Alemannischi Grammatik

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Di Alemannisch Grammatik vum Karl Weinhold

S Alemannisch het, wiä jedi Sproch, e Grammatik. Bstimmti grammatischi Eigeheite hets mit andere Dialäkt un dr Standardsproch vum ditsche Sprochsyschtem gmeinsam. Bstimmti Eigeschafte deilts aü mit einere oder mehrere andere germanische Sproche. Aber in witte Bereiche isch d alemannisch Grammatik eigeständig.

In dr wisseschaftlige Literatür iber s Alemannisch gits Dutzendi vu Schrifte, wu sich mit dr Unterschiid vu Ort zu Ort befasse – des sin meischtens Lütunterschiid (Luutunterschiid). D grammatische Gmeinsamkeite vum Alemannische hän bishär numme wennig Beachtung gfunde.

Dä Artikel git e Iberblick. Üsfiährligi Bsprächige vu einzelne grammatische Broblem sin in äxtra Artikel gmacht wore (druck uf d Link); anderi kumme no.

Bi dr Biispiil unde stehn vor dr Klammere hyffig oberrhiinalemannischi Variante. Diä kumme viilmool aü im Hochalemannische un im Schwebische vor. In dr Klammere stehn numme zuesätzigi hochalemannischi un/oder schwebischi Forme.

Verb[ändere | Quälltäxt bearbeite]

lueg au d Artikel Verb, Churzverb und Modalverb

Indikativ[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Kurzverbe:

  • D wichtigschte Verbe hän e eisilbige Infinitiv: sii, haa (hau), goh (gah, gau, geh), lo (la, lau), stoh (stah, stau, stong, steh) un anderi.
  • Firs Partizip Perfekt gits – nit iberall bi glich viil Verbe – Kurzforme wiä: gsäh (gseh), gää, (g)lo, (cho), due (ta), gsait (gseit), drait (ddrääjt), gsi (gsei, gwä), gha (ghet)
  • In dr Konjugation im Plural gits fascht iberal etligi Kurzforme: mir hän (hei, händ), mir gehn (göö, gönt, gont), mir len (löö, lont, lönt), mir gän (gää, gänt), mir wän (wei, wänt), mir hän (hei, hänt), mir miän (müent, mont), mir schleen (schlöö).

Konjugation Singular:

i gang, i stand, i ha (han), du witt (wettsch, wosch), du gisch, er git (gejt), er weißt isch witt verbreitet;
sage (sägge, säge), drage (trääge) un schlage (schlaa) hän Sonderforme in dr 2. un 3. Person Singular: du saisch (seisch), er sait (seit), du draisch (treisch), er drait (treit), du schleesch (schlaasch), er schleet (schlaat).

I vìlne Schwizer Dialäkt isch bir erschti Person sìngular d Ändig -e obligatorisch: i sìnge, i mache, i louffe.

Es wìchtigs Ùnterscheidigsmerkmaal zwǜsche verschìdnigen alemannische Dialäkt si d Ändigen im Plural:

  • Drei Ändige: wir mache(n) – iir machit – si machent; typisch fǜr ds Höchschtalemannische.
  • Zwo Ändige: mììr/si mache – (d)ììr machet; typisch fǜr di weschtleche Dialäkten vor Schwiz.
  • Ei Ändig: mir/iir/si singed/singent/singe; typisch fǜr di öschtleche Dialäkten vor Schwiz.

Verlaufsform[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Im Alemannische wird für adurendi Tätigikeite die rhiinischi Verlaufsform (au am-Progressiv) verwendet. Die Form wird mit em Verb Hilfsverb si + am + Infinitiv bildet: Ich bin am choche. Sie sind am schlafe. Um d'Vergangeheit z'bilde wird es gsi aghänkt: Ich bin am choche gsi. Sie sind am schlafe gsi.

De Gebruch vo de Verlaufsform isch im Alemannische optional, wird aber hüfig verwended um z'betone, dass es sich um e adurendi Tätikeit handlet, wo scho i de Vergangeheit agfange het. Zum Bieschpiel: De Peter isch jetzt am choche. (De Peter het scho agfange z'choche, isch aber nonig fertig.) De Peter choched jetzt. (Er fangt jetzt grad mit choche a.)

Vergangeheit[ändere | Quälltäxt bearbeite]

S Alemannisch kännt kei Präteritum, numme bim Verb sii hets sich z Ditschland wider kenne iibirgere (ich war usw.)

D eifach Vergangeheit wird mit eme Hilfsverb (sii oder ha) un em Partizip Perfekt bildet: i bi gsii, i bi gange (ggange), i bi gloffe; i ha gha (ghet), i ha welle (wölle), i ha gschlofe (gschlaaffe), i ha gfercht (gförcht, gförchtet, gfǜrchtet) usw.

D Vorvergangeheit wird zuesätzlig mit gsii (gsei, gwä) oder gha (ghet) bildet: i bi gange (ggange) gsii, i ha gfercht gha, i ha glupft (glǜpft) gha usw.

Dr ainzig alemannisch Dialäkt, wo no bis in s 20. Johrhundert e lääbigs Präteritum ghaa het, isch s Saleytitsch, dr Dialäkt vo Saley (ital. Salecchio) gsii, e Walserdialäkt z Italie, wo mittlerwiili uusgschdoorben isch.

Gerundium[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Im Oschte vu Alemanniä gits no e bsundere Infinitiv, wu noch de Partikel z stoot un uf s mittelhochdytsch Gerundium uf -nde zrugggoot. Do heißts fir s Oberrhiinalemannisch er het z due, er het z ässe nämlig er hot z dond (z tuid), er hot z essid un ähnlig – d Ändung isch allewäg awel -d. Des Gebiät ziägt sich vum Schwobeland bis uf Appezäll, ins Schaffhuusisch un in dr Oschte vum Thurgi. Au i de Siidwalserdialäkt vu Gurin un Saley gits dä bsundrig Infinitiv no; dert lutet d Ändig -n un setzt s althochdytsch -nne furt. Räschte vu däm sog. Gerundium, aber ebe nume no bi einzelne Verb, gits au suscht no doo und dert. (Lueg z. B. SSA III/1.301–303; SBS Band 6 Karte 15–17, 174; SDS Band III Karte 1, 2, 55; VALZ Band 3 Karte 70a, 70b).

Konjunktiv[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Dr Konjunktiv isch, bsunders im Oschte un Süde vu dr Alemannia, stärker im Brüch wiä im Standardditsche.

  • D wichtigschte Forme vum Konjunktiv I heiße er dej (diäj, tüeji) un er diäg (deg, tüeg, tüegi) (beidi Type = er tue), er sej (sejg, sig, sigi) (= er sei), er heb (hej, hejg, hejgi) (= er habe)
  • Konjunktiv II: S git e baar Forme, wu üsem Präteritum abgleitet sin, wu suscht im Alemannische nimmi im Brüch isch: er wär (= er wäre), er dät (det, däb) (= er täte; er würde), er gäb (= er gäbe), er giäng (= er ginge), er fund (oder us der Schriftsproch er fänd; = er fände), er wurd (= er würde), er zug (= er zöge), er wott (= er wollte, in dr Schwiz aber = er will), er sott (= er sollte) un anderi. Analogischi Forme sin zum Bispil er miech (= er machte), er gub (= er gäbe).

Imperativ[ändere | Quälltäxt bearbeite]

E baar Verbe hän e bsunderi Befählsform: gang! (= geh!), stand! (= steh!), bis! bi!, bisch!, sej! (sig!) (= sei!), sin!, (sind!, siget!) (= seid!), diän! (tüet, düent!) (= tut!), lo (la) (= lass!), len (löt, lön, lönt) (= lasst!)

Partizip[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Partizip Präsenz un Partizip Perfekt lueg Artikel Partizip.

Subschtantiv[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Kasus[ändere | Quälltäxt bearbeite]

  • S Alemannisch het Nominativ, Dativ un Akkusativ, diä drei Fäll sin normalerwiis nit an ere Ändung z unterscheide, sondern a den Artikle (dr Genitiv wird ersetzt dur d Präpositionalkonstruktion vom, vo dr, vo de oder von).
  • I verschìdnige Gebiet wìrd der Dativ dǜr ne Partikel a oder i iigleitet, so ìm nördleche Bärnbiet, im Aargouische, im Luzärnbiet, im Schaffuusische und anderschwoo: Ds Saxofoon ghört a/i der Lisa. Historisch isch d Form am/im Hans us dem entstande (Variante dim, dam), speter den aber as Präposition ufgfasst wore (drum au a/i der Lisa).[1]
  • Dr Genitiv isch numme no in wennige Fäll erhalte (lueg im Artikel Genitiv).
    Suscht wird dr Genitiv vu Sache mit vu + Dativ ersetzt: Dr Hänkel vu dr Schnapsguttere ..., dr Genitiv vu Persone wird mit im ... si oder in dr ... ihre umschriibe (im Ruedi si Brueder; (in) dr Helen ihre Schwöschter) (lueg im Artikel Genitiv)

Pluralbildung[ändere | Quälltäxt bearbeite]

  • D Pluralbildung isch meglig dur Umlut: Müüs (Muus)/Miis (Müüs), Fueß/Fiäß (Füeß), Gascht/Gescht, Schopf/Schepf (Schöpf), Namme (Name)/Nämme (Näme), Fahne/Fähne, Gratte (Chratte)/Grätte (Chrätte) (e Art Korb), Noscht/Nescht (Ascht/Escht), Hund/Hind (Hünd) usw.
  • dur Umlut un Ändung -er: Huus (Hous, Hüüs)/Hiiser (Hejser/Hüüser/Hüser), Dach/Dächer (Decher), Blatt (Blett)/Bletter usw.
  • dur d Ändung -er: Näscht/Näschter, Liächt/Liächter, Fäscht (Fescht)/Fäschter (näbe Fescht), Stuck/Stucker
  • dur d Ändung -e: Has (Haas)/ Hase, Schnäck (Schnägg)/ Schnäcke (Schnägge), Keib (Cheib)/Keibe (Cheibe), Fraü (Frou)/Fraüe (Froue), regional aü Öpfel (Epfel)/Öpfle (näbe Epfel, Öpfel), Wääg (Wäg)/Wäge (näbe Wäg)
  • dur d Ändung -e + Umlut: Mueter/Miätere (Müetere, näbe Müeter), Vatter/Vättere (näbe Vätter), Dochter (Tochter)/ Dechtere (Töchtere näbe Töchter)
  • Substantiv, wu uf -i ände, hän d Pluraländung -ene (-ine): Mili (Müli)/Milene (Müline), Daifi (Töiffi, Dieffi)/Daifene (Töiffine, Dieffine), Decki (Techi)/Deckene (Techine), Kuchi (Chuchi)/Kuchene (Chuchine). Modärn grift die Ändig in dr Schwiz hitt aü uf di andere wibliche Werter ibere.
  • Singular un Plural glich: Dire (Türe), Lupfede (= das Hochzuhebende), Leitere, Brot (Broot)
  • in dr modärne Mundart au dǜr d Ändig -s: Outo/Outos, Büro/Büros, BMW/BMWs – di klassischi Mundart kennt die Ändig aber nìd u me seit ooni Ùnderschììd: Aüdo (Auto), Büro, BMW

Genus[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Ds Genus (s grammatisch Gschlächt) isch im Alemannische in dr meischte Fäll glich wiä im Hochditsche. S git aber aü wit verbreiteti Üsnahme: Dr Schnäck, dr Zäck, dr Bank un anderi; do, wu s Wort dr Anke üsgstorbe isch, heißts jetze dr Butter.

In andere Fäll isch d Abweichig vum sällem Genus, wu mer üs em hochditsche gwehnt isch, e lokali oder regionali Erschiinig.

In viil alemannische Dialäktspiilarte, bsunders viil mol im Weschtalemannische, wäre Maidli un Fraüe mit sächligem grammatischem Gschlächt (Neutrum) bezeichnet, so dass es derte s (ds) Anneli, s (ds) Olga usw. heißt.

Artikel[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Der bestìmmt Artikel femininum u plural het zwo verschìdnigi Forme, dernah öb er vor emnen Attribut steit oder nid:

  • Vor emnen Attribut: di gschidi Lisa, di gschide Leerer, di Gschidi, di Gschide
  • Vor anderne Wörter: d Lisa, d Leerer

Dr Artikel bi Personenämme[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Fascht iberal im Alemannische stehn d Personenämme mit Artikel, also: Dr Goethe het dr Hebel arg gschetzt. D Vreni (s/ds Vreni, s/ds Vrenili) het d Mia Aegerter (s/ds Mia Aegerter) am liäbschte. Dr Vatter het (in/i/a) dr/de Mueter gruefe.

Üsnahme: 1. Witume im Bärnbiät un im Friiburgische stoht dr Artikel äntwäder nit oder beides isch meglig. Do heißts also Chrischte häts gsejt oder Räbersch Fritz oder Muetersch Brueder, was zum Biispiil im Oberrhiinalemannische dr Chrischtian hets gsait, s Räbers Fritz un s Mueters Brueder heißt. 2. Im Nordoschte vum Bündnerland, nämlig im Prättege, im Schelfigg un uf Tavaa, stoht dr Personenamme ebefalls ohni Artikel. 3. Au i Teil vum binochbarte Land Vorarlberg, nämlig im Brägezerwald un zum Teil im Rhintel, fäält dr Artikel.[2]

Satzbildung[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Lueg bi Alemannischer Satzbau un Relativsatz

Lütstand (Luutstand)[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Lueg bi Monophthong, Diphthong, Entrundig, Palatalisiärig

Änd-n: I de meischte alemannische Dialäktspiilarte (usgnoo nes paar höchschtalemannischi Dialäkt) sin d Änd-n, wus im Altalemannische no gä het, abgfalle. Einzelheite lueg im Kapitel Änd-n-Abfall. Das Phänomeen ìsch ìr Spraachwǜsseschaft bekannt als alemannischi n-Apokope. Bispìl: Mììr trìnke0 grad e0 guete0 Süessmoscht.

Vìli Gebiet kennen aber es Bìndigs-n vor vokaalischem Aalut: Mììr trìnke-n-e-n-usgezeichnete-n-Orangesaft. Das Bìndigs-n cha's i Wörter gä, wo ìm Hoochdütsche gaar kes n hei: Ì liebe-n-Öpfle.

Lueg au[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Literatür[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Weblink[ändere | Quälltäxt bearbeite]

Fuessnote[ändere | Quälltäxt bearbeite]

  1. Guido Seiler: Präpositionale Dativmarkierung im Oberdeutschen. Steiner, Stuttgart 2003 (= Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Beiheft 124). [Diss. Universität Züri 2001.]
  2. Lueg aü Schwizerischs Idiotikon XIII 1154 ff. (Artikel dër II, Bed. A3b), Schwizerische Sprochatlas III 141 und Vorarlbärgischs Werterbuech I 555.