràppelt gar so schön derher
Un isch eim, wie wenn's 's Nest gsi wàr,
Sogar in d'Band ku sitze.

Wie lieb ha-n-ich das Thierle g'ha!
Un wie gern hätt' i's b'halte!
's hat sich so schön als striche lo!
's hätt's niene besser g'ha as do
Un 's wàr licht gsi z'erhalte.

Doch ha-n-i mir als sage lo,
Ass, wenn's emol ka fliege,
So miesst me-n-em si Freiheit gà,
Mr hewe 's Recht nitt, fir's em z'nàh,
's seig jo si höchst Vergniege.

Doch, wer hätt's glaübt! wo's gross gsi isch,
Wo's längst hat fliege känne,
Hat's doch nitt welle vo-n-is geh,
's isch untrem Fenster bliwe steh
Un bol als z'ruck ku renne.

Drei Monet lang isch's bi-n-is gsi,
Isch immer schöner worde;
Doch hat's dr Tod bol züe si gnu,
Gar trürig isch's ums Lewe ku:
Ne Katz isch's ku ermorde!

Ganz stif un blüetig ha-n-is g'sàh
Dert lige-n-uf em Ricke!
Ich ka's bedüre nitt genüe...
Si Schnàwele, das isch jetz züe
Un kunnt mi nimm ku bicke.

's laüft mir nimm no jetz um dr Tisch,
Ass ich's in d'Hand soll nàmme!
Wie z'friede hat's drin g'nestet als!
Me hat em niene g'sàh kei Hals,
So hat sich's druckt als z'àmme.

412 - 413

Nie sieh-n-i sine Aigle meh
Züetraülig mich aschaüe!
Wàr's liewer furt in d'wite Welt,
Das arme Ding, in Wald un Feld,
's hat thir zahlt si Vertraüe!

Jetz schloft's im Gàrtle dert bim Buchs,
Wo d'Rose driwer hànke.
Ufs Grab ha-n-ich e Krizle g'steckt
Un frische Bliemle-n-ane g'legt
Fir's letschte-n-Agedànke.